Wolfsburg. Borussia Dortmund ist weiter auf der Suche nach Konstanz. Der Coach ist gefordert, will er nicht bald wieder in die Kritik geraten.
Nico Schlotterbeck grübelte etwas. Natürlich wollte man eine gute Auswärtspartie am Dienstag zeigen, denn das ginge ja einher mit einer aussichtsreichen Ausgangsposition für das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League. „Wir müssen zeigen, dass wir bereit sind“, meinte der Innenverteidiger von Borussia Dortmund.
Dann kam der 24-Jährige jedoch zur Gewissheit, dass er final noch nicht beantworten könne, ob die Erfahrungen aus 2023 helfen, ernüchternde Auftritte wie am Samstagnachmittag beim VfL Wolfsburg (1:1) abzuschütteln. „Die Frage kannst du mir am Dienstag gerne noch mal stellen“, antwortete Schlotterbeck und grinste.
BVB nun gegen PSV Eindhoven in der Champions League
Dann tritt der BVB ja bei der PSV Eindhoven an (21 Uhr/Prime), und es böte sich die Gelegenheit, mal wieder eine Reaktion zu zeigen. Wie schon während der höchst erfolgreichen Gruppenphase im vergangenen Jahr, als sich gute bis sehr gute Königsklassen-Auftritte unter sehr viel Durchschnitt im Bundesliga-Alltag mischten.
Gewissheit aber hatte Schlotterbeck darin, dass es beim Tabellenführer der niederländischen Eredivisie „ein ganz anderes Spiel“ wird als in der Autostadt. Da nämlich mussten sich die Dortmunder mal wieder auf Spurensuche begeben, warum es erneut nicht gelang, konstant die eigene Spielphilosophie durchzubringen.
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„Zu passiv“ sei seine Mannschaft geworden, beklagte Trainer Edin Terzic. „Wir haben es nicht geschafft, aus den vielen Ballbesitzphasen Torchancen herauszuspielen, und im letzten Drittel gefährlich zu werden.“ Nach dem frühen Führungstor durch Niclas Füllkrug (8.) verlor der BVB im Laufe der Partie zunehmend den Rhythmus, auch bedingt durch zahlreiche von Fans verursachte Unterbrechungen. Sportdirektor Sebastian Kehl wurde deutlich in seiner Analyse: „Man muss der Mannschaft heute ein Stück weit vorwerfen, dass wir in manchen Phasen das Spiel nicht weiter kontrolliert haben, dass wir auch arrogant gespielt haben, teilweise nicht konsequent genug waren im Zweikampf.“ Zu viel „Hacke, zu viel Spitze“ habe er gesehen und obendrein noch leichtsinnige Ballverluste.
BVB: Fortschritte und Rückschläge wechseln sich ab
Und damit stand der Auftritt in Wolfsburg in einem Widerspruch zu jenem in der Vorwoche gegen den SC Freiburg (3:0). Da zeigten die Dortmunder eine ihrer stärksten Spiele in dieser Saison. „Vor einer Woche sind wir noch hochgelobt worden. Es ist nicht alles schlecht“, sagte Schlotterbeck. Fakt jedoch ist, dass den BVB seit Wochen dieselben Themen beschäftigen. Leichter Fortschritt ist zwar erkennbar, der Jahresstart ist mit Blick auf die Punkte-Bilanz gelungen. Auch die Defensive steht nun stabiler, wenngleich die Wolfsburger sich einige Chancen erspielen konnten.
Allerdings hat man weiterhin regelmäßig Probleme, ans spielerische Limit zu gelangen, die individuelle Klasse muss häufig strukturelle Defizite kaschieren. Mal ein Remis in Wolfsburg oder Heidenheim, mal ein deutlicher Sieg. Vielleicht ist genau das gerade das Leistungsvermögen jener Mannschaft, die Anspruch und Wirklichkeit nur selten vereint. Terzic ist nun gefordert, dies zu beheben. Sonst dürfte auch der Trainer wieder stärker in die Kritik geraten. Die erneute Qualifikation für die Königsklasse jedenfalls wird kein Selbstläufer werden.
BVB-Gegner PSV Eindhoven ist in Spitzenform
Insbesondere, weil die bisherigen Bundesliga-Gegner allesamt in der unteren Tabellenhälfte anzusiedeln sind. In der PSV Eindhoven mit dem ehemaligen BVB-Coach Peter Bosz wartet nun ein echter Gratmesser auf Dortmund. Die PSV ist noch ungeschlagen (62 Punkte in 22 Spielen), begeistert mit rasanten Offensivfußball, der schon zu 70 Toren geführt hat, sowie mit aggressivem Pressing. Letzteres hat zuletzt immer wieder die Mängel des BVB im Spielaufbau offengelegt. „Wir wissen, dass Eindhoven eine sehr starke Mannschaft ist“, sagte Kehl am frühen Abend in Wolfsburg. „Wir müssen uns gut darauf vorbereiten und werden auf der Busfahrt gleich den Blick nach vorne werfen.“ Er wolle „vollen Einsatz, volle Fokussierung sehen und auch jeder einzelne muss eine richtig gute Leistung zeigen“, so Kehl. „Das ist das Ziel.“
Für einen Viertelfinal-Einzug winkt dem BVB eine Prämie in Höhe von rund zehn Millionen Euro und eine Menge Reputation. Zuletzt erreichte er in der Corona-Saison 2020/2021 die Runde der letzten Acht und schied gegen Manchester City aus. Drei Jahre zuvor war gegen die AS Monaco Schluss, das Viertelfinale war damals vom Bombenattentat auf den Mannschaftsbus überschattet worden.
„Jeder freut sich extrem“, kündigte Torwart Gregor Kobel im Hinblick auf die beiden Duelle mit dem Henkelpott-Gewinner von 1988 an. Das bezweifelt niemand. Offen ist nur, welches Gesicht der BVB zeigen wird.