Paris. Erstmals auf olympischer Bühne präsentiert sich Deutschland stark. Wie es dazu gekommen ist und was daraus erwächst.
Nein, von einer Gratulation wollte Satou Sabally nichts hören. Sie hatte genug Hände geschüttelt. Allen voran französische. „Hands on“ seien die Gegnerinnen der deutschen Basketball-Nationalmannschaft im Viertelfinale der Olympischen Spiele gewesen. Sie packten zu.
Sieben Ballverluste leistete sich Satou Sabally allein, das Team insgesamt 20. Zu wenig an Konzentration, um ins Halbfinale von Paris einzuziehen. Auch deshalb flossen nach der 71:84 (19:23, 14:22, 16:21, 22:18)-Niederlage die Tränen. Vor allem aber, weil es zu viel war, was die Mannschaft bis hier hin erreicht hatte. Nun endet es auf jähe Weise von heute auf morgen. Vorerst.
Olympia: Deutsche Basketballerinnen scheitern im Viertelfinale an Frankreich
„Ich bin stolz“, sagte Satou Sabally einmal. Zutreffend war es dreimal. Stolz auf ihre Mannschaft, die erst niemand bei Olympia und dann schon gar niemand im Viertelfinale erwartet hatte. Stolz auf die Entwicklung des deutschen Damen-Basketballs, der seine erste richtige Blütephase erlebt. Stolz auch auf sich selbst nach einem starken Turnier.
Was die deutschen Basketballerinnen geleistet haben, ist mehr als beachtlich. „Es geht weit über alles hinaus, was uns zugetraut worden ist“, sagte Aufbauspielerin Alexis Peterson, die kurz vor Olympia eingebürgert wurde. Über Jahrzehnte spielte Deutschland international keine Rolle. Der sechste Platz bei der EM 2023 kam überraschend, er erst öffnete die Tür zum Olympia-Qualifikationsturnier im Februar in Brasilien.
In Brasilien qualifizierte sich Deutschland für Olympia, Satou Sabally spielte mit kaputter Schulter
Die Geschichte aus Südamerika zu erzählen, geht nicht, ohne Satou Sabally erneut zu erwähnen. Die 26-Jährige ist schließlich die Autorin. Vor der entscheidenden Partie hatten sich die Gastgeberinnen entschieden, lieber im Taekwondo statt im Basketball nach Paris zu wollen. Sie bearbeiteten die Berlinerin derartig rüde, dass ihre rechte Schulter zum Fall fürs Ersatzteillager wurde.
Sabally? Warf fortan mit links weiter. Versuchen Sie gern einmal zu Hause, sich mit der schwachen Hand die Zähne zu putzen oder zu rasieren. Die 1,93-Meter-Lady putze damit die Brasilien weg und rasiert ihre Gegnerinnen nach wie vor auf diese Art. Im März hatte sie sich einer Schulter-OP unterzogen, bis zur Vorrunde in Lille kein Spiel mehr absolviert. Dann dominierte die Akteurin der Dallas Wings auf Anhieb, als sei nie etwas gewesen. Erst gegen Frankreich war ihr der Trainingsrückstand anzumerken. „Ich lasse das nicht als Ausrede gelten, aber ich habe Verständnis für mein Spiel“, sagte sie.
Die aktuelle Generation ist die talentierteste im deutschen Damenbasketball
Satou Sabally ist Teil der talentiertesten Generation des weiblichen Basketballs in Deutschland. Auch ihre Schwester Nyara spielt in der weltbesten Liga WNBA für die New York Liberty, Leonie Fiebich ebenso. Die US-Liga findet ausschließlich im Sommer statt, während der klassischen Saison sind die meisten Nationalspielerinnen in Europa und Asien aktiv. Die Saballys zuletzt in China und Prag, Fiebich in Saragossa.
Mit den Strukturen im Deutschen Basketball Bund hat diese Entwicklung wenig zu tun. Sicher, die Einführung einer U-18-Bundesliga stärkte die Talentförderung. In der Bundesliga gilt in puncto Ausländerbeschränkung bislang jedoch lediglich ein Gentlemen‘s agreement, an das sich mehrere Clubs nicht halten. Aus dem Olympia-Kader spielen nur Romy Bär (Halle) und Alexandra Wilke (Keltern) in Deutschland, die Topakteurinnen packten sich ihr Können überwiegend am College oder im Ausland auf.
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Unmittelbar wird sich daran nichts ändern. Ebenso wenig an den Ambitionen des Teams, wie Satou Sabally klarstellte: „Ich habe den anderen gesagt, wenn wir uns die Emotionen bewahren und beisammen bleiben, können wir noch viel mehr erreichen.“ Hand drauf.