Dortmund. Der Stürmer integriert sich immer besser ins Dortmunder Spiel. Seine eigene Quote ist noch ausbaufähig - was aber nicht an ihm liegt.
Es dürfte nicht das vorrangige Ziel der Spielplantüftler in Frankfurt gewesen sein, noch einmal böse Erinnerungen zu wecken. Aber zum Jahresende wird Borussia Dortmund noch einmal in den Mai zurückbefördert: erst ein Auswärtsauftritt beim FC Augsburg an diesem Samstag (15.30 Uhr/Sky), anschließend, am Dienstag (20.30 Uhr/Sky), ein Heimspiel gegen Mainz 05. Genau die Konstellation also, die dem BVB im Frühjahr die Meisterschale einbringen sollte, aber in einer Tragödie endete.
„Uns betrifft das Hier und Jetzt“, meinte Trainer Edin Terzic am Freitag. „Es sind völlig andere Voraussetzungen, es sind andere Spieler auf dem Platz und bei beiden kommenden Gegnern andere Trainer auf der Bank.“
BVB: Niclas Füllkrug gilt als Hoffnungsträger
Einer dieser anderen Spieler ist Niclas Füllkrug. Einer, der durch seine Unbekümmertheit dazu in der Lage ist, Optimismus zu verbreiten – und Vergangenheitsbewältigung zu betreiben. Ein Attribut, das eher Teenager-Fußballern zugeschrieben wird als gestandenen Profis. Niclas Füllkrug (30) aber ist als Spätstarter jemand, dem man abnimmt, noch immer zu staunen, wenn die Champions-League-Melodie erklingt und wenn er vor den Augen 81.365 Fans ins Stadion einläuft.
Dass der BVB den Angreifer kurz vor Ende der Sommer-Transferperiode von Werder Bremen abgeworben hatte, war auch ein Signal an schwarz-gelbe Herzen gegen den Beinahe-Meister-Kater. Füllkrug, die Nummer neun der deutschen Nationalmannschaft, amtierender Bundesliga-Torschützenkönig und dazu ein Gegenentwurf zu Goldsteak-Profis, sollte die Fans wieder zu großen Träumen anregen. Die Euphorie, die Aufbruchstimmung, die war in Dortmund nämlich über den Sommer abhandengekommen.
Warum der BVB einen Zielspieler braucht
Vor allem aber sollte Füllkrug im System von Trainer Terzic eine wichtige Funktion als Wandstürmer einnehmen. Der 41-Jährige benötige einen zweiten wuchtigen Angreifer neben Sebastien Haller, 29, in seinem Kader. Einen Zielspieler, der Bälle festmacht, weiterleitet, seine Mitspieler in Szene setzt.
Dabei hatte Füllkrug anfangs Schwierigkeiten, sich gegen zwei an ihm klebende Abwehrrecken durchzusetzen. Bei Werder Bremen standen die Gegner höher, haben Füllkrug im Eins-gegen-Eins verteidigt. Der Unterschied in Dortmund: „Du kommst entgegen, hast aber nur einen kurzen Moment Zeit und musst direkt eine Lösung haben“, sagte Füllkrug, der ob seines späten Wechsels ins Ruhrgebiet keine gemeinsame Vorbereitung mit dem Team bestreiten konnte.
BVB: Wichtige Vorlage von Niclas Füllkrug auf Karim Adeyemi
Inzwischen kommt er in seiner neuen Rolle immer besser zurecht. Im Champions-League-Spiel gegen Paris Saint-Germain (1:1) präsentierte er sich als unermüdlicher Arbeiter und Wegbereiter des Führungstores, als er mit großer Übersicht den Ball im Strafraum zu Karim Adeyemi weiterleitete – es war vielleicht sein bester Auftritt für den BVB.
„Wenn der Gegner immer wieder das Zentrum schließt und wir es über die Außenverteidiger versuchen müssen, ist die Neuner-Position elementar wichtig für uns“, sagt Terzic. Der Mittelstürmer kann dann für eine weitere Anspieloption sorgen, um dann einen neuen Anlauf zu unternehmen, die Pressinglinie zu überspielen. Freilich kein Zufall war es, dass der Dortmunder Aufschwung der vergangenen Rückrunde mit der Halles Genesung zusammenfiel.
Füllkrug wird dazu als einer der Führungsspieler geschätzt. Er stellt sich nach so gut wie jedem Spiel, ob erfolgreich oder nicht den Medien, er beantwortet auch noch eine Frage mehr, während andere schon in den Team-Bus flüchten.
BVB: Niclas Füllkrug mit ordentlicher Quote
Vorrangige Aufgabe in Dortmund ist für Füllkrug, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Elf Scorerpunkte in 16 Startelf-Einsätzen ist eine gute Quote angesichts der Tatsache, dass er zuvor lediglich für Klubs aus dem Bundesliga-Mittelfeld und der Zweiten Liga auflief. „Gar nicht so verkehrt für einen Schritt zu einem Top-Klub“, befand er selbst nach dem Auswärtssieg in Mailand Ende November.
Dennoch sucht man beim BVB Wege, Füllkrugs eigene Torausbeute zu erhöhen. Die Effektivität im Strafraum ist zwar weiterhin hoch, doch die Anzahl der Bälle, die ihn in aussichtsreichen Positionen erreichen, ist geringer geworden – was nicht unbedingt am Stürmer liegt. „Wir haben schon häufiger gesagt, dass wir mit der Qualität der Hereingaben nicht zufrieden sind“, merkt Terzic an. „Ich finde, dass wir häufig und gut durchbrechen auf den Flügeln, uns dann aber so ein bisschen die Klarheit und Übersicht fehlt, gezielt unsere Neuner zu treffen.“ Vielleicht gelingt es heute in Augsburg, wo vor einem halben Jahr die schwarz-gelbe-Welt noch in Ordnung schien, schon besser.