Winterberg. Lena Böhmer sorgte für die größte Überraschung bei der Junioren-WM. Wie sie zum BSC Winterberg kam und wer ihr den Rat gab, Pilotin zu werden.

An dieses Gespräch erinnert sich Heiner Preute noch sehr gut. Weil er es einerseits mit einer jungen Dame führte, „die wie eine vierte Tochter für mich ist“, und weil er offen und ehrlich eine sportliche Karriere beendete, um eine andere auf den Weg zu bringen. „Im Anschub wird es nicht für ganz vorne reichen, aber so strukturiert, wie du arbeitest: Nimm die Lenkseile in die Hand. Du hast Talent. Das habe ich ihr geraten“, erzählt Preute. Lena Böhmer hörte auf ihren langjährigen Trainer – und raste in Winterberg als Pilotin des BSC Winterberg bei der Junioren-Weltmeisterschaft im Zweierbob aus dem Nichts zur Silbermedaille.

Das ist Lena Böhmer

Doch wer ist diese Lena Böhmer, für die die JWM in der Veltins-EisArena der allererste Wettkampf als Bobpilotin war? „Lena ist 22 Jahre alt, stammt aus Gladbeck und wohnt rund 120 Meter von mir entfernt. Sie geht bei uns zu Hause ein und aus, weil sie von Kindesbeinen an mit meinen Töchtern befreundet ist“, antwortet Preute.

Lena Böhmer kann es kaum glauben: Sie gewinnt Silber bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Winterberg.
Lena Böhmer kann es kaum glauben: Sie gewinnt Silber bei der Junioren-Weltmeisterschaft in Winterberg. © Dietmar Reker

Der sowohl in der Leichtathletik als auch mittlerweile im Kufensport erfolgreiche Trainer leitet mit der Abteilung Kufe im TV Gladbeck eine Art Exklave des Nordrhein-Westfälischen Bob- und Schlittensportverbandes (NWBSV), die mit Annika Drazek, Kira Lipperheide oder Neele Schuten besonders Anschieberinnen in der Weltspitze des Bobsports etabliert. Preutes Tochter Paula hat sich dem Skeleton verschrieben – ein anderes Thema.

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Lena Böhmer gehörte früher zu den talentiertesten Weitspringerinnen Deutschlands. Mit einer Top-Weite von 6,13 Metern war sie 2017 sogar eine Kandidatin für den Start bei der U18-Weltmeisterschaft. Verletzungsprobleme ausgerechnet am Sprungfuß warfen Böhmer allerdings immer wieder zurück.

Der erste Kontakt zum Bob

Weil 2020 mit Anna Köhler auch eine Bobpilotin des BSC Winterberg zu Preutes Trainingsgruppe gehörte und eine neue Anschieberin suchte, entstand die Idee des Wechsels von der Leichtathletik zum Bobfahren. Nach den ersten Einsätzen überschlugen sich jedoch die Ereignisse: Anna Köhler, die 2018 bei den Olympischen Winterspielen Rang 13 belegte, schaffte es nicht mehr ins Weltcup-Team und beendete ihre Karriere; Heiner Preute suchte das Zukunftsgespräch mit Böhmer.

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„Am 18. Dezember 2020 hat sie dann ihre erste Fahrt im Monobob in Winterberg gemacht“, sagt Preute. Doch eine Pilotin auf dem Weg nach oben benötige mehr Unterstützung als vom TV Gladbeck zu leisten sei, „deshalb war der Wechsel zum BSC Winterberg die absolut richtige Entscheidung“. Beim BSC profitiere Böhmer von dem erfahrenen Team und dessen Vereinsmaterial, zum Beispiel.

Einer sagt Medaille voraus

Apropos Material: „Lena hat unfassbar schnell grundlegende Dinge verinnerlicht und ihre Bobs auch schon selbst auseinandergebaut sowie wieder zusammengesetzt“, sagt Preute. Die 22-Jährige, die seit September Sportsoldatin der Bundeswehr ist, kaufte sich sogar eine eigene Schleifmaschine für die Kufen von Olympiasiegerin Mariama Jamanka. „Sie ist absolut akribisch in ihrem Tun“, erklärt Preute, der zudem vom schnellen Bahnverständnis Böhmers schwärmt: „Sie macht sich nach jeder Fahrt mindestens eine Seite Notizen.“

Lena Böhmer (links), Bobpilotin des BSC Winterberg, mit Anschieberin Leonie Kluwig und der Trophäe sowie der Medaille bei der Junioren-WM in Winterberg.
Lena Böhmer (links), Bobpilotin des BSC Winterberg, mit Anschieberin Leonie Kluwig und der Trophäe sowie der Medaille bei der Junioren-WM in Winterberg. © Dietmar Reker

Diese Akribie beeindruckte nicht nur Stützpunkttrainer Andreas Neagu, sondern auch Bob-Legende Bernhard Lehmann. Er sagte deshalb vor der JWM eine Medaille voraus. Heiner Preute kann sich auch an dieses Gespräch gut erinnern, weil er überrascht war – und Lehmann nach dem Silber-Triumph seine Hochachtung zollte.

Das nächste Ziel

Wie es nach der Junioren-WM für Lena Böhmer rennmäßig weitergeht, steht noch nicht fest. „Sie wird auf jeden Fall bei der deutschen Junioren-Meisterschaft starten“, sagt Heiner Preute. Mitte Februar gastiert zudem der Europacup in Winterberg– mit Böhmer? Sich in dieser Rennserie zu etablieren, sei das nächste Ziel. Neben der Bahn in Winterberg probierte sich die Pilotin in Ausbildung bereits in Oberhof und im schwierigen Eiskanal in Altenberg aus. „Es hat Spaß gemacht“, schrieb Böhmer zu einem Video davon auf ihrem Instagram-Account.

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