Menden/Balve. Gehälter für Spieler sind auch im Amateurfußball nicht ungewöhnlich. Was Vereine in Menden und Balve davon halten.
Geld im Amateurfußball zählt zu den großen Tabu-Themen. Nachdem eine Dokumentation der ARD in der vergangenen Woche aufzeigte, wie verbreitet die Zahlungen bis hinunter in die Kreisligen sind, ist das Thema wieder in den Fokus gerutscht. Auch in Menden und Balve.
„Millardenspiel Amateurfußball - Wenn das Geld im Umschlag kommt“ unter diesem Titel berichtet der Film unter anderem über Schwarzgelder, die Spielern gezahlt werden, um keine Steuern abführen zu müssen. Bis zu 249,99 Euro kann ein Spieler legal verdienen, liegt er darüber, muss er als Vertragsamateur beschäftigt werden. Für den Verein hat das einen Nachteil: Er muss Sozialabgaben leisten und die Zahlungen versteuern.
ARD-Doku: Fast eine Milliarden Euro fließen jährlich im Amateurfußball
Um genau das zu umgehen, sind Vereine durchaus kreativ: Mal gibt es einen Reisegutschein, mal einen Leasing-Wagen, ein anderer bekommt Sachleistungen oder Baugrund. In den meisten Fällen sind es aber meistens die kleinen Umschläge, die einmal im Monat verteilt werden - das Thema Geld im Amateurfußball ist auch im Kreis verbreitet - darüber reden möchten aber die wenigsten, wie unsere Redaktion bereits vor einigen Monaten festgestellt hat.
Wenn Geld locker aus der einen in die andere Hand wechselt, wird dies für Vereine und Spieler allerdings schnell zur steuerrechtlichen Falle. Nun bringt die TV-Dokumentation der „ARD“ erstmals konkrete Summen zu Tage – und das Ausmaß der Bezahlkultur im deutschen Amateurfußball ist offenbar viel höher als angenommen. Demnach fließt etwa eine Milliarde Euro pro Jahr in die Taschen von Amateurkickern – davon etwa die Hälfte, also 500 Millionen Euro, als Schwarzgeld, für das keine Steuern und Sozialabgaben abgeführt werden.
Zwei Drittel der Spieler bekommen Geld - laut Umfrage
Laut den Machern der Dokumentation hätten von den 8085 männlichen Spielern im Alter von 18 bis 39 Jahren insgesamt 60,2 Prozent erklärt, dass sie einmal oder öfter Geld dafür erhielten, in einem Amateurverein Fußball zu spielen. Sie bekamen einen monatlichen Festbetrag und/oder Punkt- sowie Siegprämien.
Etwa 25.000 Fußballvereine gibt es in Deutschland, und etwa 80.000 Spiele finden – unter normalen Bedingungen – an jedem Wochenende bei den Senioren, Frauen und Junioren statt. Offenbar werden viele Fußballer nach wie vor oft per Bargeld im Kuvert, mit Sachwerten oder Dienstleistungen bezahlt – ohne darüber das jeweilige Finanzamt in Kenntnis zu setzen.
Strott: „Ist noch keiner ohne Geld aufgestiegen“
Geld im Amateurfußball ist auch in Menden und Balve ein Thema. „Man muss sich nichts vormachen, wenn man in der Kreisliga erfolgreich spielen möchte, dann geht das nicht ohne Geld. Es ist noch kein Verein aufgestiegen, ohne dass Spieler bezahlt wurden“, weiß Torsten Strott, Vorsitzender des BSV Lendringsen und seit Jahrzehnten als Spieler, Trainer und Funktionär im heimischen Fußball unterwegs. „Das hat sich im Vergleich zu früher schon geändert. Als ich noch Spieler war, habe ich dafür nichts bekommen. Erst als ich Trainer wurde, gab es mal eine Aufwandsentschädigung“, erklärt der Lendringser.
Wenig überraschend, spielt die Ligazugehörigkeit dabei eine gewisse Rolle. „In der Landesliga ist das völlig normal“, bestätigt Charly Grote, Vorsitzender des TuS Langenholthausen. Sein Verein hat drei Vertragsamateure im Kader. „Einige Spieler möchten diesen Status haben, weil sie dadurch abgesichert sind. Im Falle einer Verletzung springt dann die Berufsgenossenschaft ein“, erklärt Grote den Hintergrund. Mit den anderen Spielern gibt es schriftliche Vereinbarungen über die jeweilige Aufwandsentschädigung. „Die Spieler werden auch offiziell vom Verein bezahlt und nicht über andere dubiose Wege“, versichert der Langenholthauser, der sicher ist, „dass wir das alles richtig und sauber machen.“
Charly Grote geht auf Nummer sicher
Dass Vereine gerne mal den illegalen Weg nehmen würden, kann Grote sich nur zu gut vorstellen. „Ich bin ja als Unternehmer auch mit der Unternehmensbesteuerung vertraut. Und das ist teilweise deutlich einfacher, als die Besteuerung eines Amateurvereins“, gibt der Vorsitzende zu bedenken. Aus diesem Grund setzt Grote auch auf externe Hilfe, wenn es um die Finanzen des Vereins geht. „Wir nehmen da ein Angebot des Landessportbundes wahr, für das ich uns angemeldet habe. Da wird über das Thema ausführlich informiert. Wir machen das auch aus Sicherheitsgründen, weil wir alles richtig machen wollen.“
„Das Thema hat in den vergangenen zehn bis 15 Jahren deutlich Fahrt aufgenommen und ist in meinen Augen auch etwas aus dem Ruder gelaufen“, ist Horst Reimann, Vorsitzender des Fußballkreis Iserlohn besorgt über die Entwicklungen.
Profifußballer als schlechte Vorbilder
„Befeuert wird das alles vom Profifußball. Wenn die Spieler hören, was da für Summen über den Tisch gehen, dann wollen die auch im kleinen Fußball mehr Geld haben“, betont Reimann. Entwicklungen, die auch von Vereinen gefördert werden, die Spielern diese Wünsche erfüllen. „Wenn plötzlich ein B-Kreisligist einen guten Spieler aus der Kreisliga A oder Bezirksliga verpflichtet, dann geht der Spieler ja nicht dahin, weil die Bratwurst so lecker schmeckt. Der wird da schon einiges an Geld bekommen“, gibt Strott ein Beispiel.
Vereine handhaben das Thema unterschiedlich. „Letztlich muss da auch jeder Verein selbst wissen, wie er das macht. Ich bin mir aber sicher, dass das bei den Vereinen im Menden sauber laufen wird, weil die alle vernünftige Leute im Vorstand haben, die dafür sorgen“, betont Strott.
Horst Reimann: „Das treibt Vereine in den Ruin“
Wie es laufen kann, hat Charly Grote, der für seinen Verein seit Jahrzehnten Gespräche mit Spielern führt, schon selbst erlebt. „Wir hatten mal ein Gespräch mit einem Spieler, der so unverschämte Forderungen hatte, dass wir ihm direkt abgesagt haben. Kurz darauf hatte er dann einen anderen Verein gefunden“, erinnert sich der Langenholthausener.
Horst Reimann pflichtet bei: „Das ist schon eine verrückte Geschichte, die so manchen Verein in den Ruin getrieben hat. Vereine sollten bedenken, ob es wirklich sinnvoll ist, alles in die erste Mannschaft zu stecken oder ob es nicht besser wäre, in die Jugend zu investieren.“