Gelsenkirchen. Große Euphorie vor dem Start: Über 33.000 Fans sehen Generalprobe der Königsblauen, 50.000 kommen zum Schalke-Tag.
Momente lieferte dieses Wochenende viele. Momente, die beweisen, dass die Fans des FC Schalke 04 den Schock des Abstiegs in die 2. Fußball-Bundesliga überwunden haben, dass sie euphorisch sind.
Momente, die aber auch zeigen, dass der Zustand des königsblauen Dauerrausches anhält, ein Zustand, der nicht unbedingt etwas mit sportlichen Leistungen zu tun hat. Schalke feiert sich sich selbst, findet sich selbst klasse – und zelebrierte das am traditionell so wichtigen letzten Wochenende vor dem Saisonstart in gewohnter Manier.
Weitere News zum FC Schalke 04:
- Schalke 04: Warum Peter Knäbel die Fans um Geduld bittet
- Schalke-News: 1860 München holt ehemaligen S04-Transferflop
- HSV - Schalke: So schätzt Dennis Aogo seine beiden Ex-Klubs ein
Die Saison beginnt am Freitag mit dem schwierigen Auswärtsspiel beim Hamburger SV (20.30 Uhr/Sat.1). Schalkes Fans strömten am Wochenende in Scharen zur Arena. Über 33.000 Zuschauer sahen das Testspiel gegen den niederländischen Erstligisten FC Twente Enschede (2:2) am Samstag, über den Sonntag verteilt kamen 50.000 zum Schalke-Tag, trotz Dauerregens bei ungemütlichen 17 Grad.
Es war einer dieser Momente am Sonntag, als Gerald Asamoah, Leiter der Lizenzspieler-Abteilung, der Menge zurief: „Es regnet und so viele von euch sind da. Das ist geil!“ Asamoah schnappte sich gemeinsam mit dem Schalker Betreuerstab das Mikrofon und schmetterte das Vereinslied „Blau und weiß, wie lieb ich dich.“ Singen gegen den Regen. Königsblaue Folklore.
40.000 verkaufte Dauerkarten
Allein ein subjektiver Eindruck ist die Schalker Euphorie aber nicht. Der Boom lässt sich beziffern. Seit dem Abstieg am 27. Mai stieg die Mitgliederzahl um mehrere Tausend auf 174.000 an, wie Schalke betonte. Der Heimbereich ist in den ersten acht Heimspielen ausverkauft, bei 40.000 verkauften Dauerkarten stoppte Schalke den Verkauf. Da noch kein Hauptsponsor feststeht, bedruckte der Klub 15.000 Trikots mit dem Schriftzug „Schalke 04“.
Wenige Tage nachdem sie in die Läden kamen, seien alle vergriffen, sagte der Vorstandsvorsitzende Bernd Schröder am Schalke-Tag – wohltuender Applaus für Schröder, dem die Suche nach einem Hauptsponsor zuweilen den Schlaf raubt. Auch die Zuschauerzahl beim Testspiel am Samstag hob Schröder hervor: „Fast 34.000 Zuschauer – das sind mehr, als andere Vereine im Saisondurchschnitt haben.“
Greiml erleidet Kreuzbandriss
Einige spezielle Momente hatte es schon am Samstag gegeben – auch hier vor allem auf den Rängen. Die Fangruppen der Schalker und des FC Twente sind befreundet, die Teams wurden von den gegnerischen Fans beklatscht, ein rundum gelungener Nachmittag?
Beim 2:2 (2:2) trafen Kenan Karaman und Simon Terodde für Schalke, aber es gab auch schlechte Nachrichten. Sportlich lief nicht alles rund, die ersten 20 Minuten gingen komplett daneben. Und Innenverteidiger Leo Greiml zog sich einen Kreuzbandriss im rechten Knie zu. Personell, sagte Trainer Thomas Reis, sei sein Team in der Abwehr in Unterzahl. Zugänge? „Wir arbeiten daran“, sagte er. Timo Baumgartl (PSV Eindhoven) ist Kandidat Nummer eins, soll so schnell wie möglich kommen.
Viel Applaus für Terodde
Aufmunternder Applaus für Leo Greiml am Sonntag – auch das waren wichtige Momente. Wobei der lauteste Beifall zwei anderen Spielern gehörte: Torjäger und Kapitän Simon Terodde und Talent Assan Ouedraogo. Schalke boomt, der erfahrene, 35 Jahre alte Terodde, und der 17-jährige Ouedraogo sind aktuell zwei entscheidende Gesichter des sportlich und finanziell abgestürzten Klubs, der sich nach alter Größe sehnt, dem die Zweitklassigkeit aktuell nicht zu schaden scheint.
„Das macht mich unheimlich stolz“, sagte Terodde in einer auf der großen Bühne aufgezeichneten Sonderfolge des WAZ-Podcasts fußball inside über die Ernennung zum Kapitän, deren Basis eine teaminterne Wahl war. Die Fans haben Terodde die durchwachsene Bundesligasaison verziehen.
Nachwuchs-Talent wird "toll aufgenommen"
Während Terodde die Ovationen routiniert zur Kenntnis nahm, schien Ouedraogo überrascht von den Momenten des Beifalls zu sein. Schalkes Medienabteilung schirmt das Talent von der Öffentlichkeit ab, lässt keine Interviews mit ihm zu. Auf der Bühne sagte er ein paar Worte, er sei toll aufgenommen worden. Sein Vater sei es gewesen, der unbedingt wollte, dass er zu Schalker geht. Neun Jahre sei das her.
Königsblaues Fan- und Familienfest
Doch hält die Euphorie auch, wenn der Ball in der Zweiten Liga rollt? Wenn Schalke nicht mehr auf den FC Bayern und Borussia Dortmund trifft, wie es das Selbstverständnis des Klubs ist? Zu den ersten sechs Gegnern gehören Holstein Kiel, der 1. FC Magdeburg und der SV Wehen Wiesbaden. Das ist die Realität. Sportvorstand Peter Knäbel warnte: „Es ist noch niemand am ersten Spieltag aufgestiegen.“ Noch so ein Moment.