EN-Südkreis. In der Amateurfußballszene ist der Kunstrasen eher Standard. Wann der Naturrasen ins Spiel kommt und was damit alles verbunden ist.

Ganz früher war in der Regel die rote Asche der Spieluntergrund der Amateurfußballer. Hier und da gab es auch Rasenplätze. Das natürliche Grün wird aber zum Teil immer weniger genutzt – auch, weil viele Vereine die Möglichkeit haben, auf Kunstrasen zu spielen oder sogar zwischen beiden wählen können. Ist der Naturrasen also ein Auslaufmodell?

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Wir haben uns bei den Vereinen im EN-Südkreis umgehört, die auf Naturrasen spielen oder neben dem künstlichen Grün sogar diese Option haben. Dies betrifft in Gevelsberg den FSV, in Schwelm den VfB sowie in Ennepetal den TuS, RW Rüggeberg und Blau-Weiß Voerde. Das Ergebnis: Sofern es geht, wollen sie auf jeden Fall auf den Naturrasen! Aber damit ist viel Aufwand verbunden.

Punkt 1: Die hohen Kosten

Ganz am Anfang ist festzuhalten: In den drei Städten wird ein enormer Batzen Geld in die Hand genommen, um die Rasenplätze in Schuss zu halten. In Gevelsberg wird das Stadion im Stefansbachtal über die Stadtverwaltung selbst verwaltet und gepflegt wird. Nach Angaben der Stadt belaufen sich die Kosten für die reine Naturrasenfläche am Ochsenkamp auf rund 22.000 Euro.

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In Schwelm und Ennepetal stellen die Verwaltungen jeweils ein über den Haushaltsplan festgelegtes Budget zur Verfügung. Bezirksligist VfB Schwelm erhält 69.950 Euro für die Anlage am Brunnen. Oberligist TuS Ennepetal hat für die gesamte Anlage am Bremenstadion (Natur- und Kunstrasen) 102.700 Euro zur Verfügung. Bezirksligist BW Voerde bekommt 74.300 Euro für die Anlage am Tanneneck überwiesen und A-Ligist Rüggeberg 38.100 Euro für den allein verfügbaren Naturrasen. Die Vereine müssen mit den Summen auch anfallende Arbeiten rund um die Plätze finanzieren, etwa Kabinenpflege oder Reparaturen im Vereinsheim.

Punkt 2: Die dauerhafte Pflege

Die Platzpflege bedeutet viel Aufwand. Dafür haben die Vereine teilweise einen Gärtner angestellt und lassen Grundaufarbeitungen (z.B. Düngung, Vertikutieren) in der Sommer- und Winterpause über Firmen ausführen. Die Stadt Gevelsberg stellt im Stefansbachtal ihr Personal ab oder beauftragt Fachfirmen. Am Ochsenkamp wird die Anlage zudem im Sommer für Schul- und Sportfeste aufbereitet. Über die Sommerferien ist der Naturrasen in der Regel komplett gesperrt. Die Stadt teilt mit: „Es erfolgt eine Tiefenlockerung, Belüftung, Bodenverbesserung und Nachsaat. Nach der Aufbereitung des Rasens muss dieser ruhen. Diese Pflegemaßnahme dauert insgesamt ca. sechs bis sieben Wochen.“

Der Rasenroboter
Der Rasenroboter "Rasenrobby" des TuS Ennepetal im Bremenstadion. © Hendrik Steimann | Hendrik Steimann

EuroGreen ist eine bekannte Firma, die auf den Plätzen im Südkreis unterwegs ist. Von ihr fährt zum Beispiel im Bremenstadion der eigens bezeichnete „Rasenrobby“ über den Platz. „Eine Erfahrung, die wir gemacht haben, ist: Der Rasen wird dichter“, erzählt Ennepetals Vorsitzender, Michael Peiniger. Auch in Voerde ist ein Roboter unterwegs, in Rüggeberg fehlt dafür das Geld. Doch Aufsitzrasenmäher können auch nicht komplett ersetzt werden. Überall wird mehrmals pro Woche gemäht und gewässert – nicht nur bei hohen Temperaturen. Beim TuS gehören 15 Punkte zur Sprinkleranlage, die über ein Kontrollsystem manuell gesteuert werden kann. In Voerde gibt‘s zwölf. „Wir stellen sie oft rund zehn Minuten vor Anpfiff noch mal ein“, so der BW-Vorsitzende Olaf Steinhaus.

„Wenn es geht, wollen wir natürlich 100 Prozent der Spiele darauf machen.“

Thomas Riedel, Sportlicher Leiter beim TuS Ennepetal

In Gevelsberg ist die Anlage gesteuert. Selbst bei Regen springt sie mitunter nachts an, verrät der FSV-Vorsitzende Christian Bauermeister. Kurios dabei: Laut Stadt ist der Rasen nach längerer Regenzeit gesperrt, wenn er also zu nass ist. Was der FSV in Bezug auf den Rasen selbst vornimmt, ist das Kreiden der Linien. Auch diesen Punkt müssen die Vereine im Blick haben und in Farbe investieren.

Punkt 3: Die Bespielbarkeit und Trainingsoptionen

Die Pflege wird so intensiv betrieben, damit möglichst viele oder gar alle Heimspiele auf dem Naturrasen ausgetragen werden können. „Wir gehen davon aus, in diesem Jahr von den 17 Heimspielen 13, 14 auf dem Naturrasenplatz zu spielen. Das haben wir in den Saisons vor der Baustelle auch gemacht. Wenn es geht, wollen wir natürlich 100 Prozent der Heimspiele auf dem Naturrasen machen“, betont Thomas Riedel, der Sportliche Leiter des TuS Ennepetal. In der Oberliga gilt der Naturrasen ohnehin als Standard. In der aktuellen Saison haben lediglich die SG Finnentrop/Bahmenohl und der TuS Bövinghausen keinen zur Verfügung.

Auch die anderen Vereine aus dem Südkreis wollen den Naturrasen so gut es geht für ihre Spiele nutzen. Worauf sie dabei alle achten – und von den Verwaltungen aus auch achten sollen: Der Untergrund soll nicht durch das Training an bestimmten Stellen höher belastet sein. Vor allem nicht in den Straf- und Fünfmeterräumen. Die Teams passen ihr Training dementsprechend an, Lauf- und Sprinteinheiten können beispielsweise auch neben dem Spielfeld gemacht werden. Der TuS kann zudem auf den Kunstrasen ausweichen – wenn es die Kapazität erlaubt. Laut Riedel kann der Naturrasen bis Dezember und danach wieder ab März für das Training genutzt werden. Allein die Oberligamannschaft trainiert darauf.

„Der Platz ist unserer Meinung nach definitiv zu häufig nicht verfügbar. Manchmal macht es daher keinen Sinn, ein Heimspiel darauf auszutragen.“

Christian Bauermeister, Vorsitzender beim FSV Gevelsberg

In Schwelm ist klar geregelt: Von Mitte März bis Mitte Oktober trainiert der VfB auf dem natürlichen Grün, in der restlichen Zeit kann er auf den Kunstrasen an der Rennbahn ausweichen. Nicht ausweichen kann dagegen Rüggeberg und muss daher erst recht auf die Bespielbarkeit achten. „Der Fünf-Meter-Raum ist tabu. Das Torschusstraining geschieht durch die Mitte, mobile Tore werden versetzt. Die Trainer müssen dauernd umdenken und ihre Übungen variieren“, erklärt der 2. Vorsitzende und sportliche Leiter, Christian Hagemann.

Daran muss sich auch der FSV halten, in Gevelsberg ist der Rasen häufiger gesperrt, so dass nur rund zehn Heimpartien darauf absolviert werden können – und das Training womöglich vorher auf Kunstrasen stattfinden musste. „Der Platz ist unserer Meinung nach definitiv zu häufig nicht verfügbar. Manchmal macht es daher keinen Sinn, nach längerer Sperrung ein Heimspiel darauf auszutragen, weil die Jungs vorher ebenfalls nur auf Kunstrasen trainieren konnten“, sagt Bauermeister.

Punkt 4: Die sportlichen Vorteile

Gerade die niedriger spielenden Fußballteams führen alle ihre starke Heimbilanz an, wenn sie nach den Vorteilen des Naturrasens gefragt werden. So auch im EN-Südkreis: RW Rüggeberg hat in der Saison 2023/24 kein einziges Heimspiel verloren, BW Voerde und der VfB Schwelm waren ebenfalls stark. „Wir waren in der vergangenen Saison eine Macht“, drückt es Voerdes Trainer Emrah Özüsaglam aus. Jedes Spiel fand auf dem natürlichen Grün statt und der Platz war auch für das Training kaum gesperrt.

„Manche Gegner kommen nicht mit richtigem Schuhwerk, weil sie nur Kunstrasen gewohnt sind.“

Dirk Butzbach, Sportlicher Leiter beim VfB Schwelm

Der Coach weiß sehr gut, dass Spiele auf Naturrasen über 90 Minuten mehr Kraft kosten, da der Untergrund tiefer ist. Erst recht bei oder nach Regen. Kleine spielerische Elemente können entscheidend sein, die Teams im Training darauf vorbereitet werden. „Manchmal ist der Naturrasen nicht in ganz gutem Zustand, dann hoppelt der Ball etwas. Aber das können wir besser und schneller kompensieren als viele Gegner“, so Özüsaglam.

Schwelms Sportlicher Leiter Dirk Butzbach verrät zudem: „Manche Gegner kommen nicht mit richtigem Schuhwerk, weil sie nur Kunstrasen gewohnt sind und Multinocken tragen. Besser sind aber Schraubstollen.“ Die spricht auch Rüggebergs 2. Vorsitzender Christian Hagemann an: „Viele Gegner haben gar keine. Wenn der Ball anders läuft, ist die Muskulatur außerdem nicht so gut daran gewöhnt.“