Herdringen. Man muss über seine Grenze gehen. Unser Reporter Tim Drinhaus absolviert eine Strecke beim „Mud Masters“ und erlebt ein absurdes Ziel-Gefühl.
„Das wirkt ja harmlos“, denke ich mir, während ich den Eingang zum „Mud Masters“ gemeinsam mit meinem Laufpartner Linus Sauer passiere und mir eine Menge ins Auge fällt, die ausgelassen lacht. „Hat ja fast Festival-Charakter“, sage ich zu Linus, als ich Essensstände und einen Bierwagen sehe und mir die laute Musik auf dem Gelände auffällt. Tatsächlich ist der Schlossgarten des Jagdschlosses Herdringen in eine eher lockere, feierliche Stimmung gehüllt, oder wie es das große Startschild am Streckenbeginn bezeichnet: „Komfortzone“. Allerdings steht dieses Wort – selbstverständlich – nicht alleine.
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Der ganze Satz, den die Läufer lesen, bevor sie durch den Schlamm geschickt werden, lautet: „Ende der Komfortzone“. Was kommt da also gleich auf uns zu?
Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, sprechen Linus und ich mit einigen Teilnehmern, die bereits das Ziel erreicht haben. Als erstes fällt eine Gruppe von sechs Männern auf, die sich nach dem Lauf gemütlich ein Bier genehmigen. „Wir sind hier auf einem Junggesellenabschied“, erläutert Sergej (32). Er und seine Kollegen sind teils die 12er-Runde gelaufen, teils die 16er. Auf die Frage, wie es ihnen gefallen habe, antwortet Sergej: „Das war sehr stark, könnte man wieder machen.“ Thomas (55) und sein Sohn Jonas (25) sehen das ähnlich: „Das war richtig geil!“ Nur die Hitze und der bergige Streckenverlauf hätten ihnen auf der 12-Kilometer-Route zu schaffen gemacht.
34 Grad Hitze fordern Läufer
Ich frage mich, worauf ich mich im härtesten Falle einstellen muss und gehe einen Schritt weiter, indem ich die bereits Gelaufenen nach der anstrengendsten Herausforderung frage. Die meisten sind sich einig: neben den schon angesprochenen Einflüssen wird der „Monkey-Bar“ am häufigsten genannt. Der Monkey-Bar ist eine ca. acht Meter lange, in zwei Metern Höhe waagerecht errichtete Sprossenleiter, an der man sich Stück für Stück entlang hangeln muss.
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34 Grad Hitze, 12 Kilometer Strecke bergauf, bergab durch den Wald und eine Hangelleiter von acht Metern: das klingt nun wirklich nicht nach Komfortzone. Aber es hilft ja nichts. Um das zu prüfen, müssen Linus und ich die Schuhe schnüren und selber in den Schlamm. „Keine gute Erinnerung beginnt mit dem Lesen eines Buches“, bringt uns ein Schild am Wegrand kurz vorm Start noch bei. Na dann: los!
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Die ersten zwei Kilometer sind am härtesten. „Wir hätten uns vielleicht einlaufen sollen“, möchte ich Linus zurufen, es kommen allerdings keine Worte aus mir heraus, dafür eine Menge stoßartig freigesetzter Atem. Die vielen Höhenmeter quer durch Feld und Wald haben es in sich, den Weg blockierende Hindernisse – vor allem Baumstämme – geben den Rest. Dann die Erlösung: „Vorsicht Brainfrost!“ steht auf einem der ersten Hindernisse.
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Was an kälteren Tagen vermutlich abschreckend gewirkt hätte, lockt heute an. Nach dem Sprung ins kühle, schlammige Wasser läuft es sich deutlich angenehmer, aber bereits hier wird klar: es kommt niemand sauber ins Ziel. Erfrischt nehmen Linus und ich auf der restlichen Route die Führung durch den ausgesprochen schönen, beinahe romantischen Wald deutlich besser wahr. Dennoch liegt unser Fokus jetzt auf den Stationen. Mal klettern wir über eine Wand, dann hangeln wir an dem bereits vorgestellten Monkey-Bar entlang. Die Aufgaben sind nicht leicht zu bewältigen, aber genau darum geht es ja.
Das Gefühl im Ziel ist absurd
In der zweiten Hälfte steht Teamarbeit im Vordergrund. Zusammen mit drei weiteren Läufern tragen Linus und ich einen Teilnehmer in einer Tragetasche, danach helfen wir anderen Läufern, über ein großes Hindernis zu gelangen, auf dessen Rückseite man in ein kleines Wasserbecken fällt. Auch für reichlich Schlamm ist gesorgt. Egal, ob wir hindurchrobben oder uns wortwörtlich darin baden – das Programm wird dem Namen gerecht.
Und dann kommen wir ins Ziel. Begrüßt werden wir mit Jubel, einem Bier und einem T-Shirt des Events. Besonders glücklich sind Linus und ich aber nicht darüber, dass der Lauf damit beendet ist. Die Anstrengung im Schlamm hatte tatsächlich etwas sehr Schönes, zu den Wurzeln Zurückführendes. Es mag absurd klingen, aber so verschwitzt und verschlammt man im Ziel steht, so bereinigt ist man im Inneren.