Gevelsberg. Die Liebe zieht den Portugiesen aus der Sonne nach Gevelsberg. Hier braucht er lange um anzukommen - der Sport spielt dabei eine große Rolle.

Es ist eine wunderschöne Liebesgeschichte: vor zehn Jahren arbeitet Fabio Fernandes in einem Hotel in seiner Heimat- und Küstenstadt Tavira in Portugal. Mann trifft Frau. Die beiden verlieben sich. Es geht alles sehr schnell und sie wird nach einem Monat schwanger. Auch wenn die beiden sich noch nicht so gut kennen, ist für Fabio klar: Er geht mit ihr nach Deutschland. Eine Entscheidung, die Fernandes im Anschluss oft angezweifelt hat.

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Doch in Deutschland hat Fabio nicht nur einen Kulturschock, sondern auch einen Wetterschock: „In Portugal ist neun Monate im Jahr gutes Wetter. Und hier ist jetzt neun Monate im Jahr schlechtes Wetter. Das hat mir sehr zugesetzt.” Trotzdem findet Fernandes sich schnell ein. Er und seine Frau heiraten, sie bekommen noch ein zweites Kind, er hat einen Vollzeitjob, der ihm Spaß macht. Aber sozialen Anschluss findet er nicht. Weil seine Frau weiß, wie wichtig ihm Sport ist, schenkt sie ihm eine 10er-Karte für eine CrossFit Box in der Nähe und dort findet er kurzzeitig seinen Funken wieder, der ihn antreibt. Doch lange kann er nicht zum Training gehen, denn die Zeiten passen nicht mit seinen Arbeitszeiten zusammen. Also hört er wieder auf. Und der Funken verschwindet.

Eine Verletzung zieht Fernandes in ein tiefes Loch

Fernandes hat sein ganzes Leben lang Sport als festen Bestandteil seines Lebens gehabt. Viele Jahre lang hat er Basketball gespielt, bis er sich einen komplizierten Armbruch beim Skaten zugezogen hat. „Das war eine schwere Zeit für mich, weil dort meine Depressionsspirale angefangen hat. Ich konnte monatelang keinen Sport machen, hatte keine Lust auf nichts und habe 30 Kilo zugenommen“, erinnert er sich. Damals erkannte er sich vor dem Spiegel selbst nicht wieder. „Ich habe gedacht: Was machst du da? Das bist doch nicht du.“ Mit Disziplin und Sport und einer guten Ernährung hat er es aber geschafft, die 30 Kilo wieder abzunehmen. Doch das war erst der Start eines jahrelangen Auf und Abs. Er hat zwar nie wieder sein Höchstgewicht erreicht, aber so richtig zufrieden mit sich, war er nie.

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Seine Frau hat ihn sehr dabei unterstützt, dass er auf seine Ernährung achten konnte, Diäten machen konnte, hat ihm Freiraum gegeben, damit er Sport machen konnte. Und Fernandes hat auch einfach viel investiert. „Wenn ich um sechs arbeiten musste, bin ich um halb vier aufgestanden, um vorher Sport zu machen”, sagt er, denn mit seiner Familie und mittlerweile einem Vollzeitjob und zwei Nebenjobs und noch einer Weiterbildung hat er kaum Zeit zum Atmen.

Ungesehener Dauergast im Fitnessstudio

„Wenn du keinen richtigen Sinn im Leben hast, dann packst du dir deine Zeit so voll, wie du kannst, damit du irgendwas findest, was dich begeistert“, sagt Fernandes. So richtig fündig wurde er allerdings nicht. Im Oktober war er dann an einem Punkt, an dem er ernsthaft überlegte, allein nach Portugal zurückzukehren – ohne seine Familie. „In Portugal war ich ständig draußen, bei gutem Wetter. Ich kenne dort alle im Dorf, aber hier habe ich es einfach nicht geschafft, ein Sozialleben aufzubauen. Im Fitnessstudio kommt jeder mit Kopfhörern rein, macht sein Training und geht wieder. Niemand kommt auf dich zu – niemand sieht dich“, schaut er auf die damaligen Zweifel zurück.

Fabio Fernandes trainiert an den Seilen.
Fabio Fernandes trainiert an den Seilen. © Janice Holtz | Janice Holtz

Doch in seinem Kopf hatte er immer noch diese Trainingseinheiten in der CrossFit-Box von vor zehn Jahren, die ihn so begeistert haben. „Ich habe mir gedacht, wenn es mich damals begeistert hat, warum nicht wieder?”, erinnert sich Fabio. Also hat er ein Probetraining bei CrossFit mit Schmackes in Gevelsberg gemacht.

Raus aus der Depressionsspirale

„Das war die beste Entscheidung meines Lebens“, sagt Fabio Fernandes heute und grinst breit, „Endlich habe ich Menschen gefunden, die die gleichen Träume haben wie ich, die gern zum Training kommen, und habe endlich Freunde gefunden. Ich fühle mich wieder gesehen und habe endlich gefunden, was ich brauche“. Mittlerweile kommt er regelmäßig zum Training, konnte sich aus seiner Depressionsspirale befreien und fühlt sich wieder glücklich. Der Gedanke nach Portugal zurückzukehren, ist nicht ganz aus der Welt, aber die Pläne hat er erstmal auf die Rente verschoben, wenn seine Kinder aus dem Haus sind. Denn jetzt ist er nach zehn Jahren endlich in Deutschland angekommen.

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Sein größter Traum ist aber noch offen: Irgendwann Trainer werden, um anderen Menschen, die in der gleichen Situation sind, wie er war, zu helfen. Aber das kann ja noch werden.