München/Birmingham. Mit dem Spiel bei Aston Villa sind für die Münchener unschöne Erinnerungen an Niederlagen verbunden. Diesmal soll es besser laufen.
Der Schriftzug erstreckt sich über die gesamte Breite der Nordtribüne, und er ist eine Reminiszenz an Aston Villas größten Erfolg in seiner 150-jährigen Geschichte. Zu lesen sind dort die Worte aus dem Originalkommentar des BBC-Reporters Brian Moore kurz vor dem Tor zum glücklichen 1:0-Sieg im Europapokalfinale des Landesmeister 1982 gegen den FC Bayern. „Shaw, Williams, prepared to venture down the left. There’s a good ball in for Tony Morley. Oh, it must be…it is…Peter Withe!“, rief der Kommentator aus, ehe Withe traf. Zurück blieben enttäuschte Münchner von Klaus Augenthaler über Kapitän Paul Breitner bis hin zu Karl-Heinz Rummenigge.
Die Erinnerungen werden also auch sichtbar mitspielen, wenn der FC Bayern gut 42 Jahre nach der Finalniederlage vom 26. Mai 1982 im Rotterdamer Stadion De Kuip an diesem Mittwoch (21 Uhr/DAZN) im Villa Park aufläuft. Ohnehin traten die Münchener am Dienstag eine Reise in die eigene Vergangenheit an. Denn in Birmingham werden sie auch mit einer unschönen Episode aus ihrer jüngeren Geschichte konfrontiert. Trainer der Gastgeber ist jener Spanier Unai Emery, 52, der den FC Bayern im Viertelfinale 2022 mit dem FC Villarreal mit einer gewieften Taktik rauswarf. Für die damals vom heutigen Bundestrainer Julian Nagelsmann gecoachten Münchener kam das Aus gegen den Provinzklub einer Blamage gleich.
Bayern-Sportchef Eberl erwartet „intensives Spiel“
Jetzt wollen es die Bayern nach ihrem fulminanten Saisonstart mit sechs Siegen und dem jüngsten 1:1 gegen Leverkusen besser machen an der historische Stätte, an der Aston Villa bereits seit 1897 spielt. Eine Delegation der Münchener, die die aktuelle Reise vorbereitete, berichtete dem CEO Jan-Christian Dreesen, dass es im Villa Park „Old School“ zugehe. Er sei „sehr, sehr neugierig“, sagt Dreesen und gibt zu, über den Gegner nur wenig zu wissen: „Das ist ein Überraschungsei. Keine Ahnung, was uns dort erwartet.“ Sein Vorstandskollege, der für den Sport zuständige Max Eberl, hat zumindest ungefähre Vorstellungen. „Das wird, glaube ich, ein sehr intensives Spiel“, sagt Eberl, Aston Villa spiele „sehr aktiv“. Sportdirektor Christoph Freund erwartet „ein packendes Spiel. Es wird richtig zur Sache gehen.“ Torwart Manuel Neuer richtet sich auf einen „harten Kampf“ ein.
Daran ändert auch Villas jüngste Enttäuschung wenig. Bei Aufsteiger Ipswich Town kam Emerys Mannschaft am Sonntag nicht über ein 2:2 hinaus und rutschte in der Tabelle der Premier League auf den fünften Platz ab. In die Champions League war Villa mit einem 3:0-Sieg bei Young Boys Bern gestartet. Die Bayern hatten gegen Dinamo Zagreb spektakulär 9:2 gewonnen. Dennoch tippt Thomas Hitzlsperger nun auf einen 3:2-Sieg für seinen früheren Klub Aston Villa, für den er 99 Mal in der Premier League aufgelaufen war und sich dort mit seiner Schussstärke den Spitznamen „The Hammer“ verdient hatte. „Villa ist der Stolz der Stadt“, sagte der 42-Jährige im Magazin kicker, „die Offensivpower ist beeindruckend. Es könnte ein offenes Spiel werden mit vielen Toren.“ Emery sei zudem „ein absoluter Glücksfall“ für den Klub. Bei diesem wollte Hitzlsperger am Dienstagabend an einer Feier für die Europapokalsieger von 1982 teilnehmen.
Bayern-Trainer Kompany zurück in England
Erstmals seit der Saison 1982/83 spielt Aston Villa wieder im wichtigsten Wettbewerb des Vereinsfußballs. Die größten Erfolge liegen sehr lange zurück. Ende des 19. (!) Jahrhunderts waren The Villans Englands erfolgreichster Verein und durften sich sogar bis 1953 Rekordmeister nennen, obwohl der letzte Titelgewinn da schon 43 Jahre her war. 1981 kam der siebte und letzte Meistertitel hinzu, bevor man im Jahr darauf im Europapokal den Landesmeistertitel gegen die Bayern gewann. In der Folgesaison nahm Villa letztmals an dem Wettbewerb teil. Erst jetzt ist es wieder in der Königsklasse vertreten. „Für unsere Fans, für uns, wird das ein gutes Spiel sein“, sagt Vincent Kompany vor seiner Rückkehr nach England. Bayerns Trainer hatte in der vergangenen Saison mit dem FC Burnley am 30. Dezember im Villa Park 2:3 verloren. Er verweist auf die jahrzehntelange Absenz der Gastgeber von der Champions League und ahnt: „Das wird besonders sein.“
Viel Fußball-Kultur und eine besondere Atmosphäre dürfte die Bayern erwarten im historischen Villa Park, der in einem Wohngebiet liegt und 42657 Sitzplätze bietet. „Die Gäste werden schnell die absolute Freude spüren, die im Stadion, in der Stadt über den Einzug in die Champions League herrscht. Im Villa Park wird eine grandiose Stimmung herrschen“, sagt Hitzlsperger. Anders als am Samstag bei Bayerns 1:1 gegen Leverkusen kann er nun nicht im Stadion zuschauen. Hitzlsperger wird als Experte im Studio im Einsatz sein für jene BBC, deren früherer Reporter Moore mit seinem Final-Kommentar von 1982 im Villa Park verewigt ist.