Bestwig/Beirut. Der ehemalige Fußballprofi Theo Bücker aus dem Sauerland wohnt seit Jahrzehnten im arabischen Raum – wo Weihnachten intensiv gefeiert wird.
Es ist nicht das Wetter, das man vermuten könnte, wenn man mit jemandem im Libanon telefoniert. 14 Grad und Regen, der Himmel ist verhangen. „Ich kann die Kälte nicht so gut ertragen“, sagt Theo Bücker später im Zusammenhang auf seine eigentliche Heimat im Sauerland. Seit einigen Jahrzehnten wohnt der gebürtige Bestwiger nun im Libanon, zuvor lebte der heute 73-Jährige überall und nirgendwo.
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Ein Weltbürger ist der ehemalige Fußballprofi , der bereits in Nigeria, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten wohnte und nun im Libanon seine neue Heimat gefunden hat. Schöner habe er es noch nie irgendwo gehabt – auch wenn seine Schwiegermutter manchmal sehr streng mit ihm ist.
Dem Fußball hat er nie abgesagt, denn der hat ihn aus dem Sauerland in die große weite Welt gebracht. Noch heute ist er mit einer eigenen Fußballschule, dem „Athletico Sports Club“ als Fußballlehrer aktiv – wobei er als Selbstständiger auch viele administrative Arbeiten übernehmen muss.
Argwöhnische Blicke
Am liebsten aber steht er, auch im gehobenen Alter von 73 Jahren, immer noch selbst auf dem Platz. „Ich liebe diesen Sport einfach“, sagt Theo Bücker. Und das ab dem ersten Tag, als der ehemalige Bundesliga-Profi noch für den TuS Velmede-Bestwig auf dem Platz stand.
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Wobei er mitunter auch etwas argwöhnisch beäugt wurde von seinen Mitspielern. „Die haben immer gesagt, dass ich bescheuert bin“, erinnert sich Bücker. Weil er anders war, weil er stets mehr gemacht als die Mitspieler. „Ich wollte unbedingt in der Bundesliga spielen.“
Rote Erde statt Große Wiese
Und so kam es dann auch. Nach dem er aus Bestwig zum damaligen SuS Hüsten 09, einem Vorgängerverein des heutigen Landesligisten, wechselte, vergingen vier Jahre im Stadion Große Wiese, ehe der BVB auf den lauffreudigen Kicker aus dem Sauerland aufmerksam wurde.
Heute noch erzählt Theo Bücker oft aus diesen Tagen, aus einer Zeit, als der Fußball noch etwas anders war als er es heute ist. „Wenn ich heute nicht so langsam wäre, könnte ich vermutlich immer noch Landesliga spielen“, sagt er. Das Auge für die Mitspieler oder die Fähigkeit einen Gegenspieler zu verteidigen habe er nie verlernt – die Fußballer von heute aber schon. „Es wird ja nur noch im Raum verteidigt“, sagt er.
Ihm sei allerdings nicht bekannt, dass der Raum jemals ein Tor erzielt habe. Genau das versucht er heute auch den jungen Menschen beizubringen, die in seiner Fußballschule das Kicken lernen. „Aber das wichtigste ist, dass die Spieler den Spaß am Sport leben. Das tun die Menschen hier im Libanon mehr als in Deutschland“, sagt Bücker.
Wüste statt Wiesn
Er kann diesen Vergleich ziehen. 235 Mal lief er in der Bundesliga auf, nach vier Jahren in Dortmund ging es für Bücker weiter zum MSV Duisburg. Fünf Jahre verbrachte er im Ortsteil Meiderich, ehe ihn ein gewisser Dettmar Cramer aus der Betonwüste Ruhrgebiet in die richtige Wüste nach Saudi-Arabien lockte. Und das obwohl eigentlich ein sehr interessantes Angebot für ein Engagement beim absoluten Branchenprimus vorlag. „Franz Beckenbauer und Dettmar Cramer sind damals nach Duisburg gekommen und haben mich überzeugt, zum FC Bayern zu wechseln“, erinnert sich Bücker.
Doch es kam alles anders. Cramer wechselte zu Al-Ittihad. Dschidda statt München. Bücker folgte und spielte drei Jahre in Saudi-Arabien ehe es für ihn wieder nach Deutschland ging – zum nächsten Verein im Ruhrgebiet. Der FC Schalke 04 sicherte sich die Dienste von Bücker, inzwischen 33 Jahre alt. Der Verein war gerade in die zweite Liga abgestiegen, mit Bücker ging es prompt wieder hoch in die Erstklassigkeit, ehe es nach einem Jahr in der Bundesliga wieder abwärts ging. Mit dann 35 Jahren beendete Bücker seine aktive Karriere in Deutschland, seine Zukunft sollte fortan im Nahen Osten liegen.
Zwischen Mittelmeer und Hochgebirge
Bücker trainierte Nationalmannschaften, Teilnehmer am afrikanischen Champions League-Finale und zahlreiche Vereine in Ägypten, Libyen und seiner heutigen Heimat Libanon. In dem kleinen Land an der Mittelmeerküste zwischen Israel und Syrien lebt er bis heute mit seiner Frau Solange Mehanna in einem Vorort von Beirut. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie schön es hier ist“, sagt Theo Bücker. 500 Meter Luftlinie sind es bis zum Mittelmeer, das er von seinem Haus aus sehen kann. Im Hinterland liegen das Libanongebirge mit einigen Gipfeln jenseits der 2000 Meter-Marke.
Wen er will, so sagt Bücker, sei es ihm möglich den Vormittag am Strand und den Nachmittag im Schnee zu verbringen. „Von mir zuhause bis zum Stadion sind es fünf Grad Temperaturunterschied“, sagt er über seine neue Heimat.
Eine Heimat, die ihm in den deutschen Medien deutlich zu schlecht dargestellt wird. Die Probleme innerhalb des Landes sind ihm bekannt, sicher fühle er sich dort aber trotzdem. „Ich habe hier in zwanzig Jahren noch nie einen Schuss aus einer Waffe gehört“, sagt er. Vor allem die Lage in einer Region mit vielen Rohstoffvorkommen sorge immer wieder für kritische Situationen. „Weil das Ausland hier für Unruhe sorgt“, sagt Theo Bücker.
Katholischer als das Sauerland
An den Feiertagen, die Bücker mit seiner christlichen Familie feiert, soll diese Unruhe aber kein Thema sein. Im Libanon leben viele Religionen, auch das Christentum mit seinen Bräuchen rund um das Weihnachtsfest bilden einen nicht unerheblichen Anteil an der Gesellschaft. Und dort wird die Kirche laut Bücker auch noch deutlich intensiver gelebt, als das im Sauerland der Fall ist.
Was ihm auch schon einmal zum Verhängnis wird. „Meine Schwiegermutter meckert schon einmal, wenn ich sonntags nicht in der Kirche bin“, sagt er. Seine Frau hingegen habe Verständnis dafür, schließlich ist er an vielen Sonntagen im Jahr im Namen des Fußballs, für Bücker auch eine Art von Religion, unterwegs. „Das ist immer eine gute Ausrede“, sagt er und lacht.
Geschenke als Geste
An Weihnachten aber wird auch im Libanon kein Fußball gespielt. Es wird gefeiert, streng katholisch. „Das ist hier deutlich ausgeprägter als im Sauerland“, findet Bücker. Es drehe sich nicht alles um Geschenke, viel mehr stünde hier noch der eigentlich Grund des christlichen Festes im Vordergrund. „Geschenke sind eher eine Geste“, sagt er.
Als sich das Gespräch dem Ende nähert, kommt Theo Bücker wieder auf seine Wurzeln zurück. Bis heute hat er eine Wohnung in Meschede, wo er bei seinen Besuchen im Sauerland weilt. „Wenn das Wetter gut ist, ist das Sauerland wunderbar“, sagt er. „Ich liebe es dort.“ Bei seinem letzten Besuch in diesem November aber sei das Wetter wieder einmal mies gewesen. 14 Grad und Regen gibt es eben überall.