Paris. Deutschland hat das Olympia-Duell der Hockey-Erzrivalen gegen die Niederlande mit 2:4 nach Penaltys verloren und gewinnt Silber.
Dieses Zittern, als sich die ganz in Schwarz gekleideten deutschen Hockey-Asse an der Mittellinie aufstellten, schauten, was Jean-Paul Danneberg wohl wieder vollbringen würde, dieser Teufelskerl bei Penaltys. Duco Telgenkamp lief als letzter Schütze der Niederlande an. Ein Schlenker nach links, den Ball hoch über den deutschen Torhüter in die Maschen geschnippt – aus und vorbei. 2:4 (1:1, 0:0) nach Shoot-out. Silber statt Gold für die deutsche Nationalmannschaft. Drama totaal hier, Hockey-Gold totaal da.
Deutschland verpasst fünften Olympiasieg im Hockey
Es war alles angerichtet für das große Finale dieses olympischen Hockeyturniers in Paris: Die beiden besten Mannschaften des Turniers. Der Weltmeister gegen den Europameister. Das Finale im Stade Olympique Yves-du-Manoir hatte etwas von Superman gegen Batman – mit dem besseren Ende für Batman Niederlande. Die Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) verpasste den fünften Titel nach 1972, 1992, 2008 und 2012. Oranje gelang damit die Revanche für das 1:2 vor zwölf Jahren in London. Es ist das erste Gold im Herrenhockey für den Erzrivalen seit 2000.
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WM-Held Niklas Wellen behielt Recht: Das deutsche 1:0 in der Vorrunde „juckt niemanden“ im zweiten Aufeinandertreffen des Turniers. Die erste Halbzeit bot nach anfänglichem Abtasten Hochgeschwindigkeits-Hockey. Beide Mannschaften standen in der Verteidigung sicher, nach Ballgewinnen ging es dann aber im TGV-Tempo nach vorne. Und stockte dann doch der Angriff, versuchten es Oranje mit Schlenzern über die Breite des Kunstrasens in den Schusskreis hinein. Danneberg wird sich schon auf ein Geschoss auf seinen Kasten eingestellt haben, als Floris Woertelboer den Ball artistisch aus der Luft pflückte, letztlich aber doch ein Luftloch schlug (13.).
Je näher sich das Spiel auf die Halbzeit zubewegte, desto mehr übernahm das Henning-Team das Kommando. Folgerichtig die erste Strafecke nach einem Foul von Joep de Mol an Christopher Rühr. Deutschlands Eckenspezialist Gonzalo Peillat war aber gerade nicht auf Feld, sein vom schweren Handtreffer im Viertelfinale wieder genesener Vertreter Tom Grambusch fand nur einen niederländischen Schläger (25.).
Olympia: Zwei Tore im letzten Viertel, Entscheidung nach Penaltys
Es sollte das eintreten, womit der Bundestrainer gerechnet hatte: Widerstände zu überstehen, Unangenehmes aus dem Weg zu räumen, hatte sich die Mannschaft von André Henning als Marschroute für die Goldmission zurechtgelegt. Eine Qualität, die nicht zu unterschätzen ist, wenn Hockey-Asse von gleicher individueller Stärke aufeinandertreffen. „Auch wenn wir mal wackeln, ist die Mannschaft nicht umzureißen“, so der Bundestrainer. Unter Druck zu geraten, sich da aber rauszuarbeiten, „ist auch kein Zufall, dass uns das so gelingt. Die mentale Stärke zu wissen, welche Werkzeuge sie rausholen muss, wenn es nicht läuft, ist schon eine enorme Qualität dieser Mannschaft.“
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Ein entscheidender Hebel im zweiten Durchgang: Die DHB-Auswahl vermied es lange Zeit, einen Eckenpfiff gegen sich zu bekommen. Trotzdem gewann die Niederlande mehr und mehr die Oberhand und erzielte nur 43 Sekunden nach Beginn des letzten Viertels das 1:0. Oranje-Kapitän Thierry Brinkman drückte einen Lupfer von Koen Bijen über Danneberg ins Tor (46.). Peillat lieferte dann die Rettungsaktion des Turniers, als er für den geschlagenen Torhüter gegen Bijen auf der Linie rettete. Im Gegenzug der Ausgleich: Stopper Thies Prinz konnte die Eckenherausgabe nicht unter Kontrolle bringen und drosch den Ball kurzerhand selbst ins linke untere Eck – 1:1 (50.). Es folgte ein Auf und Ab, offenes Visier. Hollands einzige Ecke 56 Sekunden vor dem Schluss setzte Jip Janssen neben den Pfosten – Penaltyschießen.
Telgenkamp sorgt für unschönes Ende
„Wenn es nicht so läuft, spielen wir eben unentschieden und gewinnen im Shoot-out“, hatte André Henning vor dem Finale als Losung ausgegeben. Und tatsächlich: Danneberg parierte zunächst gegen Jonas de Geus und Joep de Mol, Pirmin Blaak allerdings auch gegen Niklas Wellen, Hannes Müller und Thies Prinz. Brinkman gelang dann der erste Treffer des Penaltyschießens, Thijs van Dam der zweite. Das 1:2 durch Justus Weigand weckte noch mal Hoffnung, aber Telgenkamp verwandelte das Stade Olympique Yves-du-Manoir in ein orangenfarbenes Tollhaus. Dass er anschließend noch Jean-Paul Danneberg mit dem Finger vor dem Mund provozierte und über den Helm wischte, zeigt: Die Niederlande hat Gold im Hockey gewonnen, bei der Fairness gegenüber den Zweiten kommt aber maximal Blech heraus.