Dortmund. Der umstrittene Felix Nmecha bewirbt sich gegen Ajax Amsterdam um einen Platz in der Dortmunder Startelf. Eine Debatte aber bleibt.
Felix Nmechas Weg führte nach seinen beiden Toren sofort Richtung Südtribüne des BVB-Stadions. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt, die Zunge weit rausgestreckt, wie früher Michael Jordan, als er zum Dunking ansetzte. Dann sprang auch Nmecha hoch, wobei: Es war eher ein Hüpfer. Mit den Händen, die keine Fäuste mehr waren, strich er vor seinem schwarz-gelben Trikot entlang, dann deutete er mit zwei Fingern und einem Blick in Richtung Himmel.
Was genau sein Jubel, den der Mittelfeldspieler beim 3:1-Testspielsieg am Sonntag gegen Ajax Amsterdam gleich zweimal zeigen durften, bedeuten soll, hat der 22-Jährige, der seit diesem Sommer bei Borussia Dortmund angestellt ist, mal in einem Interview mit den vereinseigenen Kanälen seines Ex-Klubs VfL Wolfsburg erzählt: „Ich will zeigen, dass Jesus für meine Sünden gestorben ist“, sagte Nmecha da und erklärte die Geste: „Er hat meine Sünden abgewaschen.“
BVB-Profi Felix Nmecha: Keine Pfiffe, keine Plakate
Nmecha und der Glaube – per se ist das kein Thema, für das sich der Mittelfeldspieler rechtfertigen müsste, erst recht nicht beim Torjubel. Doch der Fußballer hat in den Sozialen Netzwerken christlich-religiöse Beiträge geteilt, die eindeutig homo- und transphob sind. Einige Fans hatten Nmechas Wechsel zum BVB, der sich in seinem Grundwertekodex klar gegen Diskriminierung positioniert und schon mehrmals Teile seines Trikots mit den Farben des Regenbogens verziert hat, deshalb kritisch beäugt.
Mit großem Interesse wurde daher Nmechas erster Auftritt im Dortmunder Stadion erwartet, den der frühere Jugendspieler von Manchester City am Sonntag gegen den niederländischen Spitzenklub Ajax hinlegte. Pfiffe, Plakate? Weder noch. „Es ist nicht normal, wie toll die Fans sind. Es war richtig gut, alle haben mich gut angenommen“, schwärmte Nmecha.
Beim BVB wertet man dies offenbar als Zeichen, dass der Großteil der Anhänger Nmecha als unproblematisch einstuft, die Debatte medial anders geführt werde, als unter den Fans – was nicht zur panischen Kommunikation rund um den Transfer passt, als aufgrund des öffentlichen Drucks sogar Präsident Reinhold Lunow versichern musste, dass Nmechas Weltbild mit den Werten des BVB vereinbar sei. Nmecha selbst, der in einer Mitteilung betont hat, „niemanden“ zu „diskriminieren“, sprach öffentlich als Angestellter des Vizemeisters bisher nur wenige Minuten – und wenn, dann auch nur über Fußball.
BVB: Felix Nmecha soll mithelfen, Jude Bellingham zu ersetzen
Aufgrund der Störgeräusche rund um den Wechsel kam den Verantwortlichen Nmechas starkes Debüt im Dortmunder Stadion auch gerade recht. Zwei Treffer gelangen ihm gegen Amsterdam und die Skepsis; dabei bewies er Übersicht und eine ausgefeilte Technik. „In 45 Minuten hatte er fünf oder sechs Torabschlüsse. Er hat das gezeigt, was wir schon in ihm gesehen haben, bevor wir ihn geholt haben“ , lobte Trainer Edin Terzic und führte das noch weiter aus: „Das Spielfeld sieht manchmal zu klein für ihn aus. Mit seinen langen Schritten kann er nahezu überall auf den Platz kommen. Er kann wichtig für uns werden, das hat er heute auch gezeigt.“ Die Fußstapfen sind ja groß: Nmecha soll mithelfen, den zu Real Madrid gewechselten Jude Bellingham im Mittelfeld zu ersetzen.
In diesem Sommer bekam der ehemalige Wolfsburger noch nicht oft die Chance, zu beweisen, welches Potenzial in ihm schlummert, warum der BVB bereit war, rund 30 Millionen Euro Ablöse nach Wolfsburg zu überweisen. Wie einige andere Dortmunder Profis plagte sich Nmecha mit Muskelproblemen herum. Während der USA-Reise konnte er nur gegen Chelsea mitwirken.
BVB: Felix Nmecha, Marcel Sabitzer oder Julian Brandt?
Inzwischen ist er an der Startelf „so nah dran wie alle“, meinte Terzic mit Blick auf die Erstrundenpartie im DFB-Pokal gegen Regionalliga-Aufsteiger TSV Schott Mainz am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky). „Er muss es sich verdienen. An der Physis wird es nicht liegen.“
Terzic geht mit einer komfortablen Personallage in die Woche vor dem Pflichtspielauftakt, zumindest, was das Mittelfeld betrifft. Denn neben Nmecha bieten sich auch Julian Brandt (27), ebenfalls Torschütze gegen Amsterdam, und Marcel Sabitzer (29), Neuzugang vom FC Bayern, der dem BVB eine Menge Struktur verpasst hat, für zwei zu besetzende Stellen an. Terzic hat die Qual der Wahl. „Es wird harte Entscheidungen geben“, sagt er. „Das ist genau das, was wir wollen. Wir wollen uns gegenseitig zu Höchstleistungen herausfordern.“ Nmecha hat damit bereits begonnen.
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