Schmallenberg/Marsberg. Er hat einem Gegenspieler das Leben gerettet: Daniel Berlinski (Marsberg) spricht über erste Hilfe, viele Glückwünsche und Profi-Fußball.
Es war ein Vorfall, der am Sonntagabend, 10. November, nicht nur das gesamte Fußball-Sauerland erschütterte, sondern auch tags darauf nachhallte. Im A-Liga-Spiel zwischen dem FC Fleckenberg/Grafschaft und dem VfB Marsberg waren FC-Spieler Dunia Kineke und Gegenspieler Veit Giersch bei einem Luftduell mit den Köpfen zusammengerasselt. Beide blieben auf dem Boden liegen – danach spielten sich dramatische Szenen ab.
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Kineke hatte seinen Mund verschlossen und die Zunge verschluckt – Marsbergs Spieler Daniel Berlinski (38) griff jedoch geistesgegenwärtig ein und rettete Kineke damit das Leben. Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt „Berle“, wie er diese schlimme Szene selbst erlebt hat, wieso er wusste, was zu tun ist, wie es ihm selbst danach geht – und wie seine Karriere als Trainer im Profi-Fußball weiterlaufen soll.
Daniel Berlinski, Sie haben als aktiver Fußballer und ebenso als Trainer schon viel erlebt, waren in verschiedenen Regionen in Deutschland und in unterschiedlichen Ligen aktiv. Aber dass ein Spieler seine Zunge verschluckt und Sie eingreifen müssen, um ihm das Leben zu retten – das war neu, oder?
Daniel Berlinski: Das stimmt. Auf dem Platz hab‘ ich eigentlich schon alles gesehen, auch beispielsweise Achillessehnenrisse oder andere schwere Verletzungen. Aber so etwas habe ich noch nie erlebt und hatte auch gehofft, dass so etwas nie passiert. In diesem Moment funktionierst du einfach nur. Du reagierst intuitiv.
Wie haben Sie selbst die Szene erlebt, als nach dem Luftduell der Fleckenberger Dunia Kineke bewusstlos zu Boden fiel?
Er ist auf den Boden gefallen, sein Kopf lag in meiner Richtung. Ich war etwa zehn, 15 Meter entfernt und habe gesehen, dass seine Augen verschlossen waren. Und er hat sich nicht bewegt. Ich bin schnell zu ihm gelaufen und habe versucht, seinen Mund zu öffnen. Dunia hat mit einem Reflex seinen Kiefer zusammengedrückt und unbewusst immer dagegen gearbeitet. Ich habe dann irgendwie drei Finger in den Mund bekommen und mit einem seine Zunge festgehalten. Ich wollte einfach nur, dass seine Atemwege frei sind.
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Wie ging es dann weiter?
Er hat mich sicher einige Minuten lang gebissen, meine Finger haben geblutet. Ich hatte Angst, dass wenn ich eine Hand aus dem Mund herausziehe, er mir die Finger abbeißt. Dunia ist dann langsam wieder zu sich gekommen, und parallel war der Rettungsdienst verständigt worden.
Sie verfügen als Trainer über die UEFA-A-Lizenz und haben schon in den Regionalligen als Coach gearbeitet. Hat Ihnen dies in dieser Situation in einem A-Liga-Spiel geholfen?
Als Trainer habe ich in den vergangenen Jahren einige Lizenzen erworben. Für jede Lizenz muss man einen neuen Erste-Hilfe-Kurs nachweisen, also habe ich da zuletzt einige Erfahrungen sammeln können. Ich weiß aber gar nicht, ob ich alles richtig gemacht habe in dieser Situation. Ich hab‘ einfach das gemacht, was ich in diesem Moment für richtig gehalten habe.
Das ist Daniel Berlinski
Daniel Berlinski ist Marsberger, 38 Jahre alt und arbeitet im Vertrieb eines international tätigen Unternehmens. Der Familienvater verfügt als Fußball-Trainer über die UEFA-A-Lizenz und arbeitete im Profi-Fußball bislang unter anderem für die (damaligen) Regionalligisten SV Lippstadt 08, Chemnitzer FC und RW Ahlen. In Ahlen wurde er vor etwa 14 Monaten als Trainer freigestellt.
In seiner Karriere als aktiver Spieler war der technisch versierte Berlinski, Spitzname „Berle“, über viele Jahre der beste Fußballer im Hochsauerland. Er spielte unter anderem für RW Erlinghausen und ist nun, mit 38 Jahren, noch für A-Kreisligist VfB Marsberg aktiv. Den VfB coachte er zuletzt auch in der Vorsaison und stieg mit dem Team aus der Bezirksliga 13 in die A-Liga HSK ab. Mit den Marsbergern führt Berlinski souverän die Tabelle der A-Liga HSK an. „Ich versuche, so oft wie möglich zu spielen und der Mannschaft zu helfen“, sagt Daniel Berlinski.
Fänden Sie es angesichts dieses dramatischen Vorfalls sinnvoll, dass alle Amateur-Fußballer beispielsweise mehr in Erste-Hilfe-Kursen geschult werden sollten?
Nein, ich sehe da mehr die Trainer in der Pflicht, sich damit auseinanderzusetzen. Auch in den Kreisligen oder der Bezirksliga sollte ein Coach wissen, wie man in so einer Situation dann reagieren muss.
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Dieser Vorfall hat sicherlich auch für emotionalen Stress gesorgt. Wie haben Sie diese Ereignisse verarbeitet?
Wir haben noch lange im Mannschaftskreis darüber gesprochen. Mich hat das Ganze schon mitgenommen, auch heute noch. Ich habe mich auch viel mit meiner Familie darüber ausgetauscht.
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Sie sind schon bundesweit in einigen Regionen im Fußball tätig gewesen. Wie viele Nachrichten haben Sie bereits im Laufe des Sonntagabends erreicht?
(schmunzelt) Das waren sicher mehr als 100 Nachrichten. Ich bin ja doch gut vernetzt.
Haben Sie schon Kontakt zum betroffenen Fleckenberger Spieler Dunia Kineke gehabt?
Bevor am Sonntag der RTW kam, bin ich kurz zu ihm hingegangen. Er konnte schon wieder selbstständig sitzen, war aber noch nicht ganz bei sich. Jetzt ist ja noch nicht viel Zeit vergangen, ich gehe aber davon aus, dass wir uns sicher noch mal austauschen werden.
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Vor knapp 14 Monaten wurden Sie als Trainer des Regionalligisten RW Ahlen freigestellt. Seitdem haben Sie im bezahlten Fußball keinen Trainerjob mehr übernommen. Wie sind diesbezüglich Ihre Planungen?
Ich bin Trainer der B-Jugend des VfB Marsberg, in der auch mein Sohn spielt. Das erfüllt mich sehr. Seit August arbeite ich auch wieder im Vertrieb eines internationalen Unternehmens. Aber klar, ich bin noch jung und habe viel dafür getan, als Trainer im Profi-Fußball zu arbeiten. Ich will natürlich schon, dass es weitergeht. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist und es passt, bin ich bereit.
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