Ennepetal/Schwelm. Holger Dahl und Marc Windgassen berichten über Spitzensport aus aller Welt. Ihre Karriere begann einst mit der Berichterstattung im lokalen Sport
Es ist das Jahr 1991 als sich der Lokalradio-Sender „Radio Ennepe-Ruhr“ gründet. Chef des Sports wurde Achim Münch, der damals als A-Jugend-Trainer des TuS Ennepetal agierte. Er schaute durch die Reihen seiner Spieler, um junge Leute für seine Redaktion zu gewinnen. Seine Wahl fiel dabei auf Holger Dahl, den viele heute aus der Bundesliga-Konferenz des WDR kennen. Nahezu jedes Wochenende stand, während Dahl für den TuS spielte, einer am Spielfeldrand des Bremenstadions. Marc Windgassen versorgte damals diese Zeitung mit den Spielberichten der lokalen Amateurligen. Auch er wurde Teil des Teams von Radio EN. Heute arbeitet er beim ZDF und steht bei Fußball, Leichtathletik und den olympischen Spielen vor und hinter den Kameras. Dahl und Windgassen haben es geschafft, bekannte Sportjournalisten zu werden. Wir haben mit ihnen über ihren Werdegang gesprochen, was sie an ihrem Beruf lieben und was sie manchmal vielleicht nervt.
Dass Marc Windgassen immer schon über mehr als nur Lokalsport berichten wollte, war ihm früh klar. 1997 setzte er mit einer kuriosen Reise den Startschuss für seine spätere Karriere. In diesem Jahr nahm der ehemalige Schwelmer Radfahrer Torsten Schmidt an der Tour de France teil. Windgassen konnte es nicht fassen als er erfuhr, dass die Westfälische Rundschau nicht plante über ihn zu berichten. Also fuhr er zusammen mit Fotograf Daniel Ulber einfach mit dem Auto nach Paris, in dem sie auch übernachteten. Im Disneyland trafen sie sich mit Schmidt und Windgassen brachte eine große Reportage mit nach Hause. „Das ist eine komplett irre Geschichte“, sagt er selbst.
Für den Job um die ganze Welt
Bevor er 1999 so richtig beim Fernsehen durchstartete, arbeitete er bereits beim WDR und Ran, absolvierte sein Studium, machte dann seinen Weg beim ZDF. Heute hat er durch seinen Beruf 54 Länder auf allen Kontinenten besucht und war bei zahlreichen sportlichen Großveranstaltungen als Reporter im Einsatz. Ebenso, nur ohne die visuelle Kompetente, hat dies auch Holger Dahl geschafft.
Er entschied sich für den Weg des Radios. Nach seinem Studium und diversen Praktika ist er schließlich beim WDR-Hörfunk hängengeblieben. Seit 20 Jahren arbeitet er nun beim Sender. Die Karriereentwicklung eines Sportjournalisten bringt er gut auf den Punkt: „Es ist eine Mischung aus Kompetenz, Glück und Förderung.“
Dahl wollte schon immer einmal „Tor“ schreien
Dahl kam beim WDR damals in einen Umbruch. Das Sagen hatte damals Radiolegende Dietmar Schott, nach einem Jahr wechselte die Leitung des Sports jedoch zu Sabine Töpperwien, die die Redaktion neu und jung aufbaute. Auch Dahl hatte früh ein konkretes Ziel: „Ich wollte gerne einmal „Tor!“ in dieser berühmten Bundesliga-Konferenz samstags nachmittags bei WDR 2 rufen“, sagt er amüsiert. Töpperwien förderte ihn und sein Traum wurde zur Realität.
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Dahl und Windgassen haben erlebt, wovon viele Sportjournalisten träumen. Beide waren sie bei zahlreichen Fußball-Welt- und Europameisterschaften und Olympischen Spielen. Da fällt es schwer, eine Veranstaltung als Highlight hervorzuheben. Holger Dahl erinnert sich gerne an die olympischen Spiele 2012 in London. Dort hielt es ihn, wenn er mal nicht kommentierte, fast 24 Stunden wach, um Sport zu gucken. Auch die WM 2014 in Südafrika war für ihn besonders. „Das sind tolle berufliche Erfahrungen, die den Beruf auch ziemlich einmalig machen und wo ich von meinem sportaffinen Freundeskreis schon ein bisschen Neid ernte“, so Dahl.
Prüfungen während Olympia
Marc Windgassens erste Olympischen Spiele fanden 2002 in Sydney statt, als er noch studierte. Er nahm seine ganzen Unterlagen mit und musste von Australien sogar an einer mündlichen Prüfung teilnehmen. 2016 in Rio kam er in drei Wochen Arbeitszeit auf ungefähr 300 Stunden Arbeit. Man liege eben nicht die Hälfte der Zeit nur am Strand. Trotzdem sei es bei all der Vorbereitung und dem Leistungsdruck wichtig, sich genügend Auszeiten zu nehmen.
Was macht den beiden nun so viel Spaß an ihrem Beruf? „Die Begeisterung der Menschen am Sport durch das Radio vermitteln und das in allen Sportarten“, erklärt Dahl. Die Mischung aus der Live-Berichterstattung im Stadion und der redaktionellen Arbeit lasse sein Hobby und seinen Beruf vereinen. Da heutzutage auch viel in den Mediatheken stattfindet, ist er lange nicht mehr auf auditive Arbeit beschränkt. „Ich habe mal als Radiospezialist angefangen und heute bin ich sowas wie ein Medien-Allrounder“, sagt Dahl. Bei Sportarten, die weniger Aufmerksamkeit als der Fußball erlangen, reize ihn, dass man näher an die Sportler herankommt. Auch Windgassen hat über die Jahre eine Leidenschaft für alle möglichen Sportarten entwickelt. „Aus jeder Sportart kannst du etwas lernen, wenn du dich damit beschäftigst und sehr in die Tiefe gehst. Das ist hochinteressant“, wie er beschreibt. Der einzige Unterschied zwischen dem Lokal- und überregionalem Sport sei die Größe des Events, jeder Sportler habe seine eigene faszinierende Geschichte.
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Auf der negativen Seite des Berufs stehen für Dahl die Arbeitszeiten. Sportjournalismus spielt sich viel in Randzeiten ab, fordert viel Arbeit am Wochenende und sei familiär oft nicht so leicht zu handhaben. Dahl, der selbst verheiratet ist und zwei Töchter hat, wird noch in diesem Monat zur Fußball-WM nach Katar reisen. Seit 2014 war er bei allen Länderturnieren. „Für sportinteressierte ist das hochinteressant, aber wenn man auf der Suche nach mehr Rhythmus im Alltagsleben ist, gibt es attraktivere Berufe“, meint Dahl.
Unangemessenes Feedback
Dem stimmt auch Windgassen zu. Man müsse sehr flexibel sein, eine hohe Arbeitsmoral haben und positiv verrückt sein, was den Sport angeht. Die Kundschaft, das Angebot und natürlich auch das Feedback werden in Zeiten der Digitalisierung und der sozialen Netzwerke immer größer. Jeder habe die Möglichkeit, seine Meinung abzugeben, was manchmal zu einem Problem werden könne. „Das nimmt dann einen Verlauf, der manchmal nicht in Ordnung ist“, so Windgassen. Ihn stört, dass manche Rezipienten bei Sportkommentatoren zum Beispiel nicht zwischen fehlendem Wissen oder einfach der nicht gefallenden Stimme differenzieren.
Sicher ist jedoch, dass bei beiden die positiven Facetten des Berufes überwiegen. Weder der eine noch der andere bereut, sein Leben dem Sportjournalismus gewidmet zu haben.