Ennepetal. Andreas Sander gehört zur Weltspitze des Skisports. Wir haben uns mit dem Vize-Weltmeister aus Ennepetal dort getroffen, wo alles angefangen hat.
Immer wieder muss Andreas Sander ein wenig schmunzeln, während er über die berüchtigte „Teufelswiese“ in Ennepetal-Homberge läuft. Er deutet dabei auf markante Punkte auf dem Hang, der für ihn einst seine Heimatpiste war. Zwar hat sich in den vergangenen 17 Jahren, in denen der Skirennläufer und amtierende Vize-Weltmeister in der Abfahrt hier gefahren ist, einiges verändert – so manches aber ist noch übrig von der Strecke, auf der der heute 32-Jährige vor Jahrzehnten zuhause war. Wir haben Andreas Sander während seines Besuchs in seiner Heimatstadt getroffen und in Erinnerungen geschwelgt.
So richtig zu erkennen ist hier nicht, wo früher mal eine Strecke für alpinen Rennsport gewesen sein soll – und bei entsprechenden Bedingungen und ausreichend Schnee auch noch aktuell ist. Andreas Sander deutet auf einen kleinen Hügel, der vom Vereinsheim der Skigemeinschaft Ennepetal aus zu sehen ist. „Das ist der Starthügel, damit man wenigstens ein bisschen Schwung bekommt“, sagt er. Der Hügel ist angesichts der Wiese, die genau vor ihm liegt, auch notwendig – es geht flach zu.
Der Weltklasse-Athlet erinnert sich nur noch vage an die Tage, an denen er selbst noch hier unterwegs war. „Die ersten Fotos von mir auf Skiern sind in den Alpen entstanden“, sagt er. Oft ging es in den Süden, die Begeisterung für den alpinen Skisport ist auch in Ennepetal groß. Dass daraus mal einer der besten Fahrer der Welt entwächst, ist damals nicht abzusehen.
Strecke inzwischen überwuchert
Da der Weg in die Alpen aber nicht immer möglich ist, schickt sich die SG Ennepetal an, direkt vor der eigenen Haustür Möglichkeiten zu schaffen. „Damals sind sie hier noch bis in das Hülsenbecker Tal gefahren“, weiß Sander, während er einen Blick in das Tal wirft. Dort sind inzwischen Büsche und Bäume gewachsen, die nicht darauf hindeuten, dass hier in den vergangenen Jahren Menschen auf Brettern hinunter gefahren sind. Einzig die Flutlichtmasten zeugen noch davon, dass hier sogar noch in den Abendstunden gefahren wurde. „Früher“, so sagt Sander, „dachte ich immer, dass das steil ist. Inzwischen weiß ich, was steil bedeutet.“
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Bevor es in den bewucherten Hang geht, steht auf der linken Seite ein kleiner Unterstand. Ein Stromkabel ist noch verlegt, der Stecker hängt an der Wand. Unter dem Tresen, wo früher Heißgetränke ausgegeben wurden, sind noch die Spuren einer kleinen Fete zu sehen. Schnaps- und Bierflaschen liegen dort, ordentlich zusammengestellt, wo sich früher eine kleine Auszeit nach den ersten Metern gegönnt wurde. Hier standen auch die Erwachsenen, als der junge Andreas Sander bei Vereins- und Stadtmeisterschaften regelmäßig Titel abräumte. „Hier war der Zielbereich für die Juniorenrennen“, schildert der Wahl-Bayer.
Seit 17 Jahren lebt er nun im deutschen Süden, der Sport zog ihn damals aus der Heimat ins Ski-Internat. Egal ist ihm das, was in seiner Heimat passiert, aber nicht. Sander weiß, was rund um die SG Ennepetal los ist, kennt die Schneeverhältnisse in Winterberg im Hochsauerland und ist auch über die Arbeit im Westdeutschen Skiverband bestens informiert. Die Verbundenheit in die Heimat ist ihm wichtig, er hat nicht vergessen, wo er hergekommen ist. „Für die Menschen in Bayern komme ich aus dem Ruhrgebiet“, sagt er und lacht. So ganz genau antworten kann er darauf dann nicht, schließlich liegt Ennepetal je nach Betrachtungswinkel mal im Sauerland, mal im Ruhrgebiet, mal im Bergischen Land. In den TV-Übertragungen der Weltcup-Rennen ist er meistens einfach „der Westfale“.
Ungewöhnlich und unglaublich
Vermutlich ist es auch ein Stück weit die westfälische Bodenständigkeit, die ihn dort hingebracht hat, wo er heute ist. „Mit der Vize-Weltmeisterschaft habe ich mir einen Traum erfüllt“, sagt er. Dass es im vergangenen Winter nicht so gelaufen ist, wie sich das Sander erhofft hatte, bringt ihn gar nicht mehr groß aus der Ruhe. Zwar fehlt ihm immer noch der gewünschte Podestplatz bei einem Weltcup-Rennen, doch auch wenn er seine Karriere eines Tages mal beenden sollte, ohne unter den ersten Dreien zu landen, kann er auf eine beeindruckende Karriere zurückschauen. Und das nicht nur, weil er Vize-Weltmeister wurde. Andreas Sander hat etwas geschafft, das so ungewöhnlich wie unglaublich ist. Ohne ein richtiges Skigebiet vor der Tür hat sich der Ennepetaler in die Weltspitze des alpinen Skisports vorgearbeitet.
Nachdem der Termin an der „Teufelswiese“ endete, vergingen noch einige Stunden, bevor es wieder nach Bayern ging. Dazwischen leitet er noch die Kinderturngruppe der SGE. Ein Vize-Weltmeister als Übungsleiter – bodenständig wie dieser Andreas Sander eben ist.