Izmir/Gevelsberg. Es sollte eine Auszeit sein, doch was Wolfgang Hamann vom FSV Gevelsberg auf dem Weg in den Urlaub erlebt, ist ein einziger Alptraum.

Es waren bange Stunden, in denen viele Menschen der heimischen Fußballszene in Gedanken bei Wolfgang Hamann waren. Der Fußballtrainer, zuletzt als Interimslösung beim Fußball-Bezirksligisten FSV Gevelsberg, war am 23. Mai auf dem Weg in den Urlaub verunglückt und musste kurzzeitig ins künstliche Koma versetzt werden. Bei einem Busunglück in der türkischen Stadt Izmir wurde Hamann so schwer verletzt, dass zwischenzeitlich nicht klar war, wie und ob der 62-Jährige die Wundversorgung überstehen wird. Vier Wochen nach dem Unglück ist Hamann auf dem Weg der Besserung, hängt aber weiter in der Türkei fest.

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Eigentlich sollte es eine Auszeit sein. Eigentlich sollte dieser Urlaub in der Küstenstadt Özdere bereits vor zwei Jahren stattfinden. „Irgendwie stand diese Reise unter keinem guten Stern“, sagt Wolfgang Hamann. Bereits beim Abflug am Flughafen Köln-Bonn hatte sich das angedeutet. Weil das Kofferband kaputt war, verspätete sich der Start in einige Tage der Erholung um drei Stunden. In Izmir gelandet dann der nächste Grund für Ärger – die Koffer hatten nicht den Weg in die Türkei gefunden.

Ein wahr gewordener Alptraum

Ohne das eigene Gepäck machte sich Hamann gemeinsam mit seiner Frau auf den rund 50 Kilometer langen Weg zu seinem Hotel. Bis die Fahrt bereits nach einer Viertelstunde fast in einer Tragödie geendet wäre. „Das war ein Alptraum, mit so etwas rechnet man natürlich nicht“, sagt Hamann Wochen nach dem Unglück. Per Reisebus ging es aus der türkischen Großstadt heraus in Richtung Ägäis. Bis ein weiterer Bus aus dem Gegenverkehr in den Bus der Hamanns rauschte. Wolfgang Hamann hatte einen Fensterplatz unmittelbar hinter dem Fahrer ergattert, genau dort schlug der Bus ein.

So sah der Bus, in dem Wolfgang Hamann saß, nach dem Unfall aus..
So sah der Bus, in dem Wolfgang Hamann saß, nach dem Unfall aus.. © Privat

Was folgte, schildert Hamann so nüchtern, wie er eben meistens ist. „Der Außenspiegel des anderen Busses traf mich und ich bekam einige Splitter in die Augen und in den Thorax.“ Hamann aber schaut im ersten Moment nicht auf sich, sondern sofort nach seiner Frau, die auf der anderen Seite des Busses ebenfalls am Fenster Platz gefunden hatte. Diese hatte den Unfall schadlos überstanden, Hamann selbst hingegen war von Blut überströmt. Alle anderen Fahrgäste, unter anderem auch Kinder, die genau hinter ihm saßen, blieben ebenfalls verschont.

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Der wenige Minuten später eingetroffene Krankenwagen konnte Hamann nur dürftig versorgen, zu kompliziert sind seine Verletzungen. Erst die später eintreffenden Sanitäter haben die Ausstattung, um Hamann in ein Krankenhaus zu bringen, doch auch dort ist man nicht ausreichend für die Schädigungen an seinem Körper ausgestattet. Hamann wird in eine andere Klinik gebracht und dort zur Wundversorgung ins künstliche Koma versetzt. Für seine Frau, die dem Krankenwagen hinterherfährt, beginnen bange Minuten. „Ihr wurde mitgeteilt, dass es kritisch wird“, schildert Hamann.

Hamann wird künstlich am Leben gehalten

Mehrere Stunden wird der Gevelsberger künstlich am Leben gehalten, während Scherben und Splitter aus seinem Körper entfernt werden. Der operative Eingriff gelingt, Hamann wird wieder ins Leben zurückgeholt. Eine Woche verbringt er anschließend in der Medicana-Klinik in Izmir, als es sein Zustand zulässt, bezieht Hamann das im Vorfeld gebuchte Hotel. „Wir haben sogar ein Upgrade bekommen“, sagt er. Nur nutzen kann er das großzügige Angebot nicht so, wie er gerne wollte. Aufstehen ist anfangs kaum möglich, noch heute schmerzt es ihm bei Bewegungen. Auch die Sehkraft auf seinem linken Auge ist noch stark beeinträchtigt.

Die Rehasportgruppe der Hamanns schickt ein Zeichen in die Türkei.
Die Rehasportgruppe der Hamanns schickt ein Zeichen in die Türkei. © Privat

An einen Rücktransport nach Deutschland ist derweil nicht zu denken. Die Schädigungen in der Lunge halten dem Druck eines Fluges nicht stand, zu groß ist die Sorge, dass die Lunge während des knapp vierstündigen Fluges kollabieren könnte. Alle zwei Tage muss Hamann seitdem zur Wundversorgung. Seine Frau und er hängen in der Türkei fest, bis seine Gesundheit einen Transport in die Heimat durchführbar macht. Die Kosten für Hotel, Verpflegung und ausreichend Kleidung sowie den Rückflug müssen die Hamanns selbst tragen, ein mittlerer vierstelliger Betrag ist dadurch inzwischen aufgelaufen.

Anteilnahme rührt zu Tränen

Was bei all den schlechten Nachrichten zumindest der Seele gut tut, ist die Anteilnahme aus Deutschland. So übergab der FC Hellas/Makedonikos der Mannschaft vom FSV Gevelsberg ein unterschriebenes Trikot für Hamann, der BSC Ennepetal schickte genauso wie die Reha-Sportgruppe ein Foto, viele Menschen meldeten sich privat bei dem Fußballtrainer und seiner Frau. „Das hilft ungemein und rührt uns immer wieder, manchmal sogar zu Tränen“, gibt Wolfgang Hamann Einblick in seine Gefühlswelt.

Die Sehnsucht nach der Heimat ist groß, auch wenn dort eine Menge Gespräche mit Versicherungen und Anwälten anstehen. Hamann will sich persönlich bei den vielen Menschen bedanken, die ihm in der schwersten Stunde seines Lebens beistanden. Und wer Wolfgang Hamann kennt, der weiß, dass der Fußballverrückte auch so schnell wie möglich wieder an den Platz möchte – dann aber etwas ruhiger und nur noch als Sportlicher Leiter beim FSV Gevelsberg und nicht mehr als Trainer an der Seitenlinie.