Bochum. Der VfL Bochum schließt die Bundesliga-Saison mit einem Minus ab. DFL-Geld fehlt, der Etat wird gekürzt. Marc Lettau muss aus wenig viel machen.
Borussia Mönchengladbach hat die Saison mit nur einem Punkt mehr als der VfL Bochum auf Rang 14 abgeschlossen. Der Bundesligist sei „klamm“, schreibt die Bild-Zeitung. Demnach stünden für Ablösesummen derzeit nur fünf Millionen Euro zur Verfügung. Die Summe steigt bei erhofften Transfererlösen für Kone und Co. Mönchengladbach ist aber noch nicht klamm genug, um den VfL Bochum beim Gehalt für seine Spieler nicht weit zu übertrumpfen. Gladbach verpflichtete nun Kevin Stöger; ablösefrei, aber mit einem Laufzeit-, Gehalts- und Prämienpaket, das Bochum niemals stemmen könnte in absehbarer Zeit.
Auch der VfL hatte dem 30-Jährigen nach dessen überragender Saison ein Angebot unterbreitet, das Bochums Gehaltsgefüge zwar nicht torpediert hätte, womit Stöger aber zum absoluten Topverdiener beim VfL aufgestiegen wäre. So viel hätte beim VfL noch nie ein Spieler verdient, so hört man es. In Mönchengladbach aber erhält er einen Dreijahres-Vertrag plus Option - und kassiert nach unseren Informationen fast das Doppelte pro Spielzeit.
VfL Bochum: Kevin Stöger verdient bei Gladbach das Doppelte
So muss man die Worte von Bochums Finanzgeschäftsführer Ilja Kaenzig, derzeit alleiniger hauptamtlicher VfL-Boss nach dem Rücktritt von Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian, bei der Vorstellung des neuen Trainers Peter Zeidler als klare Warnung an alle einordnen, die zu hohe Erwartungen haben oder schüren.
Drei wesentliche Punkte hätten für Zeidler gesprochen, erklärte Kaenzig. Grob zusammengefasst: herausragende Kommunikation sowie sportliche Expertise und Erfolg vor allem in der Mannschaftsführung waren zwei Punkte. Drittens: „Der VfL Bochum muss immer überperformen“, so Kaenzig mit Blick auf die vierte Mission Klassenerhalt in Folge. Die „Akzeptanz der Realität“ habe ebenfalls für Zeidler gesprochen.
VfL-Sportdirektor Lettau muss aus wenig viel machen
Auch in dieser Transferperiode wird der derzeit federführende Sportdirektor Marc Lettau mit wenig Geld auskommen müssen. Dabei müssen nach bisher zehn Abgängen, denen wie berichtet weitere folgen werden, zahlreiche Zugänge das Team verstärken. Der Gesamtetat des VfL soll in dieser Saison möglichst auf Vorjahres-Niveau landen (rund 40 Millionen Euro) - wenn alles gut läuft. Derzeit ist noch vorsichtig von zunächst 37 Millionen Euro die Rede, in dieser Summe sind aber bereits einige zu erwartende positive Effekte enthalten. Final beschlossen ist der künftige Etat ohnehin noch nicht, er steht unter anderem auf der Agenda einer Präsidiumssitzung in der kommenden Woche.
Möglich machen sollen bis zu 40 Millionen Euro Etat drei wesentliche Säulen. Erstens: Transfererlöse. Bisher gibt es knapp fünf Millionen Euro brutto vom SC Freiburg für die Verpflichtung von Patrick Osterhage. Weitere nennenswerte Summen könnten Bernardo und Erhan Masovic (beide Vertrag bis 2026/keine Ausstiegsklausel) bringen. Bei beiden Spielern hat der VfL das Heft des Handelns in der Hand.
Spieler mit höheren Marktwerten wie Matus Bero und Moritz Broschinski sollen und/oder wollen beim VfL Bochum bleiben nach derzeitigem Stand, wobei man im Fußball nichts ausschließen sollte. Zudem kann sich der neue Trainer ja auch erst ab Juli ein eigenes Bild machen. Matus Bero etwa spielt noch für die Slowakei bei der Europameisterschaft auf großer Bühne.
Rund 42 Millionen Euro: Rekord beim TV-Geld
Die zweite und wichtigste Säule: das TV-Geld. Wie schon vor Wochen berichtet, rechnet der VfL Bochum in der kommenden Bundesliga-Saison mit einer Rekordsumme von insgesamt etwa 42 Millionen Euro, wobei die Einnahmen aus einigen Säulen des komplizierten Verteilerschlüssels noch nicht exakt feststehen wie etwa beim Nachwuchs (Einsätze von unter 23-Jährigen in der Bundesliga).
Sicher ist: Bochum klettert um einen Rang auf Platz 15 der TV-Geld-Tabelle, liegt vor den Aufsteigern Holstein Kiel, FC St. Pauli und dem FC Heidenheim, der durch die Teilnahme an der Qualifikation für die Conference League aber noch einmal ganz anders planen kann - auch finanziell.
Vision 100plus des VfL Bochum: der Weg stimmt
Die dritte, übergeordnete Säule: steigender Umsatz. „Das Wachstum ist für den VfL Bochum unumgänglich wichtig“, sagte Ilja Kaenzig. Das gilt für alle möglichen Bereiche wie Sponsoring, Merchandising, Vermarktung, Ticketing. Letzteres bleibt im Ligavergleich allein schon aufgrund des kleinen Ruhrstadions auf einem niedrigen Niveau, trotz der Erhöhung der Dauerkartenpreise.
Die meisten Verträge der Sponsoren, insbesondere von Hauptsponsor Vonovia (Trikot und Stadionname), gelten auch 2024/25. Gesteigert werden sollen auch Erlöse aus internationalen Aktivitäten. So ist der VfL unter anderem eine strategische Partnerschaft mit dem kanadischen Erstligisten CFC Pacific eingegangen. Auch in Japan und Vietnam ist man bereits aktiv. Helfen würde natürlich auch der Einstieg eines Investors. Gespräche laufen, aber auch fünf Jahre nach der Ausgliederung gibt es keinen Vollzug.
Rekordumsatz und Rekordgewinn in der Vorsaison
Letztlich soll der Umsatz weiter erhöht werden nach dem Rekordergebnis im Geschäftsjahr 2022/23 - die genauen Zahlen für 2023/24 liegen noch nicht vor. Die „Vision 100plus“ (100 Millionen Euro Umsatz) bleibt bestehen, die Lücke zu Klubs wie Augsburg soll weiter geschlossen werden. 2022/23 erwirtschaftete die entscheidende, ausgegliederte VfL Bochum GmbH & Co. KGaA (Profiabteilung) einen Rekordumsatz von 84,3 Millionen Euro und einen Rekordgewinn von 8,2 Millionen Euro, vor allem dank Transferlösen (rund 16 Millionen Euro für Armel Bella Kotchap, Maxim Leitsch, Sebastian Polter).
Das positive Eigenkapital des Konzerns stieg zum Stichtag 30. Juni 2023 auf 9,3 Millionen Euro. Zum guten Ergebnis trug auch das Erreichen des DFB-Pokal-Achtelfinales bei.
Minus in diesem Geschäftsjahr - Eigenkapital bleibt positiv
Bereits kommuniziert wurde aber, dass der VfL in dieser Saison „all-in“ beim Kader gegangen ist, wie der Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Peter Villis in einer Videorunde mit Journalisten am Dienstag noch einmal erklärte. Der VfL schließt die Saison mit einem Minus ab. Neben höheren Gehaltskosten lag dies vor allem an fehlenden nennenswerten Transfererlösen im Sommer und Winter, zudem am Aus in der ersten DFB-Pokalrunde. Wie hoch das Defizit ausfällt, konnte Villis noch nicht sagen. „Die genauen Zahlen liegen uns noch nicht vor, aber trotz der DFL-seitig angekündigten Nicht-Auskehrung der letzten Rate ist das Eigenkapital definitiv nicht weg“, sagte er.
DFL-Rate für Juni fehlt: VfL will „Problem lösen“
Die fest eingeplanten Zahlungen der Deutschen Fußball-Liga bleiben zunächst aus. In Summe geht es um 80 Millionen Euro für die Erst- und Zweitligisten, die statt im Juni erst im Dezember ausgezahlt werden sollen. Hintergrund ist im Zuge der ausgesetzten Verhandlungen um die neuen TV-Rechte ab der Saison 2025/26 ein Streit zwischen der DFL und dem TV-Sender DAZN, der 50 Millionen Euro nicht zum Fälligkeitstermin überwiesen haben soll. Welche weiteren Partner der DFL ihre vereinbarten Zahlungen noch nicht getätigt haben, ist noch nicht bekannt.
Dem VfL Bochum fehlen damit vorerst rund 2,5 Millionen Euro. „Der VfL hat kein riesiges Festgeldkonto“, erklärte Kaenzig dazu auf Nachfrage dieser Redaktion bei der Pressekonferenz am Dienstag. „Wir werden uns etwas einfallen lassen, um zumindest einen Teil davon zu kompensieren.“
Nur wenige Klubs trifft die fehlende DFL-Rate hart
Wenn eingeplantes Geld in dieser Höhe nicht fließe wie geplant, zähle der VfL zu den wenigen Klubs, die das treffe - er meinte damit wohl zudem Vereine wie Köln und Darmstadt. „Andere Vereine sind im internationalen Geschäft, haben große Transfers, große Umsätze, sie trifft die Zahlungsverschiebung nicht so“, meinte Kaenzig.
Der Finanzchef ist aber optimistisch, „Lösungen zu finden. Die ausbleibende Zahlung ist für uns nicht schön. Aber der VfL wird trotzdem Möglichkeiten haben, einen wettbewerbsfähigken Kader zu stellen. Es wird nicht am fehlenden DFL-Geld scheitern, und wird werden auch nicht mit dem Finger auf die DFL zeigen.“
Fazit: Transfererlöse und Pokal-Sieg helfen VfL Bochum sehr
Unterm Strich bleibt: Bochum muss weiterhin aus wenig viel machen, um die Liga zu halten. Zumal die Ex-Trainer Thomas Letsch und Jan Fießer sowie Ex-Geschäftsführer Patrick Fabian (auf niedrigem Gehaltsniveau) weiterbezahlt werden müssen. Der VfL Bochum sollte daher weitere Transfererlöse erzielen, um mehr Handlungsspielraum für den zukünftigen Kader zu haben. Und er sollte dafür auch die erste Pokalrunde im DFB-Pokal überstehen.
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