Ennepe-Süd. Trotz viel Talent müssen sich vier junge Sportlerinnen und Sportler aus dem EN-Kreis entscheiden: Karriere im Leistungssport oder im Beruf?
Am Scheideweg: Viele junge talentierte Sportler müssen sich früher oder später entscheiden, ob sie den Traum vom Leistungssport in Richtung Profitum wagen wollen oder ob ihnen der Spagat wegen mangelnder finanzieller und beruflicher Perspektiven zu unsicher erscheint.
Gerade in den Olympischen Kernsportarten wie dem Schwimmen und der Leichtathletik, wachsen potenzielle Sponsoren und mögliche Arbeitgeber nicht auf Bäumen. Da sind Ideenreichtum, Kreativität, aber auch mögliche Alternativen bei den Athleten gefragt. Denn der Aufwand, den die jungen Menschen betreiben müssen, um die nationale Spitze zu erreichen und in einem weiteren Schritt auch an die internationale Tür klopfen zu können, ist ein sehr großer.
Wer aber glaubt, dass es den finanzkräftigen Vereinen erlaubt, durchaus für seine besseren Athleten, einmal tiefer in die Portokasse zu greifen, muss sich eines Besseren belehren lassen. Selbst Großvereine sind nicht auf Rosen gebettet und müssen daher streng haushalten. So bekommen Leistungssportler, wenn überhaupt, nur stark leistungsbezogene Kontrakte, die einer schmalen Aufwandsentschädigung entspricht. Da dürfen sich Deutsche Meister über maximale 200 Euro pro Monat auf dem Konto freuen.
Rechnet sich der ganze Aufwand?
Geld, welches noch nicht einmal für ein Paar Laufschuhe reicht. Reich werden ist also weder in der Leichtathletik noch beim Schwimmen möglich. Rechnet sich da der Aufwand mit vielen Entbehrungen und einem ausgeklügelten Zeitmanagement überhaupt oder ist das Ganze ein Fass ohne Boden? Geld mitbringen muss man wohl, das steht fest. Meistens sind es die Eltern, die die Karriere und die sportliche Entwicklung finanziell begleiten und unterstützen.
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Nicht anders ist es beim Schwelmer Schwimm-Ass Felix Stutzenberger (SG Bayer Wuppertal). Der Pennäler des Märkischen Gymnasiums in der Kreisstadt trainiert oft genug noch vor der Schule. Das heißt es früh aus den Federn und anschließend im Wasser Kilometer fressen, anstatt sich noch einmal im Bett schlaftrunken umzudrehen. Zum Glück unterstützt die Schule die sportlichen Ambitionen des Brustschwimmspezialisten und fördert das Talent nach Möglichkeiten.
Natürlich muss Stutzenberger Versäumtes nacharbeiten und Klausuren termingenau abliefern. Da gilt gleiches Recht für alle, und das ohne Ausnahme. Perspektivisch möchte sich Felix Stutzenberger nach dem Abitur gern für eine Anstellung bei der Polizei empfehlen. Dort verspricht er sich von einem komplexen Fördersystem langfristig ein Mehr an Möglichkeiten.
Eine Entscheidung gegen den Leistungssport
Diese Option hat Sprinterin Sophie Bleibtreu schon gezogen. Die Haßlinghausenerin im Trikot des TV Wattenscheid 01 hat sich für ein Duales Studium bei der Polizei NRW entschieden. Die Kommissaranwärterin kann so Leistungssport und Beruf miteinander kombinieren. „Eine Entscheidung, die ich bisher nicht bereut habe. Manchmal ist es zwar stressig, aber sollte es einmal mit dem Leistungssport nicht mehr funktionieren, dann habe ich immer noch eine berufliche Absicherung“, so die 20-Jährige.
Einen ähnlichen Weg, wenn auch nicht den gleichen hat David Valentin bestritten. Der frühere Deutsche Jugend- und Juniorenmeister über 10.000 Meter hatte zunächst ein Studium für Lehramt an der Ruhruniversität in Bochum begonnen, um dann zur Bundeswehr zu wechseln. Dort steht allerdings nicht immer der Sport im Mittelpunkt, sondern der Beruf.
Das Risiko ist einfach zu hoch
Mittlerweile studiert der 25-Jährige an der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr in Hamburg und ist seit dem Sommer Offizier beim Heer. Trotz aller beruflichen Anforderungen versucht der Wahl-Hanseat aus Sprockhövel sein Trainingsprogramm in den Dienst zu integrieren und das gelingt mal mehr, manchmal auch weniger. Der Fokus ganz klar in Richtung beruflicher Absicherung. Selbst seine langjährige Bundeskaderzugehörigkeit in früheren Jahren konnte seine Entscheidung da nicht beeinflussen. „Die Risiken einer Verletzung und mangelnde sportliche Perspektive waren letztendlich richtungsweisend“, so der Elfte der DM von 2022 über 10.000 Meter in Pliezhausen bei den Männern.
Marie-Sophie Macke, die zum Jahresende vom TV Angermund zur LG Olympia Dortmund wechselt, geht da einen anderen Weg. Der 18-jährigen Diskuswurfspezialistin wird eine mögliche sportliche Karriere attestiert. Zuletzt verpasste die Haßlinghausenerin die U20 WM in Südamerika nur um einen Wimpernschlag und mit dem Wechsel nach Westfalen verspricht sich die junge Frau einen weiteren Leistungsschub.
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Macke setzt fortan mehr denn je auf die Karte Leistungssport. Der Verein unterstützt sie nach Möglichkeiten, zusätzlich hat die Werferin einen Sponsorenpool, in den nicht nur die eigenen Eltern einzahlen, aufgetan „Ich fühle mich gut aufgestellt und gehe optimistisch in die Zukunft“, so die Sprockhövelerin.
Sportliches Talent, so scheint es, ist nicht alles. Die genannten Beispiele beweisen, wie schwer es ist, aus einer Berufung auch einen Beruf zu machen. Immer wieder gilt es, Abstriche zu machen und Kompromisse zu schließen. Mit sportlicher Leistung Geld zu verdienen, ist nicht immer einfach und für viele junge Sportlerinnen und Sportler oft genug unmöglich. Deshalb ist man gezwungen nach Alternativen zu suchen, um aller Widerstände zum Trotz seinen Sport erfolgreich ausüben zu können.