Leipzig. Der BVB verliert gegen RB Leipzig das Spiel um Platz vier und zeigt erneut, was ihm im Vergleich zur Bundesligaspitze fehlt. Ein Kommentar
Wer einmal beim Laientheater mitgewirkt hat, kennt diese Weisheit: Wenn die Generalprobe so richtig schiefgeht, dann läuft es umso besser, wenn es ernst wird. Das könnte bei einigem Wohlwollen der eine positive Aspekt sein, den Borussia Dortmund von der Auswärtspartie bei RB Leipzig mitnimmt. Das 1:4 beim direkten Rivalen um Platz vier hatte Züge eines Debakels, zumal die Niederlage angesichts des Chancenverhältnisses auch höher hätte ausfallen können. Individuelle Qualität, mannschaftstaktisches Verhalten, Zweikampfführung, Einsatz – in allen Dimensionen des Fußballspiels war der BVB den Leipzigern klar unterlegen.
Dazu musste Mats Hummels mit Muskelproblemen ausgewechselt werden – alles in allem also ein ziemlich verheerender Samstagnachmittag für die Dortmunder, die doch am Mittwoch im Champions-League-Halbfinale gegen Paris Saint-Germain gefordert sind. Das ist ja das Absurde an dieser Saison: Während die BVB-Profis in dieser Saison der Spitze weit hinterherhecheln, haben sie gleichzeitig die Chance, ins Champions-League-Finale einzuziehen. Ja, vermutlich war die Partie gegen Paris schon im Hinterkopf, vermutlich war die allerletzte Anspannung bei den Dortmundern nicht da, weil ja fast sicher ist, dass auch Rang fünf für die Champions League reichen wird. Aber das allein reicht nicht als Erklärung für diesen eklatanten Aussetzer in Leipzig.
Der BVB mit schwacher Bilanz gegen die Spitzenmannschaften
Denn die Niederlage passt in ein bekanntes Muster: In den acht Spielen gegen die Spitzenmannschaften Bayer Leverkusen, Bayern München, VfB Stuttgart und eben die Leipziger hat der BVB nur fünf Punkte geholt, dabei acht Tore geschossen und 16 kassiert. Die Mannschaft zeigt immer wieder mal, dass sie zwar punktuell zu brillanten Leistungen in der Lage ist – siehe Champions League. Sie zeigt aber auch viel zu oft, dass sie nicht in der Lage ist, dies konstant auf den Platz zu bringen.
Daher darf die gute Champions-League-Saison nicht den Blick verstellen auf die Probleme, die zweifelsfrei da sind: Dem Dortmunder Kader fehlt es im Vergleich zu den anderen Spitzenmannschaften an Qualität in der Breite. Gegen Leipzig fielen Stammkräfte wie Emre Can, Marcel Sabitzer und Ian Maatsen aus, die Vertreter Salih Özcan, Felix Nmecha und Marius Wolf waren auf bedauernswerte Weise überfordert. Zu oft fehlt dem BVB zudem die klare gemeinsame Idee, das konzertierte Angreifen, das gemeinsame Verteidigen, das blinde Wissen, wie sich der Mitspieler in welcher Situation verhält. Der neue Sportgeschäftsführer Lars Ricken wird im Sommer einiges zu tun haben und viele kluge Entscheidungen treffen müssen, um den Rückstand auf die Konkurrenz wieder zu verringern.