Winterberg. Hannah Neise (BSC Winterberg) bewies bei der Heim-WM wieder Medaillen-Gespür. Jacqueline Pfeifer holt im Mixed-Team-Wettbewerb Bronze.
„Ich hätte es auch so genossen“, sagte Hannah Neise irgendwann mit Blick auf die vielen, vielen Zuschauer, die ihr im Zielbereich der Veltins-EisArena zujubelten. Ihre Schmallenberger standen dicht gedrängt auf der Tribüne. Die „Jackianer“ aus Brachbach, die zuvor Jacqueline Pfeifer nach Leibeskräften anfeuerten, feierten Hannah Neise ebenfalls. Denn die Athletin des BSC Winterberg bewies bei der Bob- und Skeleton-Weltmeisterschaft in Winterberg mit dem Gewinn der Bronzemedaille einmal mehr, dass sie das Gefühl für große Wettbewerbe hat. Am Samstagabend folgte zudem Gold im Mixed-Team-Wettbewerb.
Neise 2022 sensationell Olympiasiegerin
Allerdings fiel die Überraschung dieses Mal nicht so groß aus wie vor etwa zwei Jahren. Damals raste Hannah Neise bei den Olympischen Winterspielen in China zur Goldmedaille, ohne zuvor jemals auf einem Weltcup-Podest gestanden zu haben. Inzwischen erreichte die 23-Jährige zwei Siege in der höchsten Rennserie. Dazu kommen zwei dritte Plätze. Eine Erfolgsbilanz – sieht trotzdem anders aus.
WM: Grotheer, Neise, Pfeifer - die schönsten Jubelbilder
Gleichwohl zählte Neise vor der Heim-WM zum großen Kreis der Medaillenkandidatinnen, denn ihre Startzeiten verbesserten sich peu a peu. Die Länge des Eiskanals an der Kappe sowie ihre detailreiche Kenntnis der Sportstätte spielten der Sauerländerin ebenso in die Karten. So lag sie nach drei Läufen zeitgleich mit der Kanadierin Hallie Clarke, die letztendlich mit 19 Jahren jüngste Weltmeisterin aller Zeiten wurde, an der Spitze des Feldes. Weil Neise im dritten Lauf die schnellste Zeit gelang, oblag es ihr, den Wettbewerb als letzte Starterin zu beenden.
Doch ausgerechnet als Neise startete, setzte nach trockenen Stunden zuvor Schneefall über der Veltins-EisArena ein. „Ich habe das gesehen und dachte: Oh, war das vorher auch schon so?“, sagte Neise im Interview mit der „ARD“. „Der Lauf war okay. Ich hatte das Gefühl, dass es etwas rutschiger in der Bahn war“, ergänzte sie. Als Neise das Ziel erreichte, betrug ihr Rückstand auf Clarke 0.26 Sekunden. Rang zwei belegte die Belgierin Kim Meylemans (+0.22).
„Die Medaille, die wir als Ziel hatten, ist da, aber gerade bin ich enttäuscht. Den ganzen Tag lang war das Wetter traumhaft – und kurz vor Hannah fängt es an zu schneien. Das ist einfach Pech. Ich ärgere mich sehr. Hannah hätte mit dem vierten Lauf, den sie gezeigt hat, Gold verdient gehabt“, sagte Chef-Bundestrainer Christian Baude nach der Entscheidung. Seine Athletin schüttelte die erste Enttäuschung schneller ab. „Ihr seht, dass ich lache“, sagte Neise und grinste breit. „Ich freue mich mega. Ich hatte zwar gehofft, dass es besser wird, aber die Medaille ist da – und das war mein Ziel“, ergänzte sie.
Grotheer holt sechsten WM-Titel
Christopher Grotheer (Oberhof) fuhr in Winterberg seinen sechsten WM-Titel ein und stellte damit den Rekord des Letten Martins Dukurs ein. Grotheer lieferte sich mit Titelverteidiger Matt Weston (Großbritannien) ein Rennen auf höchstem Niveau, ließ seinem Kontrahenten mit 0.23 Sekunden Vorsprung aber nur die Silbermedaille. Bronze ging an Zheng Yin aus China. Axel Jungk (Oberbärenburg, +1,16) verpasste auf Platz fünf eine Medaille knapp, Felix Keisinger (Königssee, +1,66) wurde Sechster.
Emotionaler zeigte sich Jacqueline Pfeifer, geborene Lölling, (RSG Hochsauerland), die auf den fünften Platz fuhr (+0.33). Wie erwartet unterstützten unzählige Brachbacher die 29-Jährige bei ihrer voraussichtlich letzten Weltmeisterschaft im Hochsauerland. „Ich bin froh, dass ich die WM vor so vielen Fans nochmal mitmachen durfte“, sagte Pfeifer: „Bei den knappen Zeitabständen war alles möglich. Ich bin mit meiner Leistung zufrieden und hatte sehr viel Spaß bei der Heim-WM.“ Susanne Kreher, die das deutsche Trio komplettierte, erging es mit Platz zehn (+1.14) anders.
Irgendwann klangen Pfeifers Worte sehr nach einem nahen Karriereende. Dem widersprach sie jedoch energisch. „Ich beende meine Karriere noch nicht, aber es wird nicht mehr so viele Heim-Weltmeisterschaften für mich geben“, erklärte sie und ergänzte: „Ich bleibe dem Eiskanal schon noch erhalten.“
Gold und Bronze im Mixed-Team
Darüber hinaus war die Weltmeisterschaft in Winterberg für sie ebenso wie für Neise noch nicht beendet. Am frühen Samstagabend starteten sie im Mixed-Team-Wettbewerb. „Vielleicht klappt es ja dort mit der Medaille noch“, sagte Pfeifer, die in dieser Kategorie den WM-Medaillensatz bereits komplett hat – ihn aber besonders gerne im Hochsauerland nochmal aufstocken wollte. Es gelang: Gemeinsam mit Axel Jungk holte sie Bronze, während Hannah Neise mit Christopher Grotheer sogar den WM-Titel in diesem Wettbewerb feiern durften. Rang zwei belegte das Duo aus Großbritannien.