Gelsenkirchen. Drittletzter gegen Letzter: Am Freitagabend trifft der FC Schalke 04 in der 2. Bundesliga nach einer schwierigen Woche auf den VfL Osnabrück.
Bevor der FC Schalke 04 am Freitagabend in der 2. Bundesliga auf den VfL Osnabrück trifft (18.30 Uhr/Sky), steht alles im Zeichen der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute. Der Ruhrkohle-Chor wird auf dem Rasen das Steigerlied singen, nur Handy-Lichter erhellen die Arena, erinnern an den Bergbau, die Geschichte, die Kumpel, die Malocher – es könnte alles so ruhrpott-romantisch, so erhaben sein. Doch die Königsblauen brauchen aktuell selbst eine Schutzpatronin. Schalke gegen Osnabrück, das heißt auch: Drittletzter gegen Letzter. Das heißt: Abstiegskampf. Das heißt: Furcht vor der Dritten Liga, dem Fall ins Bodenlose. Das heißt: Explosionsgefahr bei den Schalkern unter den 62.000 Zuschauern, wenn das Spiel nicht nach Wunsch laufen sollte.
Die Stimmung auf Schalke ist so schlecht, dass der in den vergangenen Jahren überstrapazierte Begriff „tiefster Tiefpunkt“ nicht mehr reicht, vor allem die schwache erste halbe Stunde beim 3:5 in Düsseldorf vor einer Woche hinterließen bei den Verantwortlichen, dem Trainerteam, den Spielern und nicht zuletzt den Fans Schockwirkung. In offenen Briefen baten Mannschaft und Bosse um Unterstützung, sie bettelten fast sogar. Mit Erfolg?
Osnabrück-Trainer setzt auf Unruhe im Schalke-Publikum
Es scheint sicher, dass die harte Fanszene rund um die Ultras Gelsenkirchen vor dem Spiel protestieren wird – wie, darüber gibt es viele Gerüchte: Bleiben sie in den ersten Spielminuten der Kurve fern? Hängen sie ihre Fahnen kopfüber auf? Gibt es eindeutige Plakate? Stellen sie die Unterstützung für ein paar Minuten ein? Pfeifen sie, wenn die Mannschaft zum Aufwärmen den Platz betritt? Sicher scheint nur, dass die Zündschnur sicher sehr kurz sein wird, dass Schalkes Team schon ab der ersten Minute nach vorne spielt. Die mögliche Unruhe des Schalker Publikums ist ein wichtiger Bestandteil des Matchplans von Osnabrücks neuem Trainer Uwe Koschinat: „Wir müssen mit einer hohen Selbstverständlichkeit und Selbstbewusstsein ins Spiel gehen – so dass es möglichst etwas mit dem Publikum und dann mit der Schalker Mannschaft macht.“
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Schalkes Trainer Karel Geraerts wirkte in dieser Woche zuweilen wie einer, der sich fragte, wo er da vor sechs Wochen hineingeraten ist. Bei seiner letzten Station Union St. Gilloise in Belgien konnte er in Ruhe arbeiten, das Stadion fasste nur 9400 Zuschauer, stetig ging es bergauf, bis ins Europa-League-Viertelfinale. Und auf Schalke? Schon nach sechs Wochen musste er einen Spieler für eine Woche aus dem Kader werfen, Thomas Ouwejan hatte sich in Düsseldorf respektlos verhalten. Und in der Pause dieses Spiels nahm Sportdirektor André Hechelmann dem Trainer das Wort und brüllte die Spieler an.
Von sechs Pflichtspielen unter Geraerts’ Leitung hat Schalke vier verloren, in Karlsruhe (0:3) komplett sowie in den ersten 30 Minuten gegen Elversberg (1:2) und eben in Düsseldorf auch noch mit blamablen Leistungen. Noch in Düsseldorf nahm sich der Trainer vor, Abläufe zu verändern, Trainingseinheiten, auch die Aufstellung. „Am Montag haben wir uns alle ausgesprochen, einen Tag später die große Videoanalyse gemacht“, sagte Geraerts über den Verlauf der Woche. Gerade die ersten Minuten der Trainingseinheiten habe er umgestellt. „In den letzten beiden Spielen waren die ersten 25, 30 Minuten das Problem. Es geht darum, mit welchem Mindset wir ins Spiel gehen. Die Intensität und die Bereitschaft, gegen den Ball zu spielen, war eine Katastrophe“, sagte Geraerts. Deshalb habe er darauf geachtet, dass gerade zum Start der Trainingseinheiten die Einstellung nicht „comme ci, comme ca“ (französisch für so la la) gewesen wäre.
Und Änderungen in der Startelf deutete er auch an. Rechtsverteidiger Cedric Brunner ist nach sechswöchiger Verletzungspause wieder fit und drängt zurück ins Team. Blendi Idrizi, im Sommer noch auf dem Abstellgleis, dürfte im zentralen Mittelfeld erste Wahl. „Ich mag sein Profil, er will immer den Ball haben“, sagte Geraerts. Und aus der U23 beförderte der Trainer Steven van der Sloot und Jimmy Kaparos. „Sie haben mir gezeigt, dass sie es aktuell verdienen, mit den Profis zu trainieren“, sagte Geraerts.
Es wirkt fast so, als stünde Schalke vor einem Finale, in dem es nicht nur um einen wichtigen Sieg geht, sondern um die Zukunft des Klubs. Kann es doch gelingen, in der gegenwärtigen Konstellation mit einer falsch zusammengestellten Mannschaft und umstrittener Vereinsführung die Wende zu schaffen?
Schalke-Trainer Karel Geraerts weist Wort „Finale“ zurück
Geraerts weist das Wort „Finale“ zurück. „Ein Finale wird am Ende einer Saison gespielt, nicht in der Mitte. Wir wissen, dass wir gewinnen müssen – aber auch am Samstag wird die Sonne aufgehen und wir werden nicht aufgeben“, sagte er. Und vielleicht hilft es ja doch, dass die Fans vor dem Spiel die Heilige Barbara beschwören.