Neheim. Jeder zweite Deutsche leidet unter Rückenschmerzen. Auch Angebote zur Wirbelsäulengymnastik sollen diese Beschwerden lindern . Ein Einblick.

Volkskrankheit Rückenschmerzen: Jeder zweite Deutsche ist laut einer Umfrage davon betroffen. Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen oder die Beschwerden zu lindern, dafür sorgen unter anderem Wirbelsäulengymnastik-Angebote. Fabian Ampezzan (Bild), Mitarbeiter der Sauerlandsport-Redaktion, nimmt an einem solchen Angebot schon seit sechs Jahren im Fitnessstudio „Friends“ in Neheim teil.

Kein Kaffeekränzchen

Vergangener Samstag kurz vor 11 Uhr. Der große Übungsraum ist wieder einmal gut besucht. Auch Uli Mayer, Trainer des Fußball-Bezirksligisten TuS Langenholthausen, und ich sind unter den Anwesenden. Wir unterhalten uns noch ein wenig über den vergangenen Spieltag. Doch Kaffeekränzchen ist nicht angesagt, sondern Wirbelsäulengymnastik. Nach einer Operation am Spinalkanal am Rücken im November 2017 besucht TuS-Coach Mayer seit mehr als einem Jahr bis zu dreimal die Woche die Wirbelsäulengymnastik. „Mein Arzt hat mir dazu geraten, da ich meine Rückenmuskulatur zur Stabilisation stärken musste“, erzählt der 51-Jährige.

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Mehr als zehn Angebote für die Wirbelsäule finden wöchentlich von Montag bis Samstag statt und werden gut angenommen. Die Altersstruktur der Teilnehmer erstreckt sich von 17 bis über 80 Jahre. „Dass Wirbelsäulengymnastik nur etwas für ältere Menschen ist, das ist durchaus ein Klischee. Rückenprobleme sind keine Frage des Alters, sondern oftmals eine Frage der Physis des Betroffenen“, sagt Stefanie Plümper-Little, Inhaberin des Fitnessstudios „Friends“ und ergänzt: „In den vergangenen Jahren haben wir einen vermehrten Zulauf, da sich das Gesundheitsbewusstsein der Menschen verändert hat. Sie wollen mehr für sich tun, um gesundheitlichen Problemen vorzubeugen.“

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Die Probleme der Teilnehmer sind sehr vielschichtig. Entweder sind es angeborene Erkrankungen wie Skoliose und Morbus Scheuermann (Wachstumsstörung der Wirbelsäule) oder auch Probleme mit der Hals- und Lendenwirbelsäule. Grund dafür sind häufig einseitige Bewegungen, sitzende Tätigkeiten und körperlich belastende Berufe. Durch die Gymnastik wird Kraft aufgebaut und die Muskulatur verkrampft nicht mehr so schnell.

Spielerische Einheiten

Um Punkt 11 Uhr kommt unsere Übungsleiterin in den Raum. Es kann losgehen. Zunächst steht bei fetziger Musik das Aufwärmen auf dem Programm. Der Körper soll auf die kommende Belastung vorbereitet werden, um Verletzungen vorzubeugen. Dazu werden beispielsweise Elemente aus der Aerobic genommen, um das Blut im Körper besser zu verteilen und dadurch alle Muskeln zu erwärmen. Außerdem werden neben klassischen Übungen, wie zum Beispiel Kniebeugen, auch spielerische Einheiten mit Tennisbällen genutzt. Das Aufwärmen hat nach Aussage von Stefanie Plümper-Little aber noch einen weiteren wichtigen Grund: „Es geht es darum, dass die Teilnehmer auch mental ankommen. Sie sollen sich im Kopf auf die Stunde einlassen und nicht weiter ihren Tag planen und grübeln. Mit vollem Kopf ist nicht gut turnen.“

Nach knapp 15 Minuten ist die Aufwärmphase beendet. Während Uli Mayer mich angrinst, habe ich nur ein müdes Lächeln auf den Lippen. Denn ich weiß, was nun wieder ansteht. Der Hauptteil wartet und es geht ans Eingemachte. In diesem gut 25-minütigen Abschnitt geht es vor allem um die Kräftigung der gesamten Rumpfmuskulatur, aber auch des gesamten Körpers. Dafür werden mehrere Übungen auf dem Bauch, auf der Seite und dem Rücken absolviert. Durch die regelmäßig wechselnden Übungsleiter je Kurs variieren die Übungen. Besonders gerne macht Uli Mayer den Unterarmstütz. „Einfach nur eine tolle Übung, da man sofort merkt, wenn man sie falsch macht und sie zur Kräftigung des gesamten Körpers dient“, teilt Mayer mit. Beim Unterarmstütz werden die Stützmuskulatur in den Schultern, die Bauchmuskeln, der Rückenstrecker und die Beinmuskulatur trainiert.

Cool-Down-Phase

Genug geschwitzt. Der Hauptteil ist geschafft und abschließend kommt der Ausklang, die sogenannte Cool-Down-Phase. Die Teilnehmer sollen sich wieder entspannen. Dazu werden lockere und ruhige Dehnübungen ausgewählt, um zu wieder herunterzukommen.

Nach 45 Minuten ist die Wirbelsäulen-Gymnastik vorbei. TuS-Trainer Mayer und ich machen einen etwas müden, aber zufriedenen Eindruck. Er erzählt mir von seinen Fortschritten durch die Gymnastik: „Vor der Operation war ich sehr eingeschränkt. Nun kann ich wieder meinem Lieblingshobby Joggen nachgehen und bin voll hergestellt.“

Dann sollte für den Coach des Tabellenersten der Fußball-Bezirksliga 4 bald auch ein Jubellauf nach der gewonnenen Meisterschaft kein Problem sein.