Sundern-Langscheid. Trainer Julian Schallow erklärt den ungeahnten Höhenflug der Drittliga-Volleyballerinnen des RC Sorpesee. Will der RCS überhaupt in die 2. Liga?

Beim RC Sorpesee ist er ein Urgestein: Julian Schallow. Der Trainer der Drittliga-Volleyballerinnen aus Sundern-Langscheid sucht im Gespräch mit dieser Zeitung nach Gründen für den formidablen Saisonstart des Spitzenreiters mit fünf Siegen aus fünf Partien. Schallow verrät außerdem, ob der Verein überhaupt in die 2. Bundesliga zurückkehren möchte.

Ihre Frau Katharina und Sie sind seit sechs Monaten Eltern einer Tochter. Sie betreiben neben Ihrem Hauptberuf viel Aufwand für die Volleyballerinnen des RC Sorpesee. Lässt sich das alles miteinander vereinbaren?

Julian Schallow: Das ist eine sehr berechtigte Frage. Wir beide finden, dass das geht. Dabei kommt uns aber auch entgegen, dass die kleine Mila genauso ist wie Ihre Mama: agil, reiselustig, neugierig, extrem dickköpfig und robust. (lacht)

Ihr sportliches „Baby“ ist bereits seit vielen Jahren die Volleyballabteilung des RC Sorpesee. Mit der ersten Frauenmannschaft haben Sie nun in der 3. Liga West einen Traumstart hingelegt: Fünf Siege in fünf Partien bedeuten Platz eins. Was sind die Erfolgsrezepte?

Wir hatten eine lange und harte Vorbereitung, die die Mädels an ganz vielen Stellen schon sehr nah zusammenrücken lassen und vor allem auch an ihre Grenzen gebracht hat. Ich glaube dann ist es einfacher, den Teamspirit zu entwickeln, den es braucht, um erfolgreich zu sein. Zudem haben sich einige unserer Spielerinnen extrem schnell entwickelt; sportlich, aber auch menschlich. Wenn man dann noch das verrückte Umfeld hier am Sorpesee dazu packt, ist das eine Mischung, die die Limits einer Mannschaft ganz schnell ordentlich verschieben kann.

Anders als womöglich in den Vorjahren wirkt das Team bislang stets gefestigt und kann – auch gegen starke Gegner – Rückschläge verkraften sowie entsprechend antworten. Stimmt dieser Eindruck?

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Da muss ich mal eine Lanze für alle RCS-Teams der vergangenen Jahre brechen. Ich habe hier mit so vielen großartigen Spielerinnen und Charakteren gejubelt, geschimpft und gestritten. All diese Teams hatten eine Menge Charisma und jede Menge mentale Power. Aber ich gebe schon zu, dass unser aktuelles Team einen ganz außergewöhnlichen Umgang mit Stress und Druck hat. Der Eindruck täuscht nicht. In den entscheidenden Momenten haben wir für ein so junges Team ziemlich viel Vertrauen in die eigene Stärke.

Ihre Frau Katharina und Kirsten Prachtel als Kapitänin sind zu dieser Saison ins Team zurückgekehrt – beide aus einer Babypause. Sind sie mitentscheidende Faktoren für den aktuellen Erfolg?

Auf jeden Fall. Die beiden sind in der Kombination ganz sicher eine der besten Annahme-Lebensversicherungen der Liga. Man sollte nicht unterschätzen, wie viel Sicherheit man gewinnt, wenn die Basics im Spiel einfach verlässlich klappen. Außerdem muss ich den beiden ein ganz persönliches Kompliment machen, wie sie diese Situation bewältigen. Es geht ja nicht nur um „ihre“ beiden kleinen Mädels zuhause, die sie voll mitversorgen müssen, sondern auch darum, wie sie mit den viel jüngeren Mädels im Team umgehen. Wir haben hier Spielerinnen, die sind halb so alt wie die beiden, und erzählen ihnen dennoch am Mannschaftsabend einen Witz nach dem andern. Wenn man dann auch noch von Herzen mitlachen kann, ist man definitiv mittendrin statt nur dabei.

Waren Sie selbst davon überrascht, Topteams wie die SF Aligse und die SSF Fortuna Bonn zu bezwingen?

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Wenn man sich Ausgangslage vor diesen beiden Spielen anschaut, dann musste man schon ein ziemlicher RCS-Optimist sein, um zwei Siege vorherzusagen. Ich hatte zweimal auf ein 3:2 für uns getippt. Wer mir aber sechs Punkte prophezeit hätte, den hätte ich wohl als ziemlich vermessen abgestempelt. Es ist ein wirklich gutes Gefühl, wenn das eigene Team einen nach 20 Jahren als Trainer noch überraschen kann.

Welche jungen Spielerinnen haben sich schnell in den Fokus gespielt und überzeugen womöglich früher als erwartet in der 3. Liga?

Es ist ziemlich offensichtlich, dass die beiden Senkrechtstarter der Vorsaison, Bonnie Bastert und Laura Kemper, nun voll angekommen sind – auf und neben dem Feld. Mit den Umstellungen vor der Saison ist die Leistung der beiden vielleicht auch noch etwas entscheidender geworden. Es gibt diesen Typ von Spielerin, der Vertrauen aufsaugt und zurückzahlt. Allgemein ist die Entwicklung bei sehr vielen im Kader positiv. Alexandra Sharipov beispielsweise ist sehr schnell angekommen in der Runde und spielt klasse. Die Jüngeren wie Hanna Fleischer und Marie Metger arbeiten sich immer besser rein ins Spiel. Wir können diese Entwicklung gerne fortsetzen.

Die Saison hat noch viele Herausforderungen zu bieten. Wie realistisch ist der Aufstieg und damit eine Rückkehr in die 2. Liga?

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Das können wir nach 20 Spielen gerne nochmal besprechen. (lacht) Ich finde wir sind gut gestartet und haben bislang auch – was die Ergebnisse angeht – überzeugt. Aber auch wenn wir schon weit gekommen sind, müssen wir weiterarbeiten. Unser Ziel ist also auch ein Sieg im sechsten Spiel (die Partie beim SC Union Emlichheim II findet am Samstag, 26. Oktober, um 20 Uhr statt, Anm. d. Red.).

Zuletzt hat mit dem USC Münster II der Drittliga-Meister aus finanziellen Gründen auf die 2. Liga verzichtet. Würde der RC Sorpesee den Aufstieg verwirklichen, wenn sich das Team sportlich qualifizierte?

Nun ja, wir sind nicht der USC Münster, der seine Gründe gehabt haben wird. Eine zweite Mannschaft in einem Verein ist manchmal auch schwieriger zu promoten. Aber wir hier beim RCS sind im Sauerland und das ganze Umfeld steht voll hinter dem Team. Unsere Aufgabe ist es nicht, Träume zerplatzen zu lassen, sondern den Mädels die Chance zu geben, diese zu leben. Sportliche Perspektive ist das Einzige, das bei so einer Entscheidung zählen sollte.