Paris. Gegen den Niederländer Tallon Griekspoor kämpft sich der deutsche Tennis-Star Alexander Zverev bei den French Open nervenstark ins Spiel zurück.
Es gab Zeiten, da konnte Alexander Zverev senior ein Match von Alexander Zverev junior einfach nicht mehr auf dem Platz ertragen. Der 64-jährige Papa, einst selbst ein Weltklassespieler für die Sowjetunion, flüchtete dann gern schon mal vor den Eskapaden seines Sohnes, meist in den wildbewegten Jugend- und Juniorentagen. Auf der Tribüne muss Daddy Zverev, der ewige Coach und Wegbegleiter, auch jetzt noch immer stark leiden, aber es geht dabei nicht mehr um überschießende Temperamentsausbrüche, um zornige Tiraden und Provokationen des Sohnes, sondern um die Dramatik des Spiels selbst.
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Am Samstag erlebten Vater Zverev und der Rest des professionellen Zverev-Begleittrupps auf dem French Open-Centre Court, wie der Olympiasieger ein schon verloren geglaubtes Match noch gewann, weil er in kritischer Lage vor allem eins tat: Die Ruhe zu bewahren, die Emotionen zu kontrollieren, den Fokus auf notwendige taktische Anpassungen zu legen. Von einem 1:4-Rückstand im fünften Satz mit Doppelbreak holte sich der 27-jährige Hamburger nervenstark noch einen 3:6, 6:4, 6:2, 4:6, 7:6 (10:3)-Drittrundensieg mit Ausrufezeichen gegen den Niederländer Tallon Griekspoor - auch wegen der zutreffenden Selbsteinschätzung, die er später abgab: „Ich bin ein anderer Typ Spieler geworden.“ Er habe sich verändern müssen, gab Zverev zu Protokoll: „Ich wollte nicht mehr einer sein, den man sieht, wie er Schläger zerhackt.“ Oder sich mit Schiedsrichtern, Fans und irgendwie der ganzen Welt anlegt.
Zverev vollzieht Wandel und gelangt so zu Abgeklärtheit und Souveränität
Grand Slam-Turniere sind immer ein anspruchsvolles Abenteuer, in dem es auch und besonders darum geht, mit physischen und mentalen Kräften bei den Best of-Five-Partien hauszuhalten. Zverev musste das in seiner Karriere auf die harte Tour lernen, oft verschliß er sich früher in zu aufreibenden Auftaktmatches oder verlor später den Kopf in herausfordernden Duellen. Von Abgeklärtheit und Souveränität war da wenig zu sehen. Spiele mit einem Drehbuch wie gegen Griekspoor hätten vor einiger Zeit noch sehr wahrscheinlich zu einem Desaster für Zverev geführt, zu einem weinerlichen, destruktiven Abschied von der großen Pariser Grand Slam-Bühne.
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„Ich denke, dass man mit dem Alter und der Erfahrung auch eine andere Reife bekommt“, sagte Zverev jetzt nach dem kämpferischen Schlussspurt, bei dem er seine Comeback-Qualitäten im Kleinen wie Großen zeigte – eben auch zwei Jahre nach seiner Sturzverletzung im Sand von Paris. Sein bestes Tennis in der mehr als vierstündigen Achterbahnfahrt präsentierte der deutsche Titel-Mitfavorit zuguterletzt im Match-Tiebreak, den er mit 10:3 gegen den entnervten Griekspoor dominierte.
Nächster Gegner für Zverev ist der Däne Holger Rune
Ein schillernder Rivale steht Zverev in der Runde der letzten 16 am Montag gegenüber, der 21-jährige Däne Holger Rune – ein Mann, der in seinem großen Talent, aber auch seiner großen Unausgeglichenheit an den jungen Zverev erinnert. Bekannt und berüchtigt ist der Skandinavier auch fürs Heuern und Feuern seiner Coaches, in den letzten Monaten trennte er sich vom Franzosen Patrick Mouratoglou, verpflichtete Boris Becker, nur um dann nach wenig gedeihlichem Zusammenwirken wieder Mouratoglou ins Team zurückzuholen. Das einzige bisherige Duell gegen Zverev gewann Rune 2022 auf dem Weg zu seinem ersten ATP-Titel in München. „Es wird sehr spannend gegen Sascha. Ich freue mich auf diesen Kampf“, so Rune.
Zverev weiter, Jan-Lennard Struff scheidet aus
Zverev ist nun im Achtelfinale als Alleinunterhalter unterm Eiffelturm unterwegs, da sich Landsmann Jan-Lennard Struff aus den Roland Garros-Regenspielen verabschieden musste. Bis zu einer rund vierstündigen, wetterbedingten Pause beherrschte der 34-jährige Sauerländer am Samstag das Geschehen gegen den Australier Alex de Minaur, danach aber lief für Struff bis zum 6:4, 4:6, 3:6, 3:6-Fehlschlag nicht mehr viel zusammen. Kurz nach drei Uhr morgens am Sonntag überstand derweil Frontmann Novak Djokovic ein Fünf-Satz-Drama gegen den Italiener Lorenzo Musetti, bei dem er nach 1:2-Satzdefizit noch mit 7:5, 6:7, 2:6, 6:3 und 6:0 als Sieger über die Ziellinie ging.