Köln. Sportlich lief beim 1. FC Köln in den vergangenen Monaten viel falsch. Trainer Timo Schultz hält mit Zuversicht dagegen.
Am liebsten beschäftigt sich Edin Terzic mit seinem Verein. „Genug eigene Themen“ habe es bei Borussia Dortmund in den vergangenen Wochen und Monaten schließlich gegeben. Um intensiv über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen, blieb keine Zeit. Aber natürlich „habe auch ich mitbekommen, was beim 1. FC Köln los war. Erstens, weil es unserer kommender Gegner ist, und zweitens, weil der Verein hier aus der Nähe ist“, gestand der BVB-Trainer.
Knapp 100 Kilometer müssen die Dortmunder an diesem Samstag zurücklegen, um zum Auswärtsspiel in Köln-Müngersdorf (15.30 Uhr/Sky) anzutreten. Es ist die drittkürzeste Dienstreise in dieser Bundesliga-Saison. Wie es derzeit um den Traditionsklub vom Rhein steht, haben jedoch auch Menschen genau zur Kenntnis genommen, die ganz im Norden, Osten oder Süden der Bundesrepublik leben.
1. FC Köln ist immer noch eine große Nummer
Im deutschen Fußball ist Köln ja noch immer eine große Nummer. Ein Traditionsverein, den die Bundesliga dringend für ihre Attraktivität benötigt. Nur bei Bayern München und dem BVB sind mehr Mitglieder registriert als beim FC. Fast 50.000 Fans besuchen die Heimspiele im Schnitt. In der ewigen Bundesliga-Tabelle belegt Köln Platz neun. 1962 gewann der 1. FC Köln seine erste von drei Deutschen Meisterschaften. Als der Verein 1986 Real Madrid im Uefa-Cup-Finale (1:5, 2:0) begegnete, war BVB-Trainer Terzic gerade mal drei Jahre alt.
Nun aber droht dem FC ein Absturz, wie ihn viele Klubs dieser Gattung erlebt haben: Schalke 04, der Hamburger SV, der 1. FC Kaiserslautern. Eine brisante Gemengelage hat sich entwickelt. Es ist kurz vor Endzeitstimmung.
Einer hält mit Zuversicht dagegen. „Wir sind ganz weit davon entfernt, die Flinte ins Korn zu werfen“, sagt Timo Schultz. Und im Hinblick auf das Dortmund-Spiel kündigte der neue Trainer gleich mal an: „Wir wollen gewinnen, und so werden wir auch spielen.“
Der 46-Jährige ist seit wenigen Tagen im Job und hat sich eine fast unlösbare Aufgabe zugemutet, die für den Ostfriesen freilich auch eine Chance ist, die ihm Türen öffnen kann. Das 1:1 gegen Heidenheim zum Jahresbeginn jedoch war eine erste Ernüchterung.
BVB-Gegner 1. FC Köln befindet sich in der sportlichen Krise
Elf Punkte hat die Mannschaft in der Hinrunde gesammelt, sie steht auf dem vorletzten Tabellenplatz. Die bisher schwächste Offensive der Liga wird noch viele Wochen auf ihre beiden vermeintlich stärksten Spieler Davie Selke (28) und Luca Waldschmidt (27) verzichten müssen, die verletzt fehlen.
In Person von Steffen Baumgart (52), der sich mit Schiebermütze und bei Minusgraden im T-Shirt an der Seitenlinie in die Herzen der Kölner Fans gebrüllt hat, hat Schultz zudem einen Vorgänger, den viele aus dem Umfeld des Klubs noch immer gerne als Coach sehen würden. Schultz, der auf St. Pauli einen ordentlichen Job machte, der jedoch bei seiner letzten Station, dem Schweizer Top-Klub FC Basel, große Schwierigkeiten hatte, sehen die Fans skeptisch. Sie glauben allerdings auch, dass der Ursprung der Probleme ihres Vereins eine Stufe darüber anzusiedeln ist.
Gemeint sind vor allem Kaderplaner Thomas Kessler (37) und Geschäftsführer Christian Keller (47), die es verpasst haben, im Sommer die Abgänge von Jonas Hector (33, Karriereende) und Ellyes Skhiri (28, Eintracht Frankfurt) adäquat zu ersetzen. Chancen, ihre Fehlentscheidungen ausmerzen, werden sie nicht haben. Der Internationale Sportgerichtshof Cas hat ja vor Kurzem die vom Weltverband Fifa auferlegte Transfersperre bestätigt. Die Kölner konnten nicht entkräften, dass sie den slowenischen Jugendspieler Jaka Cuber Potocnik (18) zu einem Vertragsbruch mit dessen Klub Olimpija Ljubljana angestiftet hätten.
BVB-Gegner 1. FC Köln ist mit Transfersperre belegt
Als Folge dessen darf Köln im laufenden Winter-Transferfenster sowie im kommenden Sommer keine neuen Profis registrieren, nur Leihspieler zurückholen. Der Verein, ohnehin nicht mit Geld gesegnet, ist gezwungen, auf die eigenen Jugend zu setzen. Leistungsträger wie Jeff Chabot (25) werden andere Optionen haben – gerade im Abstiegsfall.
Dazu aber soll es aber erst gar nicht kommen. „Wir wissen, dass wir eine Herausforderung vor uns haben, die wirklich groß ist“, sagt Kessler, aber: „Wir haben noch die komplette Rückrunde.“ Auch der Kölner Führungsebene jedoch wird bewusst sein, dass sich die Enttäuschung der Fans bei weiteren Rückschlägen vor allem gegen sie richten wird – trotz einer konstruktiven Aussprache beim Mitgliederstammtisch vergangene Woche.
Andererseits: Zum Charakter der Traditionsvereine gehört, dass Himmel und Hölle hauchzart beinanderliegen – das gilt insbesondere für Köln. Ein Überraschungsresultat gegen den BVB könnte schnell wieder für Euphorie sorgen.