Waregem/Arnsberg. Belgien, die Coronakrise, Sauerland, Konkurrenzkampf, Träume, Prägendes: Was Eike Bansen, Profifußballer aus Voßwinkel, zu diesen Themen sagt.
Plötzlich war erst mal Schluss. Stillstand. Kein Training, kein Spiel, kein Wettbewerb. Für einen Fußballprofi eine äußerst unbefriedigende Situation – und für den Voßwinkeler Eike Bansen, Torhüter des belgischen Erstligisten SV Zulte Waregem, eine besonders bittere. Schließlich hatte sich der 22-Jährige gerade ins Tor seiner Mannschaft gekämpft und mit guten Leistungen überzeugt.
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Dann kam die Coronakrise, die in Belgien so schlimm wütet, dass das deutsche Nachbarland derzeit die vergleichsweise höchste Todesrate der Welt hat. Fußballprofi Bansen versucht „weiter positiv zu bleiben“ – und lädt insbesondere im heimischen Voßwinkel die Akkus auf – auf ganz besondere Art und Weise.
Eigeninitiative macht sich bezahlt
Als diese Zeitung Eike Bansen telefonisch erreicht, weilt er indes gerade für ein paar Tage in Norddeutschland. In Oldenburg lebt seine Freundin Sophie, die ebenfalls Sauerländerin ist und gebürtig aus Arnsberg-Herdringen stammt. „Wir freuen uns darauf, ein entspanntes Wochenende miteinander zu verbringen. Dafür ist aktuell mehr Zeit als sonst“, sagt Bansen und lacht.
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Ausgerechnet in seiner neuen belgischen Wahlheimat wütet das Coronavirus besonders heftig. „Vor allem Alten- und Pflegeheime sind betroffen, auch ein großes, das in Waregem liegt“, erzählt er. Abgesehen davon fühle er sich in der beschaulichen 38.000-Einwohner-Stadt Waregem, in der er allein in einer Wohnung lebt, äußerst wohl.
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In der Region Flandern wird Flämisch gesprochen, das stark dem Niederländischen ähnelt. Eike Bansen hat sich die Sprache mit der Lern-App „Babbel“ angeeignet. „Und mir hat ein nettes älteres Ehepaar geholfen, das nebenan wohnt. Dort muss ich Flämisch sprechen und das tut mir sehr gut“, erzählt Bansen und schmunzelt.
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Ohnehin sei das Leben in Belgien – ohne Coronakrise – zumeist unkompliziert. „Es ist für mich eine super Erfahrung, im Ausland zu spielen und zu leben, vor allem als junger Profi. Man lernt viele neue Kulturen kennen und kriegt insgesamt einen ganz anderen Blick für viele Dinge“, sagt der Torhüter. Das liegt auch am bunt durchgemischten Kader bei Zulte Waregem: Belgier, Norweger, der Deutsche Bansen, Franzosen, Ghanaer – hier tummeln sich viele Nationen. Bansen: „Die Umgangssprache im Verein ist größtenteils Englisch, in der Mannschaft wird aber auch Französisch, Niederländisch und Flämisch gesprochen. Ich komme mit Englisch und Flämisch gut zurecht.“
Eike Bansen und die Konkurrenz im Kasten
Ehe die Coronakrise den Profifußball in Belgien lahmlegte und zum Abbruch der Jupiler Pro League – der erste Abbruch einer Profiliga in Europa – führte, hatte sich Bansen den von ihm angestrebten Platz im Team erkämpft – als Stammtorwart zwischen den Pfosten.
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Er profitierte auch von einer Ellenbogenverletzung seines Kontrahenten, des erfahrenen Belgiers Sammy Bossut (34), der unter anderem 2014 als dritter Torwart der belgischen Nationalmannschaft an der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien teilgenommen hatte – als Deutschland den Titel holte. „Sammy und ich kommen gut miteinander aus, sind aber Konkurrenten. Wir pushen uns beide zu guten Leistungen. Mir als junger Torwart bringt es viel, einen erfahrenen Kollegen im Team zu haben. Trotzdem will ich in naher Zukunft natürlich dauerhaft spielen“, sagt Bansen.
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Vier Ligaspiele in Serie bestritt der Voßwinkeler zuletzt. Die Ausbeute war mit zwei Unentschieden und zwei Niederlagen eher mager. Zusammengerechnet sechs Mal stand Bansen in dieser Saison bislang in der Liga für Zulte Waregem im Tor – und kassierte 18 Treffer. Drei Tore im Schnitt pro Spiel. „Klar, die blanke Statistik spricht da erst mal nicht unbedingt für mich“, sagt er und lacht. Dass der junge Keeper gleichwohl einen guten Job machte, bescheinigte ihm nicht nur Trainer Francky Dury, der ihn im Tor behielt. „Der Verein hat mich außerdem zum Spieler des Monats Februar gekürt. Darüber habe ich mich sehr gefreut“, verrät Bansen.
Was er im Sauerland erlebt
Sein Start in Waregem sei nicht leicht gewesen, das gibt Bansen freimütig zu. „Ich habe viel auf der Bank gesessen. Jetzt aber habe ich meine Chance genutzt und weiter überzeugen“, betont er. Die abgebrochene Saison, über deren weitere Entwicklung die UEFA und der belgische Fußballverband sprechen, sei für das Team und ihn „eine Achterbahnfahrt" gewesen: „Unter anderem sind wir richtig schlecht gestartet, hatten dann aber auch wieder gute Phasen.“ Dass der SV Zulte Waregem als Tabellenneunter von 16 Mannschaften die Playoffs verpasste, sei ärgerlich gewesen.
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Die aktuell in Belgien schwierigen Zustände mit noch strikteren Ausgangsbeschränkungen als in Deutschland muss Eike Bansen noch nicht aus nächster Nähe erleben. Er verbringt besonders viel Zeit in seiner Heimat Voßwinkel, dem „Dorf der schlauen Füchse". Bei seiner Familie kann Bansen abschalten und kam jüngst zu einer überraschenden Erkenntnis. „Es ist verrückt: Mit meinen Eltern habe ich festgestellt, dass ich so lange und oft wie aktuell nicht mehr zu Hause war, seit ich mit zwölf Jahren 2010 zum BVB gewechselt bin“, sagt Bansen und lacht. Die Zeit präge ihn nun sehr. „Man verfällt in alte Kindheitsmuster. Wir machen beispielsweise alle zusammen Stockbrot im Garten oder unternehmen gemeinsame Fahrradtouren, nachdem wir vorher die Fahrräder wieder flott gemacht haben“, so der 22-Jährige.
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Er sei glücklich darüber, „dass ich hier meine Akkus aufladen kann“, freue sich aber ebenso darauf, dass es bald wieder mit dem Training in Belgien losgehe, wahrscheinlich ab Anfang Mai. Eike Bansen, der sich vor allem mit Stabilisations- und Kraftübungen sowie vom Verein regelmäßig verordneten Läufen (Bansen: „Ich bin sehr gern laufen und challenge mich dabei selbst. Zuletzt in Herdringen war es aber heftig, weil es dort so steil ist“) fit hält, ist seinem Heimatdorf tief verbunden. Er ist Mitglied beim TuS Voßwinkel, bei dem auch sein bester Kumpel Erik Dünschede und Cousin Tjard Weische in der Bezirksliga kicken.
Profi Bansen will mittelfristig in der Bundesliga spielen. „Das ist ganz klar mein Ziel“, sagt er. Ein gutes Omen für weiteren Erfolg könnte da sein Spitzname sein, den Bansen in Waregem innehat. Seine Mitspieler nennen ihn „Mannschaft" -- in Anlehnung an das Synonym „Die Mannschaft“ für das erfolgreiche deutsche Nationalteam. Eike Bansen: „Hätte schlimmer kommen können – Ich bin zufrieden.“
Mit diesem Coach hat Bansen eine „intensive Vergangenheit“
Es habe sich zunächst so angefühlt, „als sei ich der einzige deutsche Profi in Belgien“, erzählt Eike Bansen und schmunzelt. Mittlerweile allerdings arbeiten zwei deutsche Trainer und neben Bansen vier weitere Spieler im deutschen Nachbarland.
Während der ehemalige Hamburger Bernd Hollerbach Coach von Royal Excel Mouscron ist, trainiert Hannes Wolf – zuvor unter anderem Juniorencoach von Borussia Dortmund sowie Trainer der Profimannschaften des VfB Stuttgart und Hamburger SV – mittlerweile den KRC Genk. Der Ex-Stuttgarter Andreas Beck, der bei der vom arabischen Emirat Katar geförderten KAS Eupen aktiv ist, war einst deutscher A-Nationalspieler. In der Jupiler League spielen außerdem noch der vom 1. FC Köln ausgeliehene Lasse Sobiech (Royal Excel Mouscron), der Ex-Duisburger Andreas Wiegel (Waasland Beveren) und der von Union Berlin entliehene Lennart Moser (Cercle Brügge).
Erfreuliches Wiedersehen
Unter den deutschen Profis „kennt man sich“, sagt Bansen. Nach Spielen, in denen man direkt aufeinander trifft, werde ein wenig gequatscht und gefachsimpelt.
Eine besondere Vergangenheit hat der Voßwinkel Profi indes mit Coach Hannes Wolf. Ehe der mittlerweile für den KRC Genk tätige Wolf bei seinen Engagements für den VfB Stuttgart und danach den Hamburger SV in das ganz große Rampenlicht getreten war, hatte er die U17 und U19 des BVB trainiert – und zwei Jahre auch Eike Bansen. „Hannes und mich verbindet eine intensive, erfolgreiche und schöne Zeit“, sagt der Sauerländer.