Frankfurt/Leipzig. Der DFB wird 125 Jahre alt. Der Verband ist zur Ruhe gekommen, national klappt vieles gut – aber international ist der Einfluss gering.

Man hat gelernt, über sich selbst zu lachen beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), und das ist ja schonmal etwas für einen Verband, der sonst sehr oft sehr altbacken daherkommt. Alt ist er ja auch wirklich, an diesem Dienstag auf den Tag genau vor 125 Jahren wurde der inzwischen mit 7,7 Millionen Mitgliedern größte Sportfachverband der Welt gegründet. Am Freitag schon feierte er dieses besondere Jubiläum in Leipzig, es kamen über 400 Gäste, darunter viel Prominenz aus Sport, Gesellschaft und Politik: Bundeskanzler Olaf Scholz, Fifa-Präsident Gianni Infantino, Uefa-Präsident Aleksander Ceferin, dazu Ehrenspielführer wie Lothar Matthäus und Bettina Wiegmann.

Der DFB ist eben eine große Nummer und er begann die Gala in der Kongresshalle im Leipziger Zoo mit einem Video. „Ti Amo“ von Howard Carpendale erklang aus den Lautsprechern und als man sich schon Sorgen machen musste, die Veranstaltung könnte früh ins Kitschige abgleiten, erschien im Film der Fanblock des Hamburger SV samt gewaltig großem Banner: „Fußballmafia DFB!“ Es folgte noch wortgewaltige Kritik am Video-Assistenten und berühmte Streitszenen des deutschen Fußballs zwischen Matthäus und Andreas Möller, Oliver Kahn und Jens Lehmann, Giovanni Trappatoni und seiner Mannschaft sowie der deutschen Sprache („Flasche leer!“) sowie Uli Hoeneß und Christoph Daum.

Fußball-Nationalmannschaft Frauen - Training
Ein neues, junges Gesicht im DFB: Frauen-Sportdirektorin Nia Künzer. © DPA Images | Arne Dedert

Selbstironie muss man sich leisten können und es zählt wohl zu den wichtigsten Botschaften im Jubiläumsjahr, dass der DFB das inzwischen kann: Präsident Bernd Neuendorf, seit knapp drei Jahren am Ruder, hat den Verband befriedet. Schon eine ganze Weile kommt er skandalfrei daher, das Haushaltsloch ist auch gestopft und sogar die Nationalmannschaft macht wieder Freudedank Bundestrainer Julian Nagelsmann, der dem Verband zum Geburtstag gleich mal eine Vertragsverlängerung bis 2028 spendiert hat. Nagelsmann ist eines der jungen, frischen Gesichter, die Neuendorf eingebaut hat, wie auch Hannes Wolf, Direktor für Nachwuchs, oder Nia Künzer, Sportdirektorin Frauenfußball.

DFB-Präsident Neuendorf spricht auch über dunkle Flecken – nur nicht die Sommermärchen-Affäre

Der Präsident Neuendorf leistet sich auch Selbstkritik zum Jubiläum, spricht über die „wechselvolle, zum Teil aber auch beschämende Geschichte“ des Verbands, dessen Obere sich einst gemein machten mit dem barbarischen NS-Regime. „Auch das Verbot von Frauenfußballabteilungen, das der DFB noch 1955 aussprach, zählt sicher nicht zu den Sternstunden unseres Verbands“, sagt Neuendorf.

Den dunklen Fleck in der jüngeren Gegenwart, den Skandal um versickerte Millionen rund ums Sommermärchen, verschweigt der Präsident. An der Aufklärung dieser Affäre, die den DFB noch immer belastet, zeigt er kein großes Interesse. Noch läuft die juristische Aufarbeitung ja noch vor dem Landgericht Frankfurt, wo Richterin Eva-Maria Distler nicht nur den versickerten Millionen, sondern auch allerlei verschwundenen Akten aus dem DFB-Archiv nachspürt.

Auch die gestürzten DFB-Präsidenten Grindel und Niersbach dürfen mitfeiern

Das war auch eines der Themen bei den vielen informellen Gesprächen zwischen Bier, Wein und allerlei Leckereien im Anschluss an die große Geburtstagsgala. So mancher wundert sich über die vielen Merkwürdigkeiten rund um das Verfahren, zum Beispiel über die Frage, warum der lange Jahre so mächtige Strippenzieher Rainer Koch nicht als Zeuge geladen ist, obwohl er doch so viele Präsidenten überdauerte. Koch, vor knapp drei Jahren beim Versuch der Wiederwahl mächtig abgewatscht, war ebenso in Leipzig dabei wie die gestürzten Präsidenten Wolfgang Niersbach und Reinhard Grindel.

Die Fußballfamilie lässt niemanden fallen. Und sie macht gerne auf Harmonie, weshalb ja auch Fifa-Boss Infantino geladen war und vom deutschen Fußball schwärmen durfte. „Wenn man Fifa-Präsident ist und auf solchen Jubiläen sprechen muss...“, begann der Schweizer seine Rede, was natürlich ein Versprecher war, aber doch viel verriet über das angespannte Verhältnis zwischen dem deutschen und dem internationalen Verband.

Fifa-Präsident Infantino führte den DFB am Nasenring durch die Manege

In Deutschland mag der DFB ein Riese sein, zu dessen Geburtstag selbst der Bundeskanzler erscheint, auf internationalem Parkett aber hat er sich in den vergangenen Jahren noch weiter verzwergt, hat an Einfluss verloren, weil die neue Führung weniger vernetzt ist, als es Vorgänger waren – und sich zunächst naiv verhielt. In der Debatte um die Regenbogen-Kapitänsbinde in Katar führte Infantino die europäischen Verbände am Nasenring durch die Manege, bekam am Ende seinen Willen – und dass die Frauenfußball-WM 2027 an Brasilien statt an Deutschland, Belgien und die Niederlande ging, darf durchaus als Abstrafung gewertet werden.

125th Anniversary Of the German Football Association DFB
Es geht auch harmonisch: DFB-Präsident Bernd Neuendorf (l.) mit Fifa-Präsident Gianni Infantino. © Getty Images | Maja Hitij

Inzwischen bemüht sich der DFB um mehr Nähe zu den Fifa-Mächtigen, trug Saudi-Arabien als WM-Ausrichter mit. Ob sich das lohnt, ob es mehr Einfluss bringt, ist aktuell nicht abzusehen – das müssen die nächsten 125 Jahre zeigen.