Duisburg/Arnsberg. Katharina Keßler ist Physiotherapeutin beim Fußball-Drittligisten MSV Duisburg. Die Neheimerin träumt von Olympischen Spielen – ihre Geschichte:
„Ein perfektes Spiel ist für mich, wenn sich keiner verletzt und der MSV gewinnt“, verrät Katharina Keßler, 28-jährige Leiterin der Physiotherapieabteilung im Nachwuchsleistungszentrum des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg. Die gebürtige Bergheimerin besitzt beim MSV einen langfristigen Vertrag und ist zudem seit Juli 2022 im Springer-Pool des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) tätig. So fuhr sie mit den deutschen U19-Juniorinnen zur Europameisterschaft nach Tschechien. Im Interview spricht Keßler über ihren Tätigkeitsbereich, ihren Einsatz beim DFB und ihre Ziele für die Zukunft.
Hallo Frau Keßler, warum haben Sie sich dazu entschieden, Physiotherapeutin zu werden?
Katharina Keßler: Ich habe zu Schulzeiten ein Praktikum bei einer Physiotherapiepraxis in Neheim absolviert. Dort habe ich dann Einblicke in den Job bekommen, die mir so gut gefallen haben, dass ich entschied, in dem Berufsfeld zu bleiben. Ich habe auch immer noch Kontakt zu dem Inhaber und versuche, so oft es geht vorbeizukommen. Dazu kam, dass ich, seitdem ich ein kleines Kind war, Fußball-Fan bin. Die erste Idee ist da schon im Stadion des FC Schalke 04 in der Bundesliga entstanden, bei dem ich eine Dauerkarte besaß. Ich fand den Gedanken interessant, einen Spieler von der Verletzung bis hin zur Genesung begleiten zu können.
Wie kam der Wechsel zum MSV Duisburg zustande?
Ich habe meine Ausbildung zur Physiotherapeutin im Uniklinikum Essen angefangen. Um nebenbei Geld zu verdienen, habe ich bei Schwarz-Weiß Essen gearbeitet. Die U23 des MSV hat dann in Essen gespielt und dort habe ich mich mit dem Physio des MSV unterhalten und ihn kennengelernt. Der hat mir angeboten, mal einen Tag vorbeizukommen und so ist der Wechsel hin zum Revierklub zustandegekommen. Im Jahr 2016 habe ich dann beim Traditionsverein angefangen, damals noch nebenberuflich und bin seitdem sehr zufrieden dort. Es wurde bisher noch nie langweilig.
Im Jahr 2019 haben Sie die medizinische Leitung im NLZ übernommen. Was sind seitdem Ihre konkreten Aufgaben?
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In erster Linie die Versorgung der verletzten Spieler. Als Physio bin ich die Verbindungsstelle zwischen dem Arzt, der Mannschaft und dem Trainerteam. Wir haben täglich Besprechungen, in denen die einzelnen Spieler durchgegangen werden und wir festlegen, wer wie viel und was trainieren kann. Ich arbeite sechs Tage die Woche und bin auch immer vor Ort, wenn etwas Akutes vorliegt. Grundsätzlich kann man sagen, dass ich jedes U19-Heim- und Auswärtsspiel in der Bundesliga West begleite. Insgesamt versorgen wir während der Trainingstage alle Spieler der U10 bis zur U19.
Wie sieht Ihre Arbeit während einer Partie aus?
Dort schauen wir eher auf die Bewegungsmuster und die Abläufe der Spieler. Sollte irgendetwas passieren, muss ich in Sekunden sagen, ob der Spieler weitermachen kann oder nicht. Falls es geht und der behandelte Akteur weitermachen kann, wird er in den Minuten danach besonders beobachtet. Das liegt daran, dass jeder Spieler grundsätzlich weitermachen möchte, auch wenn es vielleicht nicht mehr geht.
Dann herrscht aber ordentlich Druck bei der Entscheidung, oder?
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Auf jeden Fall, aber die Erfahrung bringt Ruhe mit sich. Allerdings: Beim ersten Mal wurde ich ins kalte Wasser geworfen. Das Wichtigste ist in einer solchen Situation das Vertrauensverhältnis zwischen dem Spieler, dem Trainer und mir.
Wie schwer war es, das Vertrauen aufzubauen?
Es klingt zwar kitschig, aber hier hat es echt super funktioniert. Zudem arbeiten wir jetzt schon einige Zeit zusammen, wodurch die Kommunikation deutlich einfacher ist. Ich habe, seitdem ich beim MSV bin, immer denselben U19-Trainer. Das ist ein großer Vorteil und macht die Arbeit einfacher. Des Weiteren steht das NLZ mit allen Mitarbeitern und Verantwortlichen voll hinter mir, was einem zusätzlich Sicherheit gibt.
Im vergangenen Sommer sind Sie mit der U19 des DFB zur Europameisterschaft nach Tschechien gefahren. Wie kam das zustande, und wie hat es Ihnen gefallen?
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Das war mein allererster Einsatz als Physiotherapeutin beim DFB. Ich wurde aus dem Urlaub von einem Mitarbeiter angerufen und gefragt, ob ich mitfahren möchte. Da habe ich dann nicht lange gezögert bei der Zusage. Es ist schon etwas ganz Besonderes, für das eigene Land im Einsatz zu sein. Früher habe ich das als Kind am Fernseher verfolgt und jetzt durfte ich selbst dort stehen – einfach einzigartig. Mein Debüt an der Seitenlinie habe ich in der Gruppenphase gegen England gegeben. Die Partie hat die Mannschaft 3:0 gewonnen, aber sie ist trotzdem ausgeschieden.
Ist der Arbeitsumfang beim DFB mit der Vereinsarbeit zu vergleichen?
Das ist noch mal eine Nummer größer. Es ist immer ein Mannschaftsarzt vor Ort, und die Nachbehandlung wird sofort durchgeführt. Es ist insgesamt sehr intensiv und umfangreich.
Wie ist die Absprache mit dem MSV bezüglich der Nebentätigkeit beim DFB?
Jede Anfrage, die reinkommt, wird mit dem Verein abgesprochen. Mein Physio-Team besteht aus drei nebenberuflichen Therapeuten, die mich unterstützen und meine Nebentätigkeit erst möglich machen. Aber eines ist auch klar: Der Verein steht immer an erster Stelle.
Sie kommen gebürtig aus dem Sauerland. Wie sind die Verbindungen dorthin noch?
Meine Familie und einige Freunde wohnen dort noch. Die versuche ich so oft es geht zu besuchen.
Waren Sie in einem Sportverein in der Heimat aktiv?
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Nein, war ich nicht. Es ist zwar ein bisschen komisch, da ich den Fußball sehr mag, aber ich kann es auch nicht richtig erklären, warum ich nie in einem Verein war. Ich bin dann am Wochenende lieber ins Stadion gefahren.
Welche Ziele haben Sie sich für dieses Jahr und in der Zukunft gesetzt?
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Sportlich gesehen möchte ich mit allen U-Mannschaften des MSV die zu Saisonbeginn gesetzten Ziele am Ende erreichen. Zudem ist es mein Ziel, das alle verletzungsfrei bleiben. Persönlich ist es mein absoluter Traum, mit zu den Olympischen Spielen zu fahren. Da ich im November 2022 meine zweijährige Weiterbildung zur DOSB-Sportphysiotherapeutin erfolgreich absolviert habe, sieht es aktuell gar nicht so unrealistisch aus, dass ich 2024 in Paris Teil der Physiotherapeuten im olympischen Dorf bin.