Dortmund. Der BVB spielt nicht schön, gewinnt aber seine Spiele in der Bundesliga. Das liegt auch an Salih Özcan. Ihm schenkt Edin Terzic das Vertrauen.
Der Kluft ist ziemlich groß gewesen am 26. Juli 2023. Marcel Sabitzer, einer von Borussia Dortmunds Millionen-Transfers dieses Sommers, hatte seinen ersten Arbeitstag in Schwarz-Gelb. Unter der südkalifornischen Sonne, wo der BVB sein Trainingslager abhielt, erklärte der Österreicher, wie er nun als Führungsspieler des größten Konkurrenten seinem ehemaligen Arbeitgeber Bayern München ein Bein stellen wolle. Was ihn zum Wechsel bewog, wie er vorangehen möchte. Es gab viele Fragen an den 29-Jährigen, der ja eine wichtige Rolle im Dortmunder Mittelfeld einnehmen sollte.
Nach einer guten Viertelstunde verabschiedete sich Sabitzer. Salih Özcan trat vor die Mikrofone. Es gab ein paar pflichtschuldige Nachfragen zum vergeigten Saisonfinale des BVB. Özcan beantwortete sie geduldig. Aber die großen Geschichten lieferte der 25-Jährige an diesem Tag als Ergänzungsspieler, der kaum Einsatzzeit hatte, nicht. Die prägenden Gesichter in dieser Dortmunder Mannschaft waren schließlich andere.
BVB-Kapitän Emre Can steckt im Formtief
Nur zwei Monate später gibt es mehr Themen, die man mit dem türkischen Nationalspieler besprechen möchte. Zum Beispiel die Frage, wie er Kapitän Emre Can im zweiten Spiel in Serie aus der Startelf verdrängt hat und unverhofft zum Stabilisator des BVB werden konnte, der nach dem 3:1 (2:1) bei der TSG Hoffenheim, dem dritten Bundesligasieg in Serie, seit Freitagabend wieder an der Tabellenspitze mitmischt. „Er hat die Chance genutzt“, lobte Trainer Edin Terzic.
89 Prozent seiner Zuspiele brachte Özcan gegen Hoffenheim zu seinen Mitspielern. Fast drei Viertel seiner Zweikämpfe bestritt der Sechser erfolgreich. Dortmunds Spielaufbau hat sich mit Özcan klar verbessert, zu Saisonbeginn war das noch eine große Schwäche. Wunderdinge vollbringt Özcan, der vor einem Jahr für 5 Millionen Euro vom 1. FC Köln ins Ruhrgebiet wechselte, nicht. Es gelingt ihm jedoch deutlich besser als Can, die Verbindung zum Angriffsspiel herzustellen. Wenngleich „wir am Ende versuchen müssen, den einen oder anderen Ballverlust weniger zu haben“, wie Sportdirektor Sebastian Kehl zurecht anmerkte.
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Özcan für Can, Terzic hat eine Änderung mit Wucht vorgenommen. Denn Can, lange Abgangskandidat, hatte erst im Sommer seinen Vertrag verlängert. Zudem reichte Marco Reus die Binde an ihn weiter. Seine starke Rückrunde hatte Terzic so sehr beeindruckt, dass selbst die Kaderplanung auf Can ausgerichtet war. Auf einen Transfer von Edson Alvarez (25) hatte der BVB verzichtet, um die Position des deutschen Nationalspielers zu stärken. Der Mexikaner wechselte von Ajax Amsterdam zu West Ham United.
Can war einer der Hoffnungsträger der vergangenen Halbserie. Genauso wie Flügelangreifer Karim Adeyemi (21) oder Mittelstürmer Sebastien Haller (29). Alle drei stecken aber im Formtief. Dem in der Offensive breit aufgestellten Kader ist es zu verdanken, dass die jeweiligen Tiefs kaschiert werden können.
BVB am Mittwoch gegen AC Mailand
Spielmacher Julian Brandt (27) hat seinen Aufschwung konserviert. Außenstürmer Donyell Malen (24) ist sogar noch besser geworden. „Er war in vielen Situationen sehr präsent. Im eins gegen eins mit viel Dynamik und Geschwindigkeit. Und auch mit Willenskraft. Das hat man bei ihm auch schon mal anders gesehen“, lobte Kehl nach dem Spiel in Sinsheim. „Da sind wir auf einem richtig guten Weg.“
Und da sind natürlich die neuen alten Gesichter. Marco Reus, 34, hat seine Binde abgegeben – in der Hierarchie und auf dem Platz sollte er nun anderen den Vortritt lassen. Er saß häufiger auf der Bank. Gegen Hoffenheim traf er nach starker Vorlage von Malen zum wichtigen 2:1, erzielte gegen den VfL Wolfsburg den 1:0-Siegtreffer und war auch beim SC Freiburg (4:2) erfolgreich. „Marco hat im Moment das Füßchen am richtigen Ort“, meinte Niclas Füllkrug.
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Der 30 Jahre alte Stürmer, dem in Sinsheim sein erstes Tor für Schwarz-Gelb gelang, ist neben Özcan und Reus die dritte Komponente. Füllkrug kompensiert Hallers Tief, rund ein Jahr nach der Hodenkrebserkrankung des ivorischen Stürmers ist dieser Rückschlag nachvollziehbar. Weil auch der BVB dies befürchtet hatte, verpflichtete der Klub kürzlich Füllkrug aus Bremen. Mit der Achse Füllkrug-Reus-Özcan hat Dortmund in der Tabelle aufgeholt.
BVB-Trainer Edin Terzic sieht "Luft nach oben"
Spielerisch ist weiter „Luft nach oben“, wie auch Trainer Terzic zugab, doch Füllkrug stellte in Sinsheim klar: „Das Wichtigste ist, dass wir Punkte sammeln.“ Möglichst auch zu Hause gegen die AC Mailand am Mittwoch in der Champions League (21 Uhr/DAZN). Egal in welcher Konstellation.