Kiel/München. Rückkehr an die Tabellenspitze nach fast einem Jahr: Der FC Bayern scheint unter dem neuen Trainer Vincent Kompany zurück in der Spur.
An diesem Montag werden alle, die es mit dem FC Bayern halten, in einem mittlerweile ungewohnten Gefühl aufwachen. Womöglich werden sie sich vorsichtshalber versichern, ob ihre Freude nicht trügt. Doch beim Blick auf die Tabelle werden sie auch nach dem komplett absolvierten dritten Spieltag feststellen, dass sie noch immer auf dem ersten Platz stehen.
Hervorgehoben werden muss das gerade tatsächlich, obwohl der FC Bayern die meisten Tabellenführungen in der Bundesligageschichte vorweisen kann und die Vereinssatzung nichts anderes vorsieht als den Blick auf die Konkurrenz von ganz oben. Andererseits dürfen sich die Münchner an ihrer Perspektive erstmals seit fast einem Jahr erfreuen. Ende September 2023 standen sie nach ihrem 7:0 gegen den VfL Bochum am 5. Spieltag auf Platz eins, danach nicht mehr. Jetzt grüßen sie wieder von jenem Rang, der jahrelang für sie reserviert zu sein schien, ehe ihnen Bayer Leverkusen in der vergangenen Saison das Abo abnahm und Meister wurde.
Die Rückkehr an die Tabellenspitze ist aus Münchner Sicht vor ihrem Auftakt in der Champions League am Dienstag gegen Dinamo Zagreb auch eine Rückkehr zur Normalität. Der 6:1 (4:0)-Sieg bei Holstein Kiel unterfütterte den Eindruck, dass die Bayern unter ihrem neuen Trainer Vincent Kompany schon ziemlich stabil auf Kurs sind.
Holstein Kiel war überfordert und kein Maßstab für Bayern München
Zwar befindet sich die Saison in der Frühphase. Zudem war der Aufsteiger arg überfordert und kein Maßstab für die Münchner mit ihrem dreifachen Torschützen Harry Kane (7., 43., 90.+1/FE) sowie seinen ebenfalls treffenden Kollegen Jamal Musiala (nach 15 Sekunden) und Michael Olise (65.). Zudem unterlief Kiels Nicolai Remberg ein Eigentor (13.), später durften sie sich beim KSV noch über den Ehrentreffer von Armin Gigovic (82.) freuen. Vor allem aber blieb von diesem klaren Sieg der Befund, dass die Bayern in der lange vermissten Spur sind.
Besonders zuletzt, unter Kompanys Vorgänger Thomas Tuchel, hatten die Münchner diese Spur verlassen, was auch an der Tabelle deutlich abzulesen war. Am Ende der vergangenen Saison befanden sich die Bayern hinter Leverkusen und dem VfB Stuttgart nur auf Rang drei, mit acht (!) Niederlagen aus 34 Spielen und 18 (!!) Punkten Rückstand auf den ersten Platz. Doch jetzt sind die Münchner nicht nur Tabellenführer. Bei ihnen hat offensichtlich auch eine neue Harmonie ins vormals fragile Gebilde Einzug gehalten.
Manuel Neuer lobt neue Gewinnermentalität beim FC Bayern
„Wir haben alles auf dem Platz gezeigt, was wir uns vorgenommen haben“, lobte Manuel Neuer in Kiel bei Sky nach dem vierten Sieg im vierten Pflichtspiel der Saison. „Es gibt viel Positives, wenn wir auf unsere Spiele schauen“, befand der Torwart in seiner kleinen Zwischenbilanz, und zuerst zu nennen sei, „dass wir die Gewinnermentalität zurück haben“. Das war auch deshalb eine bemerkenswerte Einlassung, weil sie auf die Missstände der Vergangenheit hinwies. Doch der straffe Vortrag in Kiel nährte die Hoffnung der Bayern-Fans und im Verein, dass zwischen Kompany und seiner Belegschaft eine vielversprechende Arbeitsatmosphäre gedeiht.
Lothar Matthäus wertete die Eindrücke bereits voller Anerkennung. „Er hat den Kontakt zu den Spielern, den ich eineinhalb Jahre lang vermisst habe“, befand der Experte und deutsche Rekordnationalspieler über den 38 Jahre alten Kompany. Der Belgier sei „ein anderer Trainer, der jetzt schon versteht, wie man Bayern München zu händeln hat, nicht nur auf dem Platz, sondern auch außerhalb. Und deswegen glaube ich dieses Jahr an den FC Bayern.“
Bayern-Trainer Kompany wünscht sich Konstanz
Kompany misst solchen Lobreden ebenso wenig bei wie den vier Pflichtspielsiegen oder Platz eins nach drei Ligapartien. Ob die Tabellenführung eine Bedeutung habe? „Wahrscheinlich für den Verein ja, aber bei mir geht’s nur darum: Wir haben gewonnen“, antwortete Kompany im ZDF. Er achte auf „95 Minuten Disziplin“, sagte er, „die Jungs haben das eigentlich ganz gut gemacht, in fast allen Phasen.“ Zugleich wünscht er sich weiterhin Konstanz.
Seinen Auftrag bettete er ein in seinen Einblick ins Betriebsklima, das er zu fördern versucht. Er sagte: „Die Mannschaft muss einfach immer besser werden. Und damit wir besser werden, müssen wir eine Einheit sein und zusammenarbeiten und gerne zusammenarbeiten.“ Zumindest bisher scheint das der Fall zu sein. Das ist schon ein großer Unterschied zur vergangenen Saison. Genauso wie das Tabellenbild.