Sauerland. Mädchenfußballmannschaften sind im Hochsauerlandkreis eher Ausnahme als Regel. Es gibt aber auch Positivbeispiele mit Vereinen mit Vorreiterrolle
„Der Spaßfaktor ist noch viel wichtiger als bei den Jungs“, weiß Ingo Olschewski, der sich seit 2018 für den Mädchenfußball bei der FSV Bad Wünnenberg/Leiberg einsetzt. Der Verein im Kreis Paderborn grenzt direkt an das Sauerland und hat über 40 Mitglieder in seinen zwei Mädchenmannschaften – darunter auch drei Mädels aus dem HSK.
Der Erfolg führt aus dem Sauerland
Wer als talentiertes und fußballbegeistertes Mädchen den nächsten „Karriereschritt“ gehen will, muss das Sauerland verlassen. Bestes Beispiel ist Nora Willeke vom SV Brilon, die zur neuen Saison in die U17-Bundesliga zum FSV Gütersloh wechselt.
„Wir sind einer von wenigen Vereinen in der Region, die weibliche Jugendmannschaften haben. Dementsprechend groß ist auch unser Einzugsgebiet“, sagt Olschewski. Der Polizeihauptkommissar hatte seiner Tochter vor rund dreieinhalb Jahren beim Fußballspielen in der Mini-Jugend zugeschaut und kam gemeinsam mit einer Mutter auf die Idee, eine Mädchenmannschaft zu gründen. Zwölf Mädels wurden für einen soliden und sicheren Start gebraucht und nur kurze Zeit später standen ebendiese zwölf Spielerinnen auf dem Platz. „Da war ich schon baff und begeistert“, erinnert sich Olschewski an den erfolgreichen Start.
Den einen oder anderen Dämpfer habe es zwar gegeben, doch mittlerweile gehören die zwei Mädchenmannschaften bei der FSV fest zum Inventar. Die weibliche E-Jugend spielt bei der männlichen F-Jugend mit, trifft dort auf jüngere Gegner. „Gegen gleichaltrige Jungs hätten die Mädchen überhaupt keine Chance. Die körperlichen Unterschiede und die verschiedenen Spielweisen sind gerade in dieser Altersklasse immens“, weiß der Familienvater. Die F-Jugend spielt bei den Minikickern und tritt dort in keiner regulären Liga an, sondern spielt bei regelmäßig durchgeführten Turnieren mit.
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Verstärkung für D-Jugend gesucht
Für die nächste Saison ist eine weibliche D-Jugend in Planung. „Die würden im Kreis Paderborn dann in einer eigenen Mädchenliga spielen“, sagt Olschewski. Um die Mannschaft zu realisieren, braucht der Verein noch Verstärkung von einigen Spielerinnen der Jahrgänge 2009 und 2010. Neben Spaß beim Training seien auch die Freundinnen wichtig, sagt Olschewski. Das beobachtet auch Tobias Baier, U17-Trainer beim TuS Bruchhausen 02. „Gerade bei den jüngeren Mannschaft muss der Spaß im Vordergrund stehen. Der Leistungsgedanke ist zunächst völlig zu vernachlässigen“, sagt Baier.
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Beim Training mit den Mädchen käme es verstärkt auf die „Basics“ an – dribbeln, passen, schießen und grundlegende Taktik. „Viele Jungs spielen in der Schule auf dem Pausenhof oder in ihrer Freizeit auf dem Bolzplatz Fußball und haben die Grundlagen drauf, obwohl sie gar nicht im Verein spielen. Bei den Mädels sieht das oft anders aus“, sagt Tobias Baier. Zudem würden Mädchen weniger oft Fußballspiele im Fernsehen gucken oder auf der Konsole spielen – das mache sich insbesondere beim taktischen Verständnis bemerkbar. „Das ist aber kein Problem, dann erklären wir es ihnen und üben es ein. Schließlich sind wir Trainer genau dafür da“, sieht Baier es pragmatisch. Die Spreu vom Weizen trenne sich ihm zufolge langsam bei der U13. „Der Ehrgeiz steigt und die Lust am Fußball bleibt häufig bestehen.“
Fair und teamorientiert
Baier beschreibt den Mädchenfußball als „sehr fair“ und „teamdienlich“, der Zusammenhalt in den Mannschaften sei gut. Er ist der einzige männliche Trainer bei der weiblichen Jugend, in der U17 wird er von Marina Willeke und Mara Hoffmann aus der Damenmannschaft unterstützt. Vier weibliche Teams kicken beim TuS Bruchhausen 02: Die Damen, die U17, die U13 und die U11, bei der auch schon Mädchen ab fünf Jahren mitspielen können. Seit 2003 stellt der Verein mindestens ein weibliches Team pro Saison. Die Frauen spielen in der Kreisliga A als SG TuS Bruchhausen/TuS Niedereimer und belegen dort nach 14 Spielen mit 42 Punkten den zweiten Rang.
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Mädchenmannschaften sind im Hochsauerland insgesamt jedoch rar gesät. „Für viele Spiele sitzen wir ziemlich lange im Auto und fahren häufig in andere Kreise“, sagt Baier. Vereine wie der SuS Westenfeld, SV Arnsberg 09, SSV Meschede oder TSV Bigge-Olsberg haben derzeit keine Mädchenmannschaften. Auch der FC Neheim-Erlenbruch, der in den vergangenen Jahren viel in die Jugend investiert hat, steht ohne eine weibliche Mannschaft da.
Die Nachfrage entscheidet
Das könnte sich aber nach Ansicht von Jugendleiter Youssef Ahmad künftig ändern. „Die Idee mit einer Mädchenmannschaft hatten wir schon länger. Ein paar Kinder, zum Beispiel Töchter der Spieler oder des Vorstands, hätten wir zusammenbekommen, aber eben kein komplettes Team“, sagt Ahmad. Ein weiteres Argument dagegen sei der Ascheplatz. „Der Platz schreckt ab und ich kann jedes Mädchen verstehen, dass sich lieber für ein Team mit einem Rasen- oder Kunstrasenplatz entscheidet.“
Wenn der FC Neheim-Erlenbruch in Zukunft selbst auf Kunstrasen spielt, dann könne man das Thema Mädchenfußball erneut angehen. „Das hängt natürlich auch vom Zulauf ab, den wir mit dem neuen Platz bekommen“, sagt Ahmad. Wenn die Nachfrage entsprechend groß sei, wäre die Gründung einer Mädchenmannschaft ein logischer Schritt.