Essen. Ein Punktverlust in Bochum würde Bayern-Trainer Thomas Tuchel unter Druck setzen. Dabei hat die Krise viele Gesichter. Ein Kommentar
Eins muss man dem FC Bayern lassen: In der Bundesligatabelle mag er die Vorherrschaft abgegeben haben, in Sachen Unterhaltung aber bleibt er verlässlicher Marktführer: Trainer Thomas Tuchel diskutiert mit seinen Vorgesetzten öffentlich die Qualität der Sommertransfers, Tuchel liefert sich zudem eine Privatfehde mit diversen TV-Experten und nun soll sich der Trainer gleich auch noch mit seiner gesamten Mannschaft angelegt haben. Zumindest kolportiert der TV-Sender Sky ein Zitat, das so im Mannschaftsbus gefallen sein soll: „Ihr seid nicht so gut, wie ich annahm, dann muss ich mich eurem Niveau eben anpassen.“
Ein Satz, der so natürlich nicht fallen darf, keine Mannschaft wird jemals dadurch besser, dass der Trainer die Spieler schlechtredet. Aber auch ein Satz, der deswegen noch lange nicht falsch ist. Klar, die Bayern unterhalten nach wie vor den teuersten Kader der Bundesliga und sind auch in Europa in dieser Hinsicht weit vorne. Aber haben sie deswegen auch den besten Kader? Zweifel dürfen erlaubt sein, zumal ja auch Julian Nagelsmann sich schon mit ähnlichen Problemen wie Thomas Tuchel herumschlug und damit ein weiterer fachlich über die meisten Zweifel erhabener Trainer.
Der FC Bayern verpulverte für die Abwehr viel Geld
Was, wenn diese Spielergeneration wirklich nicht so gut ist, wie sie meist gemacht wird? Wenn der Champions-League-Sieg 2020 auch eine Laune der Natur und der besonderen Corona-Umstände war? Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Serge Gnabry, Leroy Sané – diese Profis bilden nicht nur das Gerüst des FC Bayern, sondern auch der Nationalmannschaft, wo sie mehrere enttäuschende Turniere mitverantworten. Gerade in der Bayern-Abwehr zeigt sich, dass viel Geld nicht immer höchste Qualität garantiert: 160 Millionen verpulverten die Bayern für die vier Innenverteidiger Lucas Hernandez, Dayot Upamecano, Matthijs de Ligt und Min-jae Kim.
Der erste ist längst mit großem Verlust weiterverkauft, unter den drei übrigen hat sich noch kein Pärchen gefunden, das auf höchstem Niveau eine stabile Hintermannschaft bilden kann. Klar, Thomas Tuchel hat Fehler gemacht, wie vor ihm auch Julian Nagelsmann: Klar, der Druck auf den Trainer wird gewaltig wachsen, sollte am Sonntag beim VfL Bochum kein Sieg herausspringen. Klar ist aber auch: Mit einem Trainerwechsel allein wären die Münchener Probleme nicht bewältigt.