Gevelsberg. Der Gevelsberger Lukas Klostermann verpasste die jüngsten Länderspiele. Im WM-Jahr muss er um seinen Platz kämpfen. Wer ihn verdrängen könnte.
Niederlande gegen Deutschland – ein echter Länderspielklassiker, bei dem jeder Fußballprofi gerne auf dem Platz steht. Lukas Klostermann konnte dieses Spiel am Dienstagabend nur vor dem Fernseher verfolgen. Der Gevelsberger in Diensten des Bundesligisten RB Leipzig verpasste aufgrund von Adduktorenproblemen die Gelegenheit, Eigenwerbung bei Bundestrainer Hansi Flick zu betreiben.
Dabei wäre genau das so wichtig, schließlich steht Ende des Jahres eine Weltmeisterschaft auf dem Programm. Und was große Turniere angeht, hat Klostermann noch Nachholbedarf. Im letzten Jahr stand er erstmals bei einer Europameisterschaft im Kader der A-Nationalmannschaft. Doch zum Einsatz kam er nicht. Nachdem er im Auftaktspiel auf der Bank gesessen hat, fiel er wegen eines Muskelfaserrisses aus, Deutschland schied im Achtelfinale gegen England aus. „Das tat sehr weh“, sagte Klostermann im Nachhinein und meinte damit sowohl das Ausscheiden als auch seinen persönlichen Rückschlag.
Bei der WM in diesem Jahr bietet sich dem 25-Jährigen die große Gelegenheit, erstmals als Stammspieler um einen Titel mit dem DFB-Team zu kämpfen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, denn die Konkurrenz auf der Rechtsverteidiger-Position, wo sich Klostermann am wohlsten fühlt, ist nicht gerade gering.
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Objektiv gibt es einige Argumente, die für den ehemaligen Jugendspieler des FSV Gevelsberg sprechen: Er ist Stammkraft bei einer der stärksten Mannschaften der Bundesliga, spielt regelmäßig in der Champions League und hat gute Aussichten, in diesem Jahr erstmals einen Titel mit Leipzig zu gewinnen. Im DFB-Pokal steht er im Halbfinale und die stärksten Konkurrenten Bayern München und Borussia Dortmund sind schon ausgeschieden. In der Europa League haben Klostermann und Co. bereits das Viertelfinale erreicht.
Allerdings kam Klostermann bisher nur in drei der neun Länderspiele unter Flicks Leitung zum Einsatz, viermal fehlte er verletzt. In seiner Abwesenheit konnten andere Spieler auf sich aufmerksam machen, die zum Teil andere Qualitäten haben als der solide verteidigende Gevelsberger. Wir nennen die vier Kandidaten, die, neben Klostermann, die größten Aussichten auf die Rechtsverteidigerposition haben und ihn potenziell aus dem WM-Kader verdrängen könnten.
Thilo Kehrer
Der ehemalige Schalker stand bisher in allen neun Spielen der DFB-Elf unter Flick von Beginn an auf dem Feld. Kehrer kommt zugute, dass er in der Viererkette alle Positionen spielen kann (was grundsätzlich auch auf Klostermann zutrifft). Flick setzte Kehrer zuvor schon links und im Zentrum ein, in den beiden jüngst ausgetragenen Länderspielen gegen Israel und die Niederlande spielte er jeweils hinten rechts. Was gegen ihn spricht: Der 25-Jährige ist bei seinem Verein Paris St. Germain kein Stammspieler, in der Ligue 1 stand er nur in 14 von 29 Spielen in der Startelf. Allerdings verteidigt er im Training täglich gegen die Weltstars Lionel Messi, Neymar und Kylian Mbappé. Flick schätzt ihn allerdings vor allem aufgrund seiner Flexibilität. „Er hat mit seiner Art und Weise wie er auftritt sehr viele Pluspunkte gesammelt“, erklärte der Bundestrainer.
Verdrängungspotenzial: 70 Prozent
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Benjamin Henrichs
Der Mannschaftskollege Klostermanns bei RB Leipzig wurde von Flick zuletzt erstmals nominiert und kam gegen die Niederlande zu seinem ersten Einsatz im DFB-Trikot seit 2020. Ähnlich wie Kehrer ist der 25-Jährige ein sehr flexibler Spieler. Im Verein kommen er und Klostermann sich selten in die Quere, weil Leipzigs Trainer Domenico Tedesco üblicherweise auf eine Dreierkette setzt. Während der Gevelsberger meist Teil dieser Defensivreihe ist, spielt Henrichs eine Position weiter vorne auf der rechten Außenbahn, kann aber auch auf der linken Seite eingesetzt werden. Nachdem er zu Saisonbeginn nur Ersatzspieler gewesen war, erkämpfte er sich zuletzt immer mehr Spielzeit. Ob er ein Thema für die WM wird, hängt davon ab, ob er diese Entwicklung fortsetzen kann. Der Ex-Leverkusener wird sich aber strecken müssen.
Verdrängungspotenzial: 20 Prozent
Ridle Baku
Der 23-Jährige war in der Vorsaison eine der großen Überraschungen der Bundesliga. Nach seinem Wechsel vom 1. FSV Mainz 05 zum VfL Wolfsburg eroberte er bei den Niedersachsen direkt einen Stammplatz und überzeugte vor allem mit seinem großen Offensivdrang. Mit sechs Toren und sechs Torvorlagen hatte er großen Anteil daran, dass sich die Wölfe für die Champions League qualifizierten. In der aktuellen Saison stürzte er aber gemeinsam mit seinem Verein ab und steckt nun im Abstiegskampf. Auch unter Flick läuft es nicht. Im ersten Spiel unter dem neuen Bundestrainer stand er direkt in der Startelf, saß beim zweiten auf der Bank und wurde für das dritte nach Hause geschickt. Zuletzt wurde er nicht nominiert. Er muss sich steigern, wenn er es in den Kader schaffen will, das Talent dazu hat er aber.
Verdrängungspotenzial: 10 Prozent
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Jonas Hofmann
Dass der 29-Jährige, der bei Borussia Mönchengladbach unter Vertrag steht, zu einem Konkurrenten für Lukas Klostermann werden würde, hatte vor der Amtsübernahme von Flick sicher niemand erwartet. Denn in seinem Verein wird Hofmann ausschließlich in der Offensive eingesetzt. Meist kommt er dort im offensiven Mittelfeld zum Zug, gelegentlich auch auf Rechtsaußen. Doch schon im ersten Spiel unter dem neuen Bundestrainer wurde er als Rechtsverteidiger eingewechselt. Und dort sollte er den Großteil seiner Spielzeit unter Flick bekommen. Der Bundestrainer bezeichnete ihn als „sehr intelligenten, sehr ballsicheren Spieler“. Mit diesen Qualitäten und seinem natürlichen Offensivdrang ist er eine echte Option für hinten rechts. Zuletzt fehlte er wegen eines Muskelfaserrisses, im Normalfall wird er aber einen Kaderplatz sicher haben und damit die Chancen von Klostermann verringern.
Verdrängungspotenzial: 80 Prozent