Chicago. Der BVB und der FC Bayern fordern die anderen Vereinen dazu auf, ins weitentfernte Ausland zu reisen. Was sagen der VfL Bochum und Schalke?
Die Bundesliga möchte ihre TV-Einnahmen aus dem Ausland steigern. Ein Plan? Reisen in weitentfernte Märkte. Der BVB war in den USA; doch was ist mit Vereinen wie dem VfL Bochum und Schalke 04?
Um 19.29 Uhr war es am Mittwochabend in Chicago mal wieder Zeit dafür, die ganze Palette auszupacken. Auf den Werbetafeln des Soldier Field wehte virtuell das Star-Spangled Banner, die US-amerikanische Flagge mit den Streifen und Sternen. Eine A-capella-Gruppe sang die Nationalhymne.
Die Menschen auf den Tribünen standen auf, nahmen ihre Baseball-Kappen von ihren Köpfen – eigentlich fehlte nur noch die obligatorische Fliegerstaffel über dem Stadion, um das Sporterlebnis perfekt zu machen. Zuvor dröhnte bereits der Titelsong von Top Gun durch die Boxen der American-Football-Arena, die am Ufer des Lake Michigans liegt. Alles eben ein bisschen drüber.
BVB spielt unentschieden gegen FC Chelsea
Die 48.183 Menschen, die hier das Fußball-Werbespiel zwischen dem FC Chelsea und Borussia Dortmund (1:1) sehen wollten, trugen überwiegend blaue Shirts. Die Premier League ist eine große Nummer in den USA. Immerhin zierten auch ein paar gelbe Flecke die Tribünen.
Wie schon bei Dortmunds Testspielen bei San Diego Loyal (6:0) – mit Rooftop-Bar im Stadion – und in Las Vegas gegen Manchester United (3:2) – mit DJ hinter dem Tor – sollte das Event vor allem einem dienen: der Unterhaltung.
BVB und der FC Bayern: Werbung für die Fußball-Bundesliga
Was in Deutschland befremdlich wirken mag, gehört in den USA dazu – und der BVB muss mitspielen. Er ist für anderthalb Wochen über den Atlantik gereist, um für die Fußball-Bundesliga zu werben. „Ich finde das alles auch cool, aber ich freue mich schon auf unsere Heimspiele und die Fokussierung auf den Fußball“, meint Dortmunds Marketing-Chef Carsten Cramer. „Manchmal schätzt man umso mehr, was man in Deutschland hat.“
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Der deutsche Fußball, dessen Alleinstellungsmerkmal eine gewisse Fan-Freundlichkeit ist, wandelt seit Jahren auf einem schmalen Grat – insbesondere der BVB, der zu den Großen in Europa zählt, sich aber gerne bodenständig geben möchte.
Andererseits muss die Liga international ihre Wettbewerbsfähigkeit wahren. Die Lage ist ernst, glaubt man Karl-Heinz Rummenigge. Man sei in diesem Bereich „katastrophal aufgestellt“, monierte der langjährige Bayern-Chef.
Der BVB immerhin akzeptiert die Pflicht. „Wir glauben, dass das für die Bundesliga extrem wichtig ist – und wir bleiben bei der Hoffnung, dass das auf Dauer nicht nur etwas ist, was Borussia Dortmund und die Kollegen aus dem Süden zu schultern haben“, fordert Cramer (54). „Das ist am Ende auch latent unfair, weil es auf die Substanz geht.“
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Die Münchner assistierten umgehend: Es könne „nicht sein, dass nur Bayern und Dortmund die Bundesliga in die Welt tragen“, sagte Vereinspräsident Herbert Hainer. Die Bundesliga müsse sich in Bezug auf Fernreisen „deutlich mehr anstrengen.“
Nur wie? Reisen sind teuer. Und wie viel die Menschen in Chicago oder Kuala Lumpur mit den grauen Mäusen der Liga anfangen können, steht auf einem anderen Blatt.
Bei den anderen Vereinen kommt die Kritik daher nur bedingt gut an. Der Hinweis auf eine verstärkte Internationalisierung sei zwar „richtig“, sagt beispielsweise Eintracht Frankfurts Vorstandssprecher Axel Hellmann. Es solle allerdings „nicht so getan werden, als ob nur Bayern und Dortmund in den letzten Jahren besondere Anstrengungen unternommen hätten.“
VfL Bochum zeigt ein grundsätzliches Verständnis
Auch der VfL Bochum zeigt grundsätzlich Verständnis. „Die Forderung von Carsten Cramer ist absolut nachvollziehbar“, sagt Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung des VfL Bochum. Der 50-Jährige möchte aber, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) die Zuschüsse erhöht, um die Kosten für die Trips zu decken. Was plant der VfL?
„Wir fokussieren uns auf den Aufbau von Reichweite in Märkten, die für die Bundesliga lukrativ sind und wo wir trotz unserer geringen internationalen Strahlkraft eine Chance haben. So wie in Vietnam oder Kanada“, sagt Kaenzig. „Sobald wir dort relevant genug sind, wollen wir auch reisen, ganz klar.“
Schalke 04 möchte sich vor Auslandsreisen nicht verschließen
Auch Schalke 04, der Bundesliga-Absteiger mit noch immer großer Strahlkraft, verschließt sich vor Auslandsreisen nicht, hat in der Zweiten Liga aktuell allerdings andere Prioritäten, heißt es im Klub. Deshalb wurde zu Jahresbeginn auch das Büro in Shanghai geschlossen. Hinzu kommt: In der kurzen Sommerpause bis zum Zweitliga-Start wäre für in diesem Jahr eine solche Marketing-Reise gar keine Zeit gewesen – dafür bräuchte es dann andere Spielpläne
Schalke unterstütze, so Sportvorstand Peter Knäbel, Auslandsreisen, weil „es wichtig ist, dass Klubs den deutschen Fußball im Ausland vertreten.“ Dieses Engagement wolle der Verein, abhängig von der Ligenzugehörigkeit, wieder hochfahren. Derzeit liege der Fokus auf digitalen Aktivitäten. Knäbel: „Wir betreiben Social-Media-Kanäle in fünf Sprachen, führen während der Saison vor allem in den USA kleinere Aktionen durch. Dieser Markt ist allein wegen der WM 2026 interessant.“