Sauerland. Bei der Europameisterschaft kämpft der Däne Christian Eriksen auf dem Platz um sein Leben. Amateurfußballer im HSK sind irritiert und geschockt.

Wenn der Fußball in den Hintergrund rückt: Bei der Europameisterschaftder Profis hat sich beim Gruppenspiel zwischen Dänemark und Finnland am Samstagabend, 12. Juni, ein Drama abgespielt. Dänemarks Star Christian Eriksen (29) kollabierte kurz vor dem Ende der ersten Halbzeit der Partie ohne Fremdeinwirkung auf dem Spielfeld in Kopenhagen und verlor das Bewusstsein.

Der Regisseur wurde auf dem Platz wiederbelebt, während seine Mitspieler ihn vor neugierigen Blicken abschirmten, bangten und teils hemmungslos weinten. Die Dänen verloren die zuvor lange unterbrochene Partie ohne Eriksen mit 0:1 – doch viel wichtiger: Dem dänischen Star geht es besser. Das EM-Drama hat Amateurfußballer aus dem Hochsauerlandkreis schockiert. Sie erklären, ob sie bei einem solchen Vorfall weitergespielt hätten.

Vorfall um Eriksen: EM-Spiel trotzdem fortgesetzt

Obwohl er die Begegnung Dänemark gegen Finnland etwa 700 Kilometer entfernt von Kopenhagen gemeinsam mit seiner Frau auf der heimischen Couch im TV verfolgt hatte, zeigte sich Ulrich Diekmann, Fußball-Abteilungsleiter des TuS Oeventrop, „geschockt und paralysiert“. Dass die Partie nach dem schlimmen Vorfall und einer fast zweistündigen Unterbrechung nicht abgebrochen, sondern nach dem vermeintlichen Wunsch der Spieler beider Teams – und auch dem Wunsch Christian Eriksens – fortgeführt worden war, verstand der Oeventroper nicht. Offenbar war die einzige Alternative gewesen, die Partie am Sonntag, 12 Uhr, weiterzuspielen. Diekmann: „Es erscheint mir sehr zweifelhaft, dass überhaupt jemand eine gute Entscheidung für die Fortsetzung treffen konnte. Abstand zu solchen Ereignissen ist für alle hilfreich.“

Genauso ordnete auch Jannik Erlmann, Torhüter und Co-Trainer des Fußball-Bezirksligisten TuRa Freienohl, die Lage rund um das EM-Spiel ein. Das dänische Team habe „emotional eine Extremsituation durchgemacht und hat keine Zeit bekommen, um diese zu verarbeiten. Ich glaube nicht, dass die Spieler vom Kopf her frei und in der Lage waren, das Spiel auf dem nötigen Niveau weiterzuspielen“. Die Entscheidung, die Begegnung nach der Unterbrechung fortzusetzen, sei aus seiner Sicht „falsch“ gewesen.

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Nachhaltig beschäftigt haben die Ereignisse auch Franz Pfeil, Vorsitzender des SV Bachum/Bergheim. „Die UEFA hätte den Teams und allen voran Christian Eriksen die Entscheidung abnehmen müssen, ob weitergespielt wird, oder nicht. Dass die Spieler schützend einen Kreis um Eriksen gebildet haben, war genau richtig und ein wichtiges Zeichen, respektvoll mit der schwierigen Situation umzugehen“, sagte Pfeil. Der SV Bachum/Bergheim habe sich in den vergangenen zwei Wochen bereits besser auf ähnliche Notfälle eingestellt: „Im Notfall zählt jede Sekunde. Deshalb haben wir nun einen Defibrillator am Sportplatz in Bachum montiert. Natürlich hoffen wir, dass er nie zum Einsatz kommen muss.“

So beziehen HSK-Kicker klar Stellung

Viele Fußballfans, aber auch Kommentatoren und Experten zeigten sich überrascht und teils entsetzt darüber, dass die lange Zeit unterbrochene EM-Begegnung in Kopenhagen im Anschluss überhaupt fortgesetzt worden war. „Man hat dann sicher überall seine Gedanken, aber nicht beim Fußball. Leistung kann man dann keine mehr erbringen“, sagte Benjamin „Schatten“ Sauer, Fußballer des Bezirksligisten SV Oberschledorn/Grafschaft.

Er selbst habe einen ähnlichen Fall in der Vergangenheit als Jugendspieler erlebt. „Da hatte ein Mitspieler von mir auf dem Platz einen Anfall. Das Spiel wurde natürlich abgebrochen – keiner von uns wäre im Stande gewesen, da weiterzuspielen“, sagte Sauer.

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Dass das Spiel in Kopenhagen nach dem Vorfall und Ausnahmezustand rund um Christian Eriksen nicht abgebrochen worden war, konnte auch Stephan Kersch, Vorsitzender des Bezirksligisten TuS Rumbeck, nicht nachvollziehen. Sollte etwas Vergleichbares in einer Partie eines Teams seines Vereins mit einem Rumbecker Spieler passieren, „dann sehe ich da jedenfalls keine andere Möglichkeit als einen Abbruch. Ich glaube, da würden wir sogar auf Punkte verzichten. Nach so einem Vorfall kann sich kein Spieler mehr auf den Fußball konzentrieren“.

Wer „weiche Knie und Gänsehaut“ hat

Jannik Jaschewski, Sportlicher Leiter des A-Kreisligisten SuS Westenfeld, war froh darüber, dass er als Spieler nie in einer ähnlichen Situation mit einem Mitspieler gesteckt habe. Ob man dann aber weitergespielt hätte? „Ich glaube, das kann keiner beurteilen, der so etwas nicht selbst mitgemacht hat. Ich kann es mir aber nur schwer vorstellen, nach so einem Vorfall noch mal am selben Tag auf den Platz zurückzukommen“, sagte Jaschewski.

Als er die Bilder aus Kopenhagen im TV sah, „hatte ich selbst weiche Knie und Gänsehaut am ganzen Körper“, so Lukas Gebhardt, Stürmer des Landesligisten SV Hüsten 09. „Dass die dennoch weitergespielt haben, ist meiner Ansicht nach heftig gewesen. Wenn so etwas einem Mitspieler von mir passieren würde, dann würde ich ganz klar nicht weiterspielen.“

Er sei der Meinung, dass „die Gedanken in so einer Situation dann immer bei der betroffenen Person liegen“, erklärte Tobias Walter, Trainer des A-Kreisligisten SV Bachum/Bergheim. Käme er selbst in eine ähnliche Lage, „fände ich es unverantwortlich, weiterhin an Fußball zu denken“.