Ennepetal. USA, Rumänien, Hamburg, Siegen und jetzt Ennepetal: Eli Pinner lebt für und vom Fußball, auch in der Oberliga. Seine Reise ist wie er selbst: außergewöhnlich.

Es ist etwas Besonderes, in Ennepetal Fußball spielen zu können. Das gilt nicht für jeden Fußballer. Für Eli Pinner aber gilt das. Der US-Amerikaner beackert seit dieser Saison die linke Außenbahn beim Oberligisten TuS Ennepetal. Mit 29 Jahren lebt Pinner seinen Traum vom europäischen Fußball – selbst wenn es wie bei den Sportfreunden Siegen oder nun eben in Ennepetal nur die fünfthöchste Spielklasse ist. Ein Wort, das ganz genau auf Pinner zutrifft, spricht er in nahezu perfektem Deutsch aus: „fußballverrückt“.

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Seine Art und Weise, seiner großen Leidenschaft nachzugehen, ist schon beeindruckend. Mit 1,72 Meter ist Eli Pinner nicht sonderlich groß, trotzdem weiß er gerade in körperlichen Zweikämpfen zu überzeugen. Ein wenig erinnert er damit an einen gewissen Berti Vogts. „Ich kenne ihn nicht, aber Terrier habe ich schon ein paar Mal gehört“, sagt der US-Amerikaner. Immer giftig, immer bereit, den Gegner besonders unter Druck zu setzen und zu stressen. Ein echter Wadenbeißer also.

TuS Ennepetal  -  SG Wattenscheid   Oberliga Westfalen 2024/25
Eli Pinner im Spiel gegen Wattenscheid. Trotz seiner geringen Körpergröße geht er keinem Zweikampf aus dem Weg. © Marinko Prša | Marinko Prša

Über einen Kontakt geht es in die Walachei

Nichtsdestotrotz ist es außergewöhnlich, wenn jemand aus den USA, wo Fußball „Soccer“ heißt und nur eine Randsportart ist, es als Traum bezeichnet, in der Oberliga Fußball zu spielen. Beim „fußballverrückten“ Eli Pinner ist das aber so. Nachdem er das College in seiner Heimat Atlanta abgeschlossen hatte, ging es für ihn in den USA nicht weiter. Atlanta United war damals gerade erst gegründet worden, Platz für einen Spieler, der am College in der höchsten Liga gespielt hat, ist dort aber trotzdem nicht. Über einen ehemaligen Trainer mit rumänischen Wurzeln kommt Pinner dann zu einem Probetraining in einem Land, das wohl nur die wenigsten US-Amerikaner kennen: Rumänien.

„Als ausländischer Spieler bist du nicht unbedingt willkommen, du nimmst ja einem anderen einen Platz weg.“

Eli Pinner, US-amerikanischer Fußballer beim TuS Ennepetal

Vointa Turnu Magarel. So heißt der Verein, bei dem Pinner in der Region Walachei unterkommt. Mehr Provinz als in der 20.000 Einwohner zählenden Stadt Turnu Magarele geht fast nicht. Dritte rumänische Liga. „Das ist nicht unbedingt das, was man sich vorstellt, wenn man an Fußball in Europa denkt“, erinnert sich Eli Pinner an seine erste Station jenseits des Atlantischen Ozeans. Hart sei das gewesen, Pinner musste die Sprache lernen und sich mit den Gegebenheiten vor Ort zurechtfinden. „Als ausländischer Spieler bist du nicht unbedingt willkommen, du nimmst ja einem anderen einen Platz weg“, gibt der US-Amerikaner Einblick.

Zudem ist, wie oft in osteuropäischen Ligen, Korruption und Vetternwirtschaft ein großes Thema. Pinner selbst bekommt sein Gehalt immer, denn „mit einem ausländischen Spieler wollen sie keine Probleme“, wie er selbst schildert. Andere Spieler in seinem Team aber eben nicht, zudem steht nach Niederlagen auch mal der Präsident in der Kabine und es muss kalt geduscht werden. Wohlbemerkt im eigenen Stadion.

In Hamburg findet Pinner mehrfach sein Glück

Natürlich sind das nicht die Umstände, die sich Eli Pinner vorgestellt hatte. Aber er nimmt es, wie es ist. „Es war trotzdem eine großartige Erfahrung“, sagt er heute. Und trotzdem ist nach einem Jahr in Südosteuropa Schluss, Pinner bekommt über seinen ehemaligen Trainer in Kontakt mit dem Oberligisten Concordia Hamburg. Der dortige Vereinspräsident Matthias Seidel macht ihm über eine Anstellung bei der Firma, die hinter dem Portal „transfermarkt.de“ steckt, einen Job und damit das Visum klar. In der hanseatischen Metropole lernt er seine Freundin kennen, gemeinsam zieht die Kanadierin mit ihm ins beschaulichere Siegen.

Eli Pinner (links) im Trikot von Concordia Hamburg.
Eli Pinner (links) im Trikot von Concordia Hamburg. © BGZ/Hanno Bode | Hanno Bode

Dort zog es den US-Amerikaner nämlich zu den hiesigen Sportfreunden. Vier Jahre spielt Pinner dort im Leimbachstadion, wo bei Heimspielen auch schon einmal vierstellige Zuschauerzahlen nicht völlig unüblich sind. Pinner ist nicht ganz da, wo er mal hinwollte, als er von den USA nach Europa zog, allerdings ist er in Siegen ziemlich nah dran. „Ich bin den Menschen dort sehr dankbar, dass sie mir so geholfen und es mir dadurch ermöglicht haben, hier bleiben zu können“, sagt er rückblickend.

Aus einem Amerikaner wird ein halber Europäer

55 Spiele macht er für den ehemaligen Zweitligisten, ehe ihn im vergangenen Jahr eine schwere Verletzung nahezu die gesamte Saison außer Gefecht setzt. „Wadenbeinbruch“, sagt Eli Pinner im Gespräch, das eigentlich auf Englisch geführt wird, wie selbstverständlich auf einmal auf Deutsch.

„Ich bin jetzt EU-Bürger, das erleichtert mir vieles.“

Eli Pinner über seine ungarische Staatsbürgerschaft

Pinner nutzt die Zeit zur Ahnenforschung und findet heraus, dass er ungarische Vorfahren hat. Er macht sich auf in die Heimat seiner Ahnen, reist in Ungarn umher und lernt die Sprache. Abschließend macht er einen Einbürgerungstest, den er besteht. Aus dem US-Amerikaner Eli Pinner wird in diesem Moment ein halber US-Amerikaner und ein halber Ungar. „Ich bin jetzt EU-Bürger, das erleichtert mir vieles“, sagt er mit Blick auf die damalige Zeit. Ab sofort braucht er kein Visum mehr zu beantragen, die ungarische Staatsbürgerschaft sorgt für deutlich weniger Bürokratie in seinem Leben.

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Irgendwann, Deniz Yasar hatte gerade überraschend seine Meinung geändert und den TuS Ennepetal doch noch verlassen, ist Leon Enzmann dann auf der Suche nach einem Spieler, der Linksverteidiger spielen kann. „Er wurde uns damals angeboten“, erinnert sich der Sportliche Leiter des TuS.

Fast scheitert Pinner bei der Anreise zum Probetraining

Pinner kommt zum Probetraining. Natürlich nicht ganz ohne Umwege, das wäre untypisch für Eli Pinner. Da er keinen deutschen Führerschein besitzt, ist Pinner auf Bus und Bahn angewiesen. Angekommen in Ennepetal will er etwas von der Stadt sehen, macht sich deswegen zu Fuß auf den Weg zum Bremenstadion. Sein Handy geleitet ihn aber über einen Weg durch einen Wald, für kurze Zeit hat Pinner die Orientierung und den Glauben verloren, rechtzeitig zum Training im Bremenstadion anzukommen – bis er auf einmal vor dem Stadion steht.

Er überzeugt Sebastian Westerhoff und die anderen Verantwortlichen und bekommt einen Einjahresvertrag. „Jetzt will ich mir hier mehr Minuten erarbeiten, ich glaube schon, dass ich meinem Team mit meinen Fähigkeiten und meiner Erfahrung helfen kann“, sagt der 29-Jährige. Dreimal kam er in den bisherigen sieben Oberliga-Spielen für jeweils eine halbe Stunde zum Einsatz. Das entspricht nicht dem, was sich Pinner vorstellt, aber wer ihn kennengelernt hat, weiß, dass er viel dafür tun wird, um schnell mehr spielen zu können.