Paris. Die Mixed-Staffel liefert bei den Olympischen Spielen ein grandioses Rennen ab und führt den deutschen Triathlon aus einer schweren Phase.
Als die ersten Takte der Hymne erklangen, hoben alle vier die rechte Hand und legten sie auf dem Herzen ab. Laura Lindemann, die gerade noch erschöpft ins Ziel gestürzt war, stand neben ihren Kollegen, begann zu weinen. Die Mitglieder der deutschen Triathlon-Mixed-Staffel hatten ein fantastisches Rennen abgeliefert in Paris, standen nun im goldenen Glanz der Statuen auf der Pont Alexandre III und trugen selbst das Gold der Sieger um den Hals.
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Hinter ihnen auf dem Podest dominierte der Eiffelturm den Blick, ein kleines Stück dieses Monuments können Lindemann, Lasse Lührs, Lisa Tertsch und Tim Hellwig jetzt mit nach Hause nehmen. Es ist eingearbeitet in die Medaille. „Ich weiß nicht wirklich, wie ich mich in diesem Moment fühlen soll“, sagte Tertsch (Darmstadt). Die beiden Frauen waren ebenso überwältigt wie die beiden Männer des Teams. „Es ist ein krasses Gefühl“, erzählte Lührs (Bonn) mit einem strahlenden Lächeln.
Triathlon-Ikone Frodeno ist begeistert von deutschem Team
Ganz unerwartet kam der Triumph der deutschen Staffel sicher nicht. „Wir wussten, dass wir eine große Chance haben, wir haben die letzten drei Jahre immer sehr gute Rennen gemacht“, erzählte Hellwig (Neustadt). Doch mit welcher Verve die vier ihr Programm am frühen Morgen abspulten, das faszinierte. Vom Start weg hielten sich zunächst Hellwig, dann Tertsch und Lührs in der Spitze, ehe Lindemann mit einem unglaublichen Finish den Sieg erlief vor den USA und Großbritannien.
Selbst der deutsche Triathlon-Star Jan Frodeno fand kaum Grenzen in seiner Begeisterung. „Das ist schon ganz großes Kino. Davon träumt man, sich hier unsterblich zu machen“, sagte der Olympiasieger von 2008. Vor ihm hatte Stephan Vuckovic 2000 Silber gewonnen, nun gab es die insgesamt dritte olympische Medaille für die Deutsche Triathlon Union, bei der man nach den Einzelrennen noch viel Enttäuschung verspürt hatte.
Das Triathlon-Team macht die Einzelrennen vergessen
Dort lagen die Athleten weit weg von der Spitze, Lindemann und Tertsch wurden durch Stürze um bessere Platzierungen gebracht. Doch sie alle hatten große Hoffnungen auf die Mixed-Staffel gesetzt, bei der 300 Meter geschwommen werden, sechs Kilometer auf dem Rad zu absolvieren sind und anschließend 1,8 Kilometer gelaufen werden. „Zu zeigen, was wir draufhaben, tut richtig gut“, sagte Lührs.
„Es war unglaublich hart, das Team hat so einen fantastischen Job gemacht. Ich bin sprachlos.“
Beim Schlussspurt von Lindemann schaute Tertsch allerdings lieber weg. „Ich war so nervös, ich konnte einfach nicht hinsehen“, erzählte die 25-Jährige, die ihrerseits mit einem beherzten Lauf die Führung kurz vor dem Wechsel an Lührs übernommen hatte. Allerdings setzte Tertsch auf die bekannte Stärke von Lindemann im Finish: „Ich war zuversichtlich, dass sie es schaffen könnte.“
An der ersten Position hielt sich Hellwig in der Führungsgruppe, während das Rennen schon eine entscheidende Wendung erfuhr. „Es sind immer so viele Variablen drin, es dürfen keine Fehler passieren. Man darf auch kein Pech haben, wir haben es gesehen bei den Franzosen“, so der 25-Jährige. Die Gastgeber gehörten neben den Briten zu den großen Favoriten, verloren aber durch einen Sturz auf dem ersten Abschnitt mit dem Rad alle Chancen.
Missgeschicke blieben dem deutschen Team diesmal erspart, einer nach dem anderen rief sein ganzes Potenzial ab und ließ sich auch von den schwierigen Bedingungen in der Seine, in der wieder geschwommen wurde, nicht beeinflussen. Nach den Einzeln hatten erneut alle Trainings in dem Fluss mit der miesen Wasserqualität ausfallen müssen. Belgien meldete seine Staffel aufgrund der Erkrankung einer Sportlerin nach dem Einzel sogar ab. „Das hat uns von vornherein nicht doll gestört“, sagte Lührs, der Lindemann mit einem winzigen Rückstand auf die Briten in den letzten Abschnitt schickte.
Lindemann entscheidet harten Dreikampf im Finish
Die gebürtige Berlinerin, die in Potsdam lebt, lieferte sich mit Beth Potter (Großbritannien) und Taylor Nibb (USA) einen grandiosen Kampf. Nibb egalisierte auf dem Rad zunächst schnell einen Rückstand von 15 Sekunden. „Ich hatte ein bisschen Angst, dass Taylor mich stehenlässt“, so Lindemann. Doch die 28-Jährige blieb dran und hatte im Sprint auf der Brücke Alexandre III die schließlich größten Reserven.
Sie schaffte es sogar, schon vor der Ziellinie ein erstes Lächeln aufzusetzen. „Es war unglaublich hart, das Team hat so einen fantastischen Job gemacht. Ich bin sprachlos. Ich denke, es braucht einige Zeit, um das zu begreifen, aber Olympiasieger, das ist Wahnsinn“, sagte Lindemann, die mit den Kollegen viel tat für ihre Sportart. „Wir hatten sehr schwere Jahre mit leistungssportlicher Bedeutungslosigkeit“, sagte Bundestrainer Thomas Moeller. Die sind nun vorerst beendet.