Gelsenkirchen. . Fußball-Zweitligist Schalke 04 hat gute Halbjahreszahlen präsentiert. Doch die Fans interessiert längst eine ganz andere Frage.
Christina Rühl-Hamers hatte sich das wochen-, gar monatelang so schön ausgemalt. Ein Bild des Optimismus, eitel Sonnenschein über dem FC Schalke 04, diese Botschaft sollte vom 24. Oktober ausgehen. Als die Finanzvorständin des abgestürzten Zweitligisten dann aber aus dem Fenster blickte, sah sie strömenden Regen – und was sie zu verkünden hatte, zum ersten Mal schwarze Zahlen seit 2018, ging hinter einer anderen Frage komplett unter: Ist Schalke, aktuell Drittletzter und mit fünf Punkten Rückstand zum rettenden Ufer, auf die Dritte Liga vorbereitet?
Schalke macht 9,3 Millionen Euro Gewinn
Natürlich war Rühl-Hamers präpariert, hatte ihre Antwort sehr wohl überlegt. „Ich kann die Frage total gut verstehen, sie ist auch berechtigt“, sagte sie. „Eins ist klar: Grundsätzlich war es in der Vergangenheit nicht das Standardszenario, das wir geplant haben. Aber natürlich beschäftigen wir uns mit der Situation, schauen sie uns an und berechnen ganz seriös, was das für Schalke bedeuten würde. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen.“
In welchem Spagat sich Schalke gerade bewegt, zeigte das, worüber Rühl-Hamers eigentlich deutlich lieber reden wollte. Das erste Halbjahr 2023 schloss Schalke mit 9,3 Millionen Euro Gewinn im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 ab. Die Gesamtverbindlichkeiten sanken auf rund 165 Millionen Euro, das negative Eigenkapital von rund 109 auf 100 Millionen Euro. Die Umsatzerlöse stiegen von rund 55 auf 81 Millionen Euro, die Sponsoringeinnahmen von 19 auf 22 Millionen Euro. So weit, so gut – Trendwende geschafft?
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Nein. Denn der Vergleich hinkt etwas: Im ersten Halbjahr 2022 spielte Schalke in der Zweiten Liga, teilweise galt der Corona-Lockdown. So gut die Zahlen jetzt sind: Durch das aktuelle Zweitligajahr werden sie schlechter. Nach dem miserablen Saisonstart ist ein erneutes Jahr Zweitklassigkeit wahrscheinlich. Die nur knappe Steigerung im Sponsoring ist zudem kein Grund zu prahlen. Wichtige Sponsoringverträge enden im Juni 2024. Rühl-Hamers schob das auf die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland, sie weiß aber, dass Versäumnisse von Ex-Vorstandschef Bernd Schröder zu der schlechten Bilanz erheblich beigetragen haben.
Keine Tabus bei möglichem Schalker Abstieg
In einem anderen Bereich war Rühl-Hamers, die häufig als Sparkommissarin bezeichnet wird, die auf vorhandenem Geld hocken würde, weniger zimperlich. Die Verantwortung für den Abstieg reichte sie an die Sportliche Leitung weiter. „Wir sind mit einem Lizenzspielerbudget von rund 40 Millionen Euro in die Mission Klassenerhalt gegangen. Leider ist es uns trotz dieser Voraussetzungen und starker Rückrunde nicht gelungen, sie erfolgreich abzuschließen“, sagte sie. Das Budget der aktuellen und kommenden Saison sei konkurrenzfähig genug, um aufsteigen zu können: „Sollte der direkte Wiederaufstieg nicht gelingen, wird der Verein auch 2024/2025 einen Lizenzspieleretat im oberen Drittel der Klubs der 2. Bundesliga vorweisen können.“ Das Szenario Dritte Liga, so scheint es, nimmt auf Schalke gerade keiner so richtig ernst. Ein Derby gegen Borussia Dortmund II? Das mag sich keiner vorstellen. Die Bundesliga ist nach wie vor im Blickfeld.
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Doch wenn Schalke absteigt, gibt es keine Tabus mehr, um den Verein zu retten – so viel steht jetzt schon fest. Fast 400 Mitarbeiter würden selbst in der Bundesliga oberes Drittel bedeuten. Schalke besitzt noch Catering- und Marketingrechte. In einem Nebensatz des Konzernberichts heißt es in einem verschachtelten Satz: „Die stillen Reserven verschaffen dem Verein Handlungsoptionen, die von Seiten des Vorstands geprüft werden.“ Die stillste Reserve ist die Arena, die dem Verein gehört – und ebenfalls zu Geld gemacht werden könnte, sollte der schlimmste Fall eintreten.
Schalke hat Mini-Budget für Winter-Transfers
Das zu verhindern, ist die Aufgabe von Sportvorstand Peter Knäbel. Deutliche Worte fand er im Gespräch mit dieser Zeitung: „Die Tabelle zeigt die sportliche Realität. Es geht in diesem Moment einzig und allein darum, den Punkteabstand auf die Nichtabstiegsplätze zu verringern. Bis zur Winterpause ist jeder einzelne, insbesondere die Spieler aufgefordert, an jedem einzelnen Spieltag das Maximale aus sich herauszuholen – für den Verein, für die Mitarbeitenden und auch für sich selbst.“ Er vertraut dem neuen Trainer Karel Geraerts: „Die sportliche Führung hat und wird ihm die volle Unterstützung für alle Maßnahmen geben, die er als notwendig ansieht. Und eines steht dabei auch fest: Es wird keine Tabus geben. Das zählt für alle im Profileistungszentrum.“ Am Samstag kommt Hannover 96 (13 Uhr/Sky). Knäbel: „Die Mannschaft ist mit aller Deutlichkeit und unmissverständlich dazu aufgefordert, unsere Fans und die Arena zurückzugewinnen.“
In der Wintertransferperiode stellt Rühl-Hamers ein kleines Budget für Transfers zur Verfügung, das steht schon fest. Die Dritte Liga ist eben das große Horrorszenario.
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