Köln. Die deutschen Handballer haben die Chance aufs Halbfinale mit einem starken 35:28-Sieg gegen Ungarn bewahrt. Nun geht es gegen Kroatien.
Jubel, Applaus, kollektive Erleichterung. Die deutschen Handballer trafen sich am Montagabend noch einmal vor dem eigenen Tor, nahmen sich in den Arm und vollführten ein kleines Jubeltänzchen. 35:28 (18:17) hatten sie gegen Ungarn gewonnen und damit die Chance auf das Erreichen des Halbfinals bei der Heim-EM gewahrt.
Dieser Erfolg im dritten Hauptrundenspiel war enorm wichtig. Nicht nur für das mögliche Voranschreiten in die finale Turnierphase. Nein, vor allem war es ein Sieg fürs Selbstvertrauen. Nach dem Fehler-Festival gegen Österreich und dem daraus resultierenden 22:22-Remis musste ein anderer Auftritt folgen, dessen war sich das Team von Bundestrainer Alfred Gislason bewusst. Das Spiel gegen die Ungarn fand sowohl auf dem Boden der Kölner Arena als auch in den Köpfen statt. Der Druck vor 19.750 Zuschauern war riesig. Mentale Stärke war gefragt.
Handball-EM 2024: Schützenhilfe der Franzosen
Zumal die Franzosen zuvor schon Schützenhilfe geleistet hatten. Mit 33:28 besiegten sie die bis dato noch ungeschlagenen Österreicher und qualifizierten sich damit nach Weltmeister Dänemark und Titelverteidiger Schweden frühzeitig für das Halbfinale. Für das deutsche Team war damit schon einmal eine Voraussetzung zum Weiterkommen erfüllt. Nun muss am Mittwoch noch ein Sieg gegen Kroatien her (20.30 Uhr/ARD und Dyn). Der Traum lebt!
Klar war am Montagabend, dass das deutsche Team sich insbesondere im Angriff steigern musste. Die Abwehr hatte zuvor meist solide gestanden, Andreas Wolff war zuletzt wahrlich die von seinen Teamkameraden immer wieder gelobte „Lebensversicherung“. Das Publikum hatte den Glauben ans Weiterkommen auch noch nicht verloren. Jubelnd wurden die deutschen Spieler begrüßt, lautstark wurde die Hymne mitgesungen.
Der erste Treffer fiel dann auch für die Deutschen Kai Häfner zog beherzt aus der Distanz ab, es war das richtige Signal im ersten Angriff. Ungarn aber antwortete. Immer und immer wieder. Die Szenerie erinnerte an das Rennen zwischen Hase und Igel: Erst führte Ungarn immerfort mit einem Treffer, Julian Köster (am Ende mit acht Toren bester Werfer), Rune Dahmke und Häfner konnten nur ausgleichen. Dann, ab der 20. Minute, ging es andersherum: Nun legten Juri Knorr, Sebastian Heymann und Jannik Kohlbacher vor, die Ungarn aber blieben dran.
Handball-EM 2024: Knorr wird kritisiert
Vor allem Spielmacher Juri Knorr hatte in den jüngsten Tagen viel Gegenwind bekommen, nach seiner durchwachsenen Leistung im ersten Hauptrundenspiel gegen Island hatten die Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar, Pascal Hens und Michael Kraus die Leistung des Regisseurs bemängelt. Zu Statisch sei er, er müsse mehr aus der Bewegung kommen. Der 23-jährige Knorr ist Deutschlands bester Torschütze, er gehört gar zu den besten Torjägern des Turniers. Am Montagabend steuerte er vier Treffer bei. „Wir sollten zusammenstehen und kämpfen bis zum Schluss“, hatte der Spielmacher des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen nach dem Österreich-Spiel gefordert – und zwei Tage später Taten folgen lassen. Zunächst trat er nicht als Torschütze in Erscheinung, sondern konzentrierte sich vermehrt auf den Spielaufbau.
Einen schlechten Start erwischte dagegen Andreas Wolff. Nach zehn Minuten hatte er keinen der sieben Würfe auf sein Tor pariert, vier Minuten darauf kam David Späth. Als der in der 21. Minute einen Wurf von Gabor Ancsin hielt, feierte das Publikum. Doch insgesamt war das noch zu wenig. Hinten schlossen die Ungarn immer wieder erfolgreich ab. Und vorne gab es wieder zu viele Anspielfehler und Fehlwürfe.
Handball-EM 2024: Keine Ausrede
Schon die jüngere Vergangenheit hatte gezeigt: An guten Tagen kann dem deutschen Team alles gelingen. An schlechten wie gegen Österreich kann aber auch alles schiefgehen. Diesmal gelang in der zweiten Halbzeit gegen Ungarn wieder mehr. Trotz Erkältungen diverser Spieler (Rechtsaußen Timo Kastening wurde durch Nachrücker Lukas Zerbe ersetzt), trotz der Tatsache, dass vor allem Wolff und Golla verdammt viele EM-Minuten in den Knochen hatten. Alfred Gislason aber wollte die Fitness schon gegen Österreich nicht als Ausrede gelten lassen. Und seine Spieler auch nicht.
Knorr legte nach der Halbzeitpause wieder als Torjäger los, traf direkt zweimal. 20:17, erstmals hatte der Gastgeber ein kleines Polster und baute dies sukzessive aus. In der 39. Minute traf Christoph Steinert zum 28:22, Andreas Wolff bekam wieder Bälle zu fassen – und auf den Rängen wurden die Deutschland-Schals und Klatschpappen wieder hervorgeholt. Am Mittwoch gegen Kroatien werden sie wieder gebraucht.