Gelsenkirchen. Früher war André Hechelmann Fan des 1. FC Nürnberg. Nun ist er Sportdirektor von Schalke 04 - heute treffen die Teams aufeinander.
Es gab Zeiten, da stieg André Hechelmann in einen Zug, legte sich einen Schal um den Hals, der bei gleich zwei Vereinen ein Verkaufsschlager ist. Auf der einen Seite steht „FC Schalke 04“, auf der anderen „1. FC Nürnberg“. Hechelmann, Club-Fan, fuhr die weite Strecke nach Gelsenkirchen, brüllte wie alle anderen auch den Sprechchor „Schalke und der FCN“ mit; das Ergebnis war da nebensächlich. Wenn die Königsblauen am Samstag (13 Uhr/Sky) in Nürnberg antreten, ist dies auch für Hechelmann ein ganz besonderes Spiel.
Denn inzwischen ist er 39 Jahre alt, hat seinen Geburtsort Karlstadt, der bei Würzburg liegt, verlassen – und ist seit Juni Sportdirektor der Königsblauen. „Durch die Fanfreundschaft mit Nürnberg gab es die Verbindung zu Schalke bei mir schon immer“, sagte er einmal.
Aktuell aber kann sich Hechelmann Nostalgie nicht wirklich erlauben. Und unmittelbar vor dem Spiel bemühte er sich, seine Jugendzeit im Max-Morlock-Stadion nicht zu groß werden zu lassen: „Dass ich aus der Region komme, ist ja bekannt. Für mich zählt nur Schalke, dass wir die Fans mitnehmen, dass wir zeigen, dass wir den nächsten Schritt gehen können.“
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Hechelmann ist durch den Fehlstart unter Druck geraten, bemüht sich gerade um eine Imagekorrektur. Er ist ein freundlicher Mann, einer, der trotz seines Amtes weiter im Schalke-Hoodie durch Gelsenkirchen spaziert – aber einer, dem zu Beginn keiner so recht zutraute, knallhart am Verhandlungstisch zu sein oder bei einer schlechten Leistung sauer in die Kabine zu stürmen und so zu brüllen, dass die Wände wackeln. Seine Rhetorik war zuvor sehr simpel, das Motto: „Bloß nicht anecken“. Die Fakten sprachen nicht für ihn – von den Sommer-Zugängen überzeugte nur Torwart Marius Müller voll, und der ist gerade verletzt. Hechelmann arbeitet trotzdem an sich, bemüht sich um Klartext-Sätze, auch wenn ihm das nicht immer gelingt.
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Härte demonstrierte er zum Beispiel, als er bekanntgab, dass Assan Ouédraogo nur für wenige Tage zur U17-WM fliegen darf: „Schalke steht an oberster Stelle.“ Klartext-Forderungen oder polternde Kritik sind seine Sache aber nicht. „Wir müssen die physische Komponente nach vorne bringen“, sagte er neulich auf eine Frage nach fehlender Fitness der Mannschaft. Er hätte auch „Ja, die Jungs sind nicht fit, das sieht ja jeder“ sagen können.
Seit drei Tagen ist Hechelmann auch als Vorgesetzter für einen besonderen Mitarbeiter gefragt. Seine eigene ehemalige Stelle als Chefscout ist nach einem halben Jahr Suche nachbesetzt, Christoph Kresse (31) hat begonnen. „Wir sitzen viel zusammen, bereiten ein paar Ideen vor, die wir dann mit dem Trainer besprechen werden. Chris hat sich viele Gedanken gemacht, er weiß, was es hier braucht. Das hat habe ich schon gemerkt“, sagte Hechelmann. Außer Kresse gibt es noch vier weitere festangestellte Scouts auf Schalke. Die erste Prüfung folgt im Januar, wenn die Winter-Transferperiode ansteht und Hechelmann den aktuell ausbalancierten Kader umbauen muss.
Schalke-Trainer Geraerts: "Fünf Sekunden genießen"
Bis dahin sind es aber noch knapp zwei Monate. Am Samstag, eine Viertelstunde vor dem Anpfiff, wird er aber, jede Wette, voller Melancholie ins weite Rund des Stadions blicken. Die Ultra-Fangruppen der beiden Klubs haben seit Wochen eine riesengroße Choreographie vorbereitet, extra dafür Fanschals anfertigen lassen. Das Motto: „Das Beste, was es gibt auf der Welt.“
Schalke-Trainer Karel Geraerts sagte etwas offensiver als Hechelmann, wie sehr er sich freut: „Die Spieler sollen das fünf Sekunden genießen, bevor sie sich auf das Spiel konzentrieren.“ Hechelmann singt vielleicht in Gedanken „Schalke und der FCN“ mit. Wie früher.