Frankfurt. Slowenien genießt einen Sportsommer mit lauter Höhepunkten. Nun forder das Team um Topstürmer Benjamin Sesko den Weltstar Cristiano Ronaldo heraus.

Es ist eine eingespielte Prozedur, dass im Vorprogramm einer EM-Partie die Anhänger beider Nationen nicht nur mit ihrem Lieblingssong unterhalten werden. Zwischendrin flimmert meist noch die Grußbotschaft eines prominenten Ex-Spielers über die Videowände. Bei Sloweniens Nationalmannschaft kam der Ansporn allerdings aus einem anderen Metier: Tadej Pogacar, bei der Tour de France am Wochenende just als Topfavorit gestartet, wünschte zum EM-Auftakt viel Glück, „veliko sreče!“ Mehr als 10.000 Fans aus Slowenien jubelten frenetisch.

Sie sind stolz auf ihren Ausnahmeradfahrer Pogacar oder ihren Ausnahmebasketballer Luka Doncic, der zwar in den NBA-Finals an den Boston Celtics scheiterte, aber mit Slowenien bei den Olympischen Spielen einiges vor hat. Insofern fügen sich die Fußballer Sloweniens mit ihrem Achtelfinale gegen Portugal in Frankfurt (Montag 21 Uhr/ARD und Magenta TV) in den Trend: Ein kleines Land mit zwei Millionen Einwohnern - für Nationaltrainer Matjaz Kek „klein wie ein Vorort“ – genießt einen Sommer mit lauter Träumen.

Slowenien: Benjamin Sesko ist der Hoffnungsträger

Das Weiterkommen nach Punkteteilungen gegen Dänemark (1:1), Serbien (1:1) und England (0:0) war ein Erfolg, den nicht mal Kek erwartet hatte. „Ich denke, dass die Menschen sich freuen können über solch großartige Spieler in einem so kleinen Land“, sagte der Coach nach der Gruppenphase. Einer seiner Hoffnungsträger ist Sturmtalent Benjamin Sesko, der nun im direkten Duell gegen Weltstar Cristiano Ronaldo antritt. Beide Torjäger gehen in das K.-o.-Duell im Waldstadion noch ohne eigenen Treffer.

Slowenische Star-Spieler: Benjamin Sesko und Jan Oblak.
Slowenische Star-Spieler: Benjamin Sesko und Jan Oblak. © AFP | JAVIER SORIANO

Doch kann das verwundern? Der Außenseiter musste sich zumeist aus einer sicheren Deckung eher aufs Kontern verlegen. Sesko war zwar wegen seiner auffällig blondierten Haare nicht zu übersehen, kam aber in drei EM-Spielen erst auf fünf Abschlüsse. Gleich im ersten Spiel gegen die Dänen hämmerte Sloweniens Nummer elf die Kugel an den Pfosten – da war viel Pech dabei. Gegen die Engländer blieb Sesko bei nur 19 Ballkontakten ziemlich blass – eine Aktion am Anfang, mehr war nicht.

Sein Assistenztrainer Milivoje Novakovic bittet einfach um Geduld: „Man darf nicht vergessen: Er ist noch sehr, sehr jung – 21. Er braucht sicher noch Spiele und Erfahrung, aber er ist mental schon so stark, dass er das gut ertragen kann“, sagte der ehemalige Bundesliga-Stürmer der „Süddeutschen Zeitung.“ Was er aber mit Bestimmtheit betone: „So einen Spieler sieht man nicht alle Tage.“

Kollektiver Ansatz ist Sloweniens Erfolgsrezept

Chefcoach Kek möchte nicht alle Verantwortung auf Startorhüter Jan Oblak von Atletico Madrid und den seit dieser Saison bei RB Leipzig spielenden Sesko abladen. „Wir sind glücklich darüber, ihn zu haben. Aber es gibt auch andere Spieler: Er ist nur ein Rädchen in unserem System.“ Tatsächlich kam sein Ensemble über den kollektiven Ansatz ins Achtelfinale.

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Auch gegen die favorisierten Portugiesen werden sich die Slowenen mit geringen Ballbesitzzeiten begnügen, dennoch sind sie kein Team, das ausschließlich verteidigt. Zudem haben sie bei ihrer zweiten EM-Teilnahme mal gar nichts mehr zu verlieren. Sesko hat in 31 Länderspielen schon elf Tore geschossen, fünf davon in der Qualifikation. Für die Endrunde weisen ihn die Statistiken mit einem herausragenden Topspeed von 35,9 km/h aus – Ronaldo kommt nur auf 32,7 km/h. Sesko hat zudem in Leipzig in seiner Premierensaison wettbewerbsübergreifend 18 Tore erzielt. Die Ausbildung über den Schwesterverein in Salzburg scheint sich auszuzahlen.

Sesko hat bei RB Leipzig seinen Vertrag verlängert

Den 1,95-Meter-Mann aus der Kleinstadt Radeče in der Nähe von Ljubljana sollen bereits mehrere Vereine aus der Premier League und der AC Mailand auf dem Zettel gehabt haben, ehe der Brauseklub kurz vor EM-Start den eigentlich bis 2028 laufenden Vertrag noch mal verlängert und das Gehalt deutlich angehoben hat. Zuvor lag seine Ausstiegsklausel angeblich bei 65 Millionen Euro, sein Marktwert wird bei 50 Millionen Euro veranschlagt. Sesko-Förderer Novakovic ist sich heute schon sicher, dass dieser Angreifer „sicherlich einmal 100 Millionen Euro kosten wird“. Das wären dann Cristiano-Ronaldo-Sphären.