Paris. Die Medaillenbilanz in Paris ist mies. Gründe dafür gibt es viele, auch Medien und Zuschauer tragen ihren Anteil. Ein Kommentar.
Fangen wir mal mit dem Positiven an. Im Mannschaftssport ist Deutschland bei den Olympischen Spielen in Paris richtig gut dabei. Am Freitagabend beispielsweise „zerlegten“, wie einige Publikationen schrieben, die Basketballer Gastgeber Frankreich. Man muss diese Wortwahl nicht mögen, aber sie gehört inzwischen zum Geschäft. Darüber hinaus sieht es mau aus. Allen Medaillengewinnern gebührt zweifellos großer Respekt. Nicht übersehen werden dürfen die Sportler auf den Rängen vier bis acht, die mitunter Weltklasse-Leistungen vollbringen und Edelmetall nur um Zehntelsekunden und Prozentpunkte verpassen.
Das verwässert (ironischerweise haben die Schwimmer diesmal geliefert) jedoch nicht den Blick auf eine ansonsten enttäuschende Bilanz deutscher Athleten. Vergleichbare Länder wie Frankreich und Großbritannien spielen in einer anderen Liga, von den großen Sportnationen läuft es nur für Spanien ähnlich schlecht. Dabei gibt es wegen des Fehlens fast aller Russen ein Medaillenvakuum, in das andere vorgestoßen sind.
Deutsche Medaillenbilanz bei Olympia in Paris bislang unbefriedigend
Gründe dafür gibt es viele: die Sportförderung, vor allem die Finanzierung, auch Themen wie eine verloren gegangene Siegermentalität. Das unsägliche Abschaffen der Ergebnisse bei Bundesjugendspielen könnte sich zudem dahingehend als Fehler erweisen, dass wir zukünftig ziemlich häufig mit Niederlagen umzugehen haben.
Allerdings sind auch die TV-Anstalten in die Pflicht zu nehmen, denn durch ihre Ausgaben für Übertragungsrechte wird ja erst das ganze Geld ins Sportsystem gespült, das die Verbände benötigen. Während Olympia wird reichlich und hochwertig übertragen, darf das Publikum herausragende Persönlichkeiten wie Schwimm-Olympiasieger Lukas Märtens kennenlernen. Man ahnt, was ab Spätsommer wieder passieren wird: Der Goldmedaillengewinner verschwindet im Sportstudio hinter der fünften Drittligazusammenfassung – wenn er denn überhaupt 30 Sekunden Sendezeit erhält.
Zuschauer fordern Medaillen, aber interessieren sich für Abseitiges
TV-Präsenz ist aber keine Einbahnstraße. Die Zuschauer tragen eine Mitverantwortung, was die Sender zeigen. Wer Erfolge fordert, sollte auch dann schon Aufmerksamkeit für Sportarten jenseits des Fußballs aufbringen, wenn es noch gar nicht um Medaillen geht. Das würde Athleten ja auch schon helfen.
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Stattdessen geilt sich der 08/15-Fan an Kommentatoren und TV-Kritiken auf und daran, welcher Experte welchen Sportler in bester Trash-TV-Manier „zerlegt“.