Paris. Die Erwartungen von Lea Friedrich und Emma Hinze waren nach Teamsprint-Bronze groß, doch im Keirin läuft wenig. Eine Hoffnung bleibt.
Emma Hinze versuchte, Druck auf die Pedale zu bekommen. Doch so sehr sie die Räder auch rotieren ließ, die Lücke wollte nicht kleiner werden. Ohne in die finale Entscheidung eingreifen zu können, sah sie im Velodrome National von Saint-Quentin-en-Yvelines, wie vor ihr Ellesse Andrews (Neuseeland), Hetty van de Wouw (Niederlande) und Emma Finucane (Großbritannien) die Medaillenränge ausfuhren im Keirin.
Als eine der Favoritinnen ging die Cottbuserin leer aus, was ebenso auf ihre Trainingskollegin Lea Sophie Friedrich zutraf. „Ich ärgere mich natürlich, dass ich meine Chance nicht genutzt habe“, sagte Hinze, wollte der vergebenen Möglichkeit aber nicht hinterhertrauern. „Beide sind super enttäuscht. So ist Keirin: Einmal was verpasst, dann ist der Zug abgefahren“, sagte Bundestrainer Jan van Eijden. Gerade bei Friedrich war der Frust groß, sie hatte bereits im Halbfinale taktische Fehler begangen und den Endlauf sogar verpasst. Hinze immerhin fuhr auf Platz fünf.
Hinze und Friedrich mit taktischen Fehlern im Keirin
Doch das entspricht nicht dem, was die schnellen und erfolgsverwöhnten Bahnrad-Sprinterinnen bei den Olympischen Spielen erreichen wollten. „Das ist schon nicht ohne, Lea stand die letzten Jahre immer auf dem Podium, jetzt war sie nicht im Finale“, so van Eijden, der eingestand, dass er beide nun mental wieder aufrichten müsse. „Ich bin passiv gefahren, das kannte ich so nicht von mir. Aber manchmal gehen die Nerven auch mit uns durch“, sagte Friedrich vieldeutig.
Der Bundestrainer ärgerte sich gleichzeitig darüber, dass die besprochenen Marschrouten nicht eingehalten wurden. Nach den schnellen Rennen im Teamsprint, wo Friedrich und Hinze gemeinsam mit Pauline Grabosch die Bronzemedaille gewonnen hatten, wollte van Eijden, dass beide ihre Keirin-Läufe möglichst weit von vorn bestreiten.
Genau das misslang Friedrich. „Lea fährt zu inkonsequent, wird überrollt und ist hinten. Dann wird es sauschnell. Sie hat nicht aufgepasst, das falsch eingeschätzt“, sagte van Eijden über die zweifache Keirin-Weltmeisterin. Ein ähnliches Verhalten brachte schließlich auch Hinze um die Medaille. „Ich warte eine Sekunde zu lange, alle fahren vorbei und das Rennen ist schon zu schnell“, so die missgelaunte 26-Jährige.
Insgesamt erweckten beide den Eindruck, dass sie den dritten Platz im Teamsprint doch nicht als den großen Erfolg empfanden, zu dem sie ihn machten und sich nun unter Druck fühlten. Schließlich hatten sie als Weltmeisterinnen der Vorjahre deutlich größere Erwartungen gehegt und wollten das Silber von Tokio 2021 vergolden. „Wir sind älter, reifer geworden. Wir wissen damit umzugehen“, so Friedrich.
Beide Frauen setzen ihre Hoffnungen nun auf den Sprint
Die Vorstellungen im Keirin werfen allerdings eher die Frage auf, wie es um die mentale Verfassung von Hinze und Friedrich bestellt ist. „Die Frische fehlt da nicht, sie haben auch richtig was drauf“, sagte der Bundestrainer zum körperlichen Zustand der Frauen, für die es schon am Freitag in der Qualifikation für den Sprint weitergeht. Auch dort gehören sie zu den Anwärterinnen auf Edelmetall. Friedrich stand bei den vorigen drei Weltmeisterschaften immer im Finale und wurde Zweite. Hinze war 2020 und 2021 Weltmeisterin.
Die Situation für die beiden ist am Donnerstag, an dem Tim Torn Teutenberg im Omnium beim abschließenden Punktefahren kurzzeitig auf Rang drei gelegen hatte und später Siebter geworden war, gewiss nicht leichter geworden.