Hamburg. . Was für ein Auftakt zur neuen Zweitliga-Saison: Der HSV und Schalke lieferten ein Spektakel, das die Königsblauen mit 3:5 (2:1) verloren haben.
Aus den Tiefen des Internets wurde dieser Tage ein Filmchen hervorgekramt, dank dem es den Anhängern des FC Schalke 04 ganz warm ums Herz wurde. Es zeigte eine zehn Jahre alte Spielszene: das Abschiedsspiel des großen Raúl, des Königlichsten aller Spanier, der nach einem Querpass aus kurzer Distanz ein Tor erzielte. Bemerkenswerter war aber die Entstehung, weil der junge Julian Draxler sich den Ball – links vorm Tor stehend – mit dem rechten Fuß auf die linke Hacke geschnippt und mit dem Rückspiel Raúl bedient hatte. Ein Moment, an den sich jeder Schalker gerne erinnert.
Schalke beim Hamburger SV heute live im Ticker
HSV - Schalke 5:3
Die Chancen stehen gut, dass sich die Fans der Gelsenkirchener eines Tages an den 28. Juli 2023 genauso gut erinnern werden. Denn es war der Abend, an dem ein besonderes Juwel der Knappenschmiede ein unvergessliches Profidebüt erlebte. Assan Ouedraogo ist erst vor gut zwei Monaten 17 Jahre alte geworden, aber eben eines der größten Talente des Landes. Warum, das zeigte der 1,92 Meter große Schlaks zum Auftakt der Zweitligasaison beim Hamburger SV: ein eleganter Haken, die Gegenspieler ins Leere fliegen lassen und treffsicher zum 1:1 abschließen. Der Teenager löste Draxler damit übrigens als jüngster Pflichtspiel-Torschütze der königsblauen Historie ab und unterstrich, welche Freude er Schalke noch bereiten kann. Selbst wenn die Mannschaft von Trainer Thomas Reis mit dem 3:5 (2:1) erst einmal eine Auftaktpleite verdauen muss.
Ein unglaubliches Spektakel boten Schalke und der HSV in dieser Eröffnungspartie, die von den Namen der Mannschaften, der Stimmung unter den 57.000 Zuschauern und so einigen Spielszenen her viel mehr wie Bundesliga als Zweite Liga anmutete. Ouedraogo hatte in der 22. Minute den Rückstand durch Robert Glatzel (17.) ausgeglichen, Thomas Ouwejan in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit die Begegnung mit dem 2:1 auf den Kopf gestellt. Denn was Schalkes neuer Torhüter Marius Müller alles an Glanzparaden zeigen musste, war überragend. Aber auch Ausdruck einer fahrlässigen S04-Abwehr, die Schalke am Ende alle drei Punkte kostete. Ibrahima Cissé – ebenfalls ein Schalker Profidebütant – zupfte an Glatzels Trikot, den fälligen Foulelfmeter verwandelte Benes abgebrüht zum 2:2 (56.). Nur vier Minuten später überlupfte derselbe Torschütze Müller zur erneuten HSV-Führung. Aber Schalke hat ja einen echten Zweitliga-Knipser: Simon Terodde, in der Bundesliga-Abstiegssaison nur fünfmal erfolgreich, schob nach starkem Pass von Ron Schallenberg zum 3:3 (66.) ein. Nachdem Cissé in 71. Minute noch Gelb-Rot gesehen hatte, machte Glatzel und Jean-Luc Dompé in der finalen Minute der Nachspielzeit (90 + 8) den Wahnsinn perfekt.
„Ich bin nicht mutig, weil ich weiß, was er draufhat“, begründete Thomas Reis seine Entscheidung, Ouedraogo von Beginn an zu bringen. Der U-19-Europameister ist die Entdeckung der Vorbereitung, soll im offensiven Mittelfeld zentral für entscheidende Momente sorgen. Auch Sportvorstand Peter Knäbel ermutigte den Youngster: „Er hat nichts zu verlieren, aber alles zu gewinnen.“
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Für Ouedraogo persönlich fühlte sich das Debüt wie ein Sieg an – für das Unentschieden müssen sich die Schalker eigentlich beim Fußballpapst bedanken. Der HSV trat ohne seine nominelle Abwehrreihe an – den wackeligsten Eindruck des ganzen Abends machte aber die königsblaue Defensive. Timo Baumgartl, am Mittwoch für die Innenverteidigung verpflichtet, aber noch nicht auf dem Spielberichtsbogen, wird voraussichtlich schnellstmöglich spielbereit gemacht. Chancen en masse hatten die Hamburger, die endlich in der sechsten Saison der Zweiten Liga wieder entkommen wollen. Bei den besten trieb Marius Müller Glatzel (5.), Immanuel Pherai (18./30.) und Levin Öztunali (37.) an den Rand der Verzweiflung.
Für das erste Heimspiel der Saison am nächsten Samstag gegen den 1. FC Kaiserslautern muss Schalkes Abwehr dringend stabiler werden. In der zweiten Halbzeit, die bei beiden Trainern lauter Kopfschütteln hervorrief, setzte sich das wilde Hin und Her fort, vor seinem 3:3-Ausgleich wurde Terodde noch wegen Abseits ein weiterer Treffer aberkannt. Auf der anderen Seite die gleiche Situation bei Glatzel; und Müller schaute chancenlos hinterher. Glatzel verdarb den Schalkern aber noch die Stimmung.