Bochum. Anthony Losilla spricht im Interview über die Gründe für seine Vertragsverlängerung, das Duell gegen den BVB, Bochum und Makoto Hasebe.
In der vergangenen Wochen verlängerte Anthony Losilla seinen Vertrag beim VfL Bochum um ein weiteres Jahr. Um den Altersrekord in der Bundesliga zu knacken, müsste aber Makoto Hasebe bei Eintracht Frankfurt seine Karriere beenden. Grund genug, um einmal nachzufragen, ob sich der VfL-Kapitän schon beim Japaner erkundigt hat, wann das geschieht. Zudem spricht Losilla über das Ruhrgebiet und das Duell gegen Borussia Dortmund.
Anthony Losilla, haben Sie sich schon die Telefonnummer von Makoto Hasebe besorgt?
Nein. Ich weiß nicht mal, ob er mich überhaupt kennt. (lacht) Ich bin beeindruckt davon, dass er mit 40 Jahren noch in der Bundesliga spielt und in der vergangenen Saison auch im Europapokal. Ich habe ihm deshalb gern zu seinem Geburtstag gratuliert. Hasebe ist für mich ein Vorbild und hat meinen größten Respekt für das, was er leistet.
Der Altersrekord ist für Sie also kein Thema? Dafür müsste Makoto Hasebe langsam mal seine Karriere beenden…
Ich weiß gar nicht, ob ich so stolz darauf wäre, der älteste Spieler der Bundesliga zu sein. Ich will lieber der Spieler sein, der bis zuletzt seine Leistung bringen kann. Aber der Altersrekord könnte auch eine coole Sache für mich sein – wenn ich bis dahin gut spiele (lacht).
Deshalb haben Sie mit bald 38 Jahren also noch einmal den Vertrag verlängert?
Mir macht alles noch sehr viel Spaß, egal ob Spiel oder Training. Die tägliche Arbeit mit meinen Mitspielern, mit dem Trainerteam, das ist Luxus für mich. Ich will das nicht missen, ich mache das seit Jahren. Warum sollte ich das jetzt sein lassen, nur weil ich ein gewisses Alter erreicht habe? Ich weiß jetzt schon, dass es für mich schwierig wird, wenn ich die tägliche Arbeit nicht mehr habe. Deshalb spiele ich einfach weiter (lacht). Natürlich geht das nur, weil mein Körper das noch mitmacht.
Losilla spricht über den Einfluss seiner Frau auf seine Karriere
Merken Sie, dass Ihr Körper anders reagiert als noch vor einigen Jahren?
Ich würde gern nein sagen. Nach intensiven Spielen brauche ich etwas länger, um mich wieder zu erholen. Mein Körper reagiert aber immer noch gut auf die Belastung. Ich höre zudem besser auf ihn. Wenn ich eine Pause brauche, dann nehme ich mir diese auch. Wir haben das Glück beim VfL Bochum, dass wir einige Athletik-Trainer haben und somit auch individueller arbeiten können.
Sie spielen gern Fußball, der Verein weiß, was er an Ihnen hat. Von welcher Seite ging der Impuls zur erneuten Vertragsverlängerung aus?
Wir hatten bei der letzten Vertragsverlängerung eine beidseitige Option ausgearbeitet. Von daher war klar, dass wir uns unterhalten werden. Das war für März geplant. Die Verantwortlichen kamen aber schon vor der Winterpause auf mich zu und haben mir gesagt, dass ich sehr wichtig für den Verein und die Mannschaft bin. Nach einem weiteren Gespräch Anfang Januar war dann schnell klar, dass der Verein die Option ziehen will. Damit war ich natürlich sehr einverstanden.
Hatte Ihre Frau Mitspracherecht?
Natürlich! Sie kennt mich sehr gut und weiß, dass ich ehrgeizig bin und weiter Fußball spielen will. Sie kommt damit auch gut zurecht, was mir wirklich wichtig ist. Sie muss mich ja ertragen, wenn ich mal nach Spielen schlecht drauf bin oder es mal nicht so gut läuft. Ich bin dankbar, dass meine Familie mich seit Jahren unterstützt und ich Fußball spielen darf.
War auch der Standort Bochum für Sie ausschlaggebend?
Ich bin seit fast zehn Jahren in Bochum, die Kinder sind hier groß geworden, sie haben alle ihre Freunde hier. Mein Sohn spielt hier Fußball, meine Tochter tanzt Ballett. Wir fühlen uns hier sehr wohl. Bochum ist Heimat für uns geworden. Diese Stadt transportiert Werte, die ich selbst vertrete. Bochum ist eine Malocherstadt, ich bin ein Malocher. Das passt. Und Bochum hat eine große Ähnlichkeit zu meiner Heimatstadt.
Sie identifizieren sich mit der Region, wissen also auch um die Bedeutung des Spiels am Sonntag gegen Borussia Dortmund. Wie blicken Sie persönlich auf das Revierderby?
Als langjähriger Zweitligaspieler bin ich stolz, mich mit solchen Mannschaften vergleichen zu können. Dortmund ist im Vergleich zum VfL Bochum immer noch der größere Verein. Ich weiß, was dieses Spiel für die Fans bedeutet, das haben sie uns letzte Woche nach dem Sieg gegen Stuttgart schon mit auf den Weg gegeben. Dieses Spiel ist wichtig für die Stadt, für den Verein – und natürlich auch für uns als Spieler. Unsere Bilanz ist in der Bundesliga gegen den BVB zuletzt gar nicht schlecht gewesen. Wir haben dort nichts zu verlieren.
Für solche Spiele ist Erfahrung sicher wichtig. Wie sehr sind Sie im Vorfeld der Partie als Führungsspieler gefragt?
Ich werde den Jungs mit auf den Weg geben, dass wir ohne Druck da spielen. Die müssen den „kleinen“ VfL Bochum schlagen, wir können nur überraschen. Mit unserem aggressiven Fußball können wir sicher dagegenhalten. Wir sind gut genug, um uns eigene Chancen zu erarbeiten, das haben wir in den vergangenen Wochen gezeigt. Jedem Spieler ist klar, dass es ein tolles Erlebnis ist, bei Borussia Dortmund in dem großen Stadion zu spielen.
Der BVB hat im Winter Jadon Sancho zurückgeholt, hat einen Kader, der deutlich teurer ist als der des VfL Bochum. Gucken Sie manchmal neidisch die paar Kilometer gen Osten?
Nein, Neid ist nichts für mich. Ich bin stolz darauf, welchen Weg wir beim VfL Bochum eingeschlagen haben. Dass der Unterschied zwischen uns und dem BVB noch groß ist, ist kein Geheimnis. Wir bleiben in Bochum bodenständig. Wir haben andere Prämissen, andere Qualitäten. Wir wissen, wo wir herkommen. Wir müssen weiter stabil arbeiten und Spieler holen, die die richtige Einstellung haben, für unseren Verein zu spielen. Dann können wir uns weiter so gut entwickeln.
Haben Sie Einfluss bei der Suche nach solchen Spielern? Immerhin sind Sie Kapitän und Identifikationsfigur.
Der Trainer und die Verantwortlichen tauschen sich schon mit mir aus. Aber sie wissen sehr genau, welche Qualität und Mentalität für diesen Verein wichtig sind. Das hat uns in den letzten Jahren stark gemacht. Jeder Spieler gibt alles für diesen Verein. Das muss so bleiben. Jedem ist klar, wie es hier läuft.
Wie lange werden Sie in Bochum noch die Leitfigur sein?
Das lasse ich offen. Vor drei Jahren wollte ich unbedingt meine erste Bundesliga-Saison spielen. Jetzt stehe ich immer noch als Stammspieler auf dem Feld. Ich genieße jeden Moment. Wenn es die letzte Saison sein wird, dann wird es so sein. Ansonsten müssen wir nächstes Jahr nachverhandeln (lacht).