Medebach. Martin Gerbracht hört nach 33 Jahren beim Fußball-Bezirksligisten SV Oberschledorn/Grafschaft auf. Die große Bilanz des Noch-Klubchefs.
Eine lange Fußball-Ära neigt sich dem Ende. Martin Gerbracht aus Oberschledorn wird am kommenden Freitag bei der Generalversammlung des Fußball-Bezirksligisten SV Oberschledorn/Grafschaft nicht mehr als Vorsitzender kandidieren. Der 50-jährige Filial- und Gruppenleiter der Sparkasse Hochsauerland ist ein Fußballer durch und durch und war für seinen Heimatverein 33 Jahre zunächst als aktiver Fußballer von 1990 bis 2007 im Einsatz. Im Anschluss daran hat er die erste Mannschaft bis 2014 in der Fußball-Bezirksliga gecoacht, ehe dann die Vorstandsarbeit folgte: von 2013 bis 2018 zunächst als Geschäftsführer und seit 2019 als Vorsitzender der 2013 neu gegründeten Spielgemeinschaft aus den zuvor selbstständigen Vereinen SV Oberschledorn und SG Grafschaft.
Herr Gerbracht, warum hören sie als Vereinschef des SV Oberschledorn/Grafschaft auf?
Martin Gerbracht: Seit der Übernahme des Traineramtes 2007 bis heute bin ich – zuletzt in Zusammenarbeit mit Raphael Hänsch und Steffen Dessel – federführend für die Kaderplanung der ersten Mannschaft zuständig. Vor allem bei der Suche nach neuen Spielern für die Bezirksligamannschaft benötigen wir dringend jetzt neue Ideen. Daher muss auch im Vorstand jetzt eine Verjüngung stattfinden, die dann eben auch den Raum für die neuen Ideen bietet. Wir sind da für die Zukunft sehr gut aufgestellt. Außerdem war für mich immer klar, dass mit 50 Schluss ist. Das hat über die Jahre schon auch viel Energie gekostet. Ich bin auch in meinem Beruf sehr ausgelastet, was mit zunehmendem Alter natürlich auch nicht einfacher wird. Des Weiteren arbeite ich seit knapp eineinhalb Jahren an einem großen Ortsprojekt mit, was letztlich hoffentlich auch erfolgreich umgesetzt wird.
Wie fällt Ihre große Bilanz aus?
Beim Blick in den Rückspiegel ist einem erst klar, was beim SV Oberschledorn/Grafschaft in den letzten Jahren entstanden ist. Hier wurde federführend von den Stammvereinen für einen Dorfklub eine hervorragende Infrastruktur geschaffen: Neben dem Naturrasen haben wir in Oberschledorn den alten Aschenplatz in einen super Kunstrasenplatz der höchsten Qualität umgebaut. Dazu haben wir ja noch zwei Rasenplätze in Düdinghausen und Titmaringhausen, die auch erst vor kurzem saniert wurden. Das alles hat dazu geführt, dass wir uns sportlich in der ,Bundesliga des Sauerlandes‘ derart etabliert haben, dass wir nicht umsonst im vergangenen Jahr mit Platz vier die beste Saison der Vereinsgeschichte gespielt haben.
Wie fällt Ihr Fazit über die Vorstandsarbeit aus?
Ich kann mich nicht erinnern, dass wir in den zehn Jahren irgendein Problem im Vorstand hatten. Die Zusammenarbeit war immer total vertrauensvoll, sowohl im Vorstand des SVO/Grafschaft als auch mit den Vorständen der Stammvereine. Und da habe ich auch für die Zukunft überhaupt keine Sorgen. Auf der anderen Seite musste ich im Laufe der Jahre schon einige schwierige Entscheidungen treffen. Sicherlich ist nicht alles von Außenstehenden immer sofort zu verstehen. Grundsätzlich muss ich aber sagen: Alle Entscheidungen an denen ich beteiligt war, waren gut überlegt und zum Wohl der Vereine. Das meiste würde ich auch mit etwas Abstand wieder genauso entscheiden.
Was waren Ihre größten Erfolge als aktiver Fußballer und Trainer?
Als Spieler natürlich die drei Aufstiege in die Bezirksliga und der Gewinn des Kreispokals. Beim Trainerjob muss ich besonders die Saison 2011/2012 erwähnen. Als hier die Bezirksligen zusammengelegt wurden und es sechs Absteiger aus der Bezirksliga gab, habe ich in der Saison jede freie Minute in die Mannschaft investiert, und wir haben es am Ende geschafft: Wir sind in der Bezirksliga geblieben. Das war einfach ein herausragendes sportliches Ereignis und damals überhaupt nicht selbstverständlich.
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Was waren die herausragenden Ereignisse im Vorstand?
Hier sind natürlich die Aufstiege der ersten Mannschaft und der Durchmarsch der Reserve aus der C- in die A-Liga zu nennen. In 2015 ist es meinem Bruder und mir gelungen, Hubi Albers und Rene Eickhoff von unserem Projekt zu überzeugen. Das war meines Erachtens bis heute der Grundstein für die Entwicklung des Vereins. Außerdem haben wir immer eine gute Jugendarbeit betrieben. Wenn man sieht, dass wir einen Bezirksligisten, einen B-Ligisten und gemeinsam mit dem SV Deifeld den Spitzenreiter der C-Liga stellen, kann sich das für einen kleinen Verein schon sehen lassen.
Was war lustig beziehungsweise frustrierend?
Wenn man sieht, was der Fußball einem alles gegeben hat und wie viele gute Typen man kennengelernt hat, war das schon eine tolle Zeit. Hängen bleibt vor allem der Aufstieg 2016, als wir uns vor 1300 Zuschauern gegen den FC Cobbenrode durchgesetzt haben. Auf der anderen Seite stehen die Abstiege und natürlich Trennungen von Trainern und Spielerabgänge, was einen innerlich immer fertigmacht.
Was bleibt für die Zukunft?
Für die Zukunft wünsche ich meinen Vorstandskollegen und den Neuen natürlich ein glückliches Händchen und ganz viel Erfolg. Bei Fragen stehe ich immer parat, das wissen sie. Außerdem hoffe ich, dass der Stellenwert des Fußballs nicht weiter sinkt. Wir brauchen vor allem Spieler, die mit Ehrgeiz bei der Sache sind und keine Bequemlichkeit.