Meschede. Nach dem Aufstieg von Fatih Türkgücü Meschede entbrannte eine Debatte um „1453“ auf den Aufstiegs-Shirts. Wir klären auf, was dahinter steckt.
Sie präsentierten die Zahl stolz auf ihren extra für die beiden Relegationsspiele zum Aufstieg gedruckten T-Shirts, die Ultras des FC Fatih Türkgücü Meschede. Auch Trainer und Mannschaft trugen unter anderem auf ihren Aufwärmshirts eben jene Zahl, ehe sie ins Rückspiel beim TuS Medebach gingen. Und auch im eigenen Vereinslogo ist sie fest verankert – die Jahreszahl 1453. Das Problem: Rund um den erstmaligen Bezirksliga-Aufstieg des Mescheder Fußballvereins, der 1993 gegründet worden ist, hat sich nun erneut eine Diskussion entfacht – und bei dieser geht es um genau diese historische Zahl, die beim FC Fatih Türkgücü Meschede allgegenwärtig ist.
++++ Jetzt anmelden: Der Lokalsport-Newsletter ++++
„Fatih“ heißt aus dem Türkischen übersetzt so viel wie „Eroberer“, und „Türkgücü“ ist die „Türkische Macht“. Das Jahr 1453 nimmt in der Geschichte des Osmanischen Reiches eine wichtige Bedeutung ein. Am 29. Mai 1453 eroberte ein Heer der Osmanen die Stadt Konstantinopel, das heutige Istanbul. Nach blutigen Schlachten fiel die Stadt, das Byzantinische Reich ging unter, und das Osmanische Reich wurde zur globalen Großmacht. Dieses Ereignis gilt in der Geschichtsschreibung als ein zentraler Moment eines Paradigmenwechsels, des Übergangs vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. Vor allem in der türkischen Perspektive kommt dem Jahr 1453 ein großer symbolischer Wert zu.
Fakt ist indes auch: Die Ereignisse in Konstantinopel sind ebenso verbunden mit blutigen Schlachten und unermesslichem menschlichen Leid. Warum also trägt ein künftiger Fußball-Bezirksligist aus dem Sauerland im Jahr 2022, in dem Krieg gegen die Ukraine geführt wird, diese Jahreszahl offensiv zur Schau? Die Frage, ob dies angemessen ist, wird nun diskutiert.
Das sagt der Vorsitzende
Durmus Acar war selbst noch ein Kind, als der FC Fatih Türkgücü Meschede vor knapp 30 Jahren im Jahr 1993 gegründet wurde. Der exakt seit dem Aufstiegstag am vergangenen Samstag 33-Jährige ist mittlerweile Vorsitzender des Vereins und hat dabei die Nachfolge von Seyfullah Kara angetreten. Auf Nachfrage erklärte Acar, dass die offensive Präsentation der Jahreszahl 1453 „keinen politischen Hintergrund“ habe: „Das hat nichts damit zu tun.“
Viel mehr sei die Verankerung der Jahreszahl im eigenen Verein die Folge der vor einigen Jahren eingegangene Fusion mit einem anderen Klub. Damals ging der FC Fatih Türkgücü Meschede mit dem Verein 1453 Türkiyemspor Bestwig-Ramsbeck zusammen – und übernahm als FC Fatih Türkgücü Meschede laut Durmus Acar „inoffiziell“ die beim Fusionspartner allgegenwärtige Jahreszahl: „Die Namensänderung unseres Vereins mit der Zahl ist nie offiziell geworden.“ Tatsächlich ist der Klub beim Amtsgericht Arnsberg seit dem 22. September 1993 eingetragen. Der Klub wird dort als „F. C. Fatih Türkgücü/Meschede e.V.“ geführt – demnach ohne Angabe der Jahreszahl 1453.
Das sagt der Verfassungsschutz
Auf Nachfrage bezog der NRW-Verfassungsschutz Stellung zur Zahl. „Da eines der zentralen Merkmale der Ülkücü-Bewegung (Graue Wölfe; Anm.d.Red.) die Idealisierung der eigenen türkischen Identität ist, dient die politische und historische Bedeutung des Osmanischen Reiches und seines Ursprungs fortlaufend als narrative Grundlage für die Überlegenheit der türkischen Nation“, erklärte Katja Heins, eine Sprecherin der Behörde. „Die Ülkücü-Bewegung ist eine heterogene türkisch-rechtsextremistische Bewegung“, heißt es auf der Homepage des Ministeriums.
++++ Lesen Sie auch: Erleichterung und Frust: Diese Folgen hat der Fatih-Aufstieg ++++
„In Nordrhein-Westfalen weisen verschiedene Fußballvereine eine Nähe zu den Grauen Wölfen auf – dies zum Teil diskret, zum Teil auch öffentlich und erkennbar“, sagte Heins und ergänzte mit Blick auf den Mescheder Fall: „Der NRW-Verfassungsschutz prüft und bewertet solche Organisationen auf Basis verschiedener Anhaltspunkte. Die alleinige Verwendung der Zahl „1453“ ist demnach nicht ausreichend für eine Zuordnung zum türkischen Rechtsextremismus.“
++++ Lesen Sie auch: Kommentar: Fatih bereichert Bezirksliga – auch ohne „1453“ ++++