Paris. Seine Saison hätte früh enden können, weil sein Körper völlig fertig war. Nun geht Lukas Märtens als der Gejagte an den Start.

Für die große Show auf der Seine hat er keine Zeit. Stundenlanges Herumstehen hilft einerseits den Muskeln nicht. Aber Lukas Märtens muss sich auch fokussieren, während die Spiele von Paris eröffnet werden. Seine Gedanken drehen sich dann schon um den nächsten Tag, an dem gleich alles von ihm verlangt wird. Ein langsames Einstimmen auf Olympia, das gibt es bei dem Schwimmer nicht. Seine Spiele starten rasant.

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Vielleicht sogar mit der ersten Medaille für das gesamte Team D. „Eigentlich ist das gar kein so schlechter Gedanke“, so der 22-Jährige. Das könnte gleich allen einen Schub geben, die große Jagd nach Edelmetall ankurbeln. Eine verlockende Konstellation für den Magdeburger, nicht etwa eine, die ihm zu gewaltig erscheint, die ihn gar unter Zugzwang setzen könnte.  

Vier Augenringe für Olympia

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    Welche Hoffnungen ihn begleiten, das spürt Märtens seit ein paar Monaten ganz intensiv. „Das finde ich nicht schlimm. Ich habe eine gute Richtung vorgegeben, man muss mit mir rechnen“, erzählt er. Ende April lieferte Märtens in Berlin über 400 Meter Freistil eine grandiose Zeit ab in 3:40,33 Minuten. Er blieb knapp über dem Weltrekord, nur Paul Biedermann und Ian Thorpe schwammen je schneller.

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    Eigentlich unglaublich angesichts des Saisonverlaufs. Seit vergangenem September ging es immer wieder auf und ab, Infekte bremsten ihn ständig aus. Mehrere Antibiotika-Behandlungen waren die Folge. „Mein Körper war völlig fertig“, so Märtens, der viele Fragezeichen vor sich sah bezüglich der Spiele. Doch starke Leistungen wie WM-Bronze im Februar zeigten das Potenzial.

    Viele Probleme begleiteten Märtens durch die Saison

    Die vergangenen Wochen liefen nun ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen. Was vielleicht auch damit zu tun hat, dass Märtens sich jetzt auf die mittleren Distanzen beschränkt und die langen Strecken weglässt. Er sprüht vor Ehrgeiz: „Mental fühle ich mich extrem bereit für die Aufgaben, die jetzt vor mir liegen.“ Den Druck, unbedingt liefern zu müssen, spürt er angesichts der Vorgeschichte dabei nicht.

    „Das ist keine One-Man-Show mehr. Wir sind wieder jemand, wir wollen da am besten Geschichte schreiben.“

    Lukas Märtens
    Olympia-Schwimmer

    Doch mittlerweile haben sich die großen Erwartungen im Becken mehr hin zu ihm verschoben. „Unser Team ist ein bisschen kleiner als in Tokio, aber aus meiner Sicht deutlich stärker. Das Leistungsniveau im DSV-Team hat sich sehr verdichtet“, sagt Bundestrainer Bernd Berkhahn. Märtens geht dabei mit den besten Vorleistungen an den Start als Weltjahresbester über die 400 Meter.

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    Doch mit Angelina Köhler, Weltmeisterin über 100 Meter Schmetterling, oder Sven Schwarz, WM-Vierter über 800 Meter Freistil, und natürlich Florian Wellbrock, den Vizeweltmeister über 1500 Meter Freistil, verfolgen auch andere große Ziele. „Mittlerweile ist es wirklich mehr zum Teamspirit geworden, auf die Medaillen zu schauen“, sagt Wellbrock, der vor drei Jahren in Japan Olympiabronze im Becken gewann. Ebenso wie seine Frau Sarah Köhler.

    Sie holten in Tokio erstmals seit 2008 wieder olympisches Edelmetall für die Beckenschwimmer, Wellbrock wurde mit vielen internationalen Titeln zum Star, der die Rückkehr der deutschen Athleten an die Weltspitze personifizierte. Nun aber hat sich das Bild gewandelt. „Das ist keine One-Man-Show mehr. Wir sind wieder jemand, wir wollen da am besten Geschichte schreiben“, sagt Lukas Märtens. Das Selbstbewusstsein ist groß. Mindestens ebenso die Zuversicht, die Zahl der Medaillen auf ein lange nicht gesehenes Maß anzuheben.