Oeventrop. Michael Gräbener denkt beim Handball-Landesligisten SG Ruhrtal mit 38 Jahren noch lange nicht ans Karriereende. Warum der Routinier wichtig ist.
In den meisten Mannschaftssportarten sind die Stars diejenigen, die für offensives Spektakel stehen. Defensivspezialisten hingegen werden in der Öffentlichkeit nur selten bejubelt, obwohl sie für ihre Trainer oft einen ähnlichen Stellenwert haben. Spätestens, seit die Handball-Nationalmannschaft auf den Innenblock mit Hendrik Pekeler und Patrick Wienczek verzichten müssen, wissen alle deutschen Handballfans, wie hoch die Bedeutung stabiler Abwehrarbeit ist.
So lief das letzte Spiel der SG Ruhrtal>>>
Auch Landesligist SG Ruhrtal hat so einen „stillen Star“, der in der Deckung die „Drecksarbeit“ übernimmt, dabei das Spielobjekt selten in die Hand bekommt, weil er meist nur bei schnellen Gegenstößen mit nach vorne eilt, ansonsten sofort den Weg zur Auswechselbank sucht. Die Rede ist von Michael Gräbener, der es im Herbst seiner Karriere ähnlich wie Keeper Stefan Biggermann geschafft hat, die größten Erfolgserlebnisse zu feiern. Der mit seinen 38 Jahren deutlich älteste Feldspieler der Oeventroper hatte in Jugendjahren mit Handball wenig im Sinn, obwohl sein Vater diesem Hobby frönte. In Bigge-Olsberg aufgewachsen, interessierte er sich zunächst für die Leichtathletik, stieß erst im zweiten B-Jugendjahr zum dortigen Handballverein, wo er rasch seine Position als Kreisläufer fand. „Das Fehlen der technischen Ausbildung merke ich heute noch, meine Möglichkeiten mit dem Ball sind begrenzt“, räumt Gräbener selbstkritisch ein. Dafür arbeitete er intensiv an seiner Robustheit, stählte seine Muskeln beim Krafttraining, übte sich zudem im Kampfsport Ninjitsu.
Klassenerhalt wird immer realistischer
Der Handball-Landesligist hat unerwartet zwei kampflose Punkte zugesprochen bekommen, weil Westfalia Hombruch II wie beim Hinspiel die eigene Anreise absagte. Während im Winter noch Corona-Sorgen der Grund für die Absage war, sorgte jetzt ein Spieltermin in der Verbandsliga dafür, dass die Dortmunder-Reserve auf die Anreise verzichtet. Am Samstag spielt die erste Mannschaft von Westfalia Hombruch um die Tabellenführung – ein Spiel, dass die „Zweite“ nicht verpassen will und deshalb nicht nach Oeventrop reist. Mit 15:15 Zählern macht die SG Ruhrtal einen Riesenschritt in Richtung Landesliga-Verbleib.
Neue Motivation gefunden
Wettkämpfe bestritt er aber nur mit seinen Handballteams, wechselte mit 23 Jahren zum SSV Meschede, wo er erste Bezirksliga-Erfahrungen sammelte und sich durch Kreisliga-Derbys mit der SG Ruhrtal auch erste Kontakte zu seiner wohl letzten Station ergaben.
Als die Leistungskurve beim SSV immer weiter nach unten ging und Gräbener als Mescheder Spielführer mit 29 Jahren über sein Laufbahnende nachdachte, ließ er sich von seinem Berufskollegen und Ruhrtaler Co-Trainer Rudi Hammer auf ein Probetraining bei der SGR ein und tankte sofort neue Motivation: „Da merkte man große Unterschiede in der Einsatzbereitschaft, machten doch regelmäßig 15, 16 Spieler mit“, beschreibt er seine Begeisterung. Auch die große Kameradschaft im Verein imponierte ihm: „Beim Hausbau in Oeventrop musste ich gar nicht erst nach Hilfe fragen, die Jungs haben sich angeboten und richtig mit angepackt.“
Durch Verletzungspech wieder im Fokus
Das tat Gräbener auch in der Abwehr, denn nach dem Ruhrtaler Aufstieg in die Bezirksliga wurden seine Einsatzzeiten am Kreis immer seltener. Und als Frank Moormann das Team übernahm, drohte ihm sogar das Ende in der ersten Mannschaft, gehörte er doch zu den vier Akteuren, die nach der Saisonvorbereitung aussortiert worden waren. Aber wie bei Biggermann war es das Verletzungspech, das ihn wieder in den Fokus rücken ließ.
Und Moormann erkannte rasch, wie unangenehm das energische Zupacken von Gräbener für gegnerische Angreifer ist. Auch nach der Umstellung auf eine offensivere Deckungsarbeit blieb Gräbener gesetzt. Es gab aber auch für ihn Momente des eigenen Torjubels. Beim temporeichen Testspiel in Soest brachte er die Kugel viermal im gegnerischen Netz unter, sein Highlight aber waren zweifelsohne die beiden späten Treffer, die er beim 28:26 über Spitzenreiter Halingen erzielte. Ein Ende für seine Handballkarriere hat sich Gräbener noch nicht gesetzt. „So lange es Spaß macht, bleibe ich dabei.“